Aggressiv und fordernd: Achtlose Eltern sind ein großes Problem in OWL-Freibädern

Minden/Bielefeld/Herford. Dreimal musste Jennifer Meyer in ihrer Laufbahn als Schwimmmeisterin bereits Kinder wiederbeleben – auch weil die Eltern nicht aufgepasst hatten. Entsprechend sind die Regeln im Mindener Melittabad: Handys sind am Becken verboten, damit Mütter und Väter die Augen auf ihrem Kind und nicht auf dem Display haben. Ein Problem, das Schwimmmeisterinnen und Schwimmmeister in ganz OWL kennen. &bdquo;Das ist ein leidiges Thema, das von Jahr zu Jahr schlimmer wird", sagt Markus Diering, Betriebsleiter für Freizeiteinrichtungen in Herford. &bdquo;Die Eltern haben die Erwartungshaltung: Da ist ja Personal, das auf mein Kind aufpasst. Und kümmern sich nicht mehr." Eine Annahme, die grundfalsch ist. &bdquo;Die Eltern haben die primäre Aufsichtspflicht. Unsere Mitarbeiter sind da für den Rettungsfall, das ist keine Kinderbetreuung." Lesen Sie auch: Bielefeld gehört zu den besten Freibad-Städten Auch bei den Bielefelder Bädern hat Louis Schröter, Betriebsleiter des Wiesenbads, schon oft die Erfahrung gemacht, dass Kleinkinder völlig unbetreut und ungesichert an den großen Wasserbecken entlang flitzen. &bdquo;Wir suchen dann sofort die Eltern und sprechen mit ihnen, machen klar, dass das so nicht geht. Wir erleben aber immer öfter, dass auch andere Familien regulierend mit eingreifen und darauf hinweisen, wie wichtig es ist Kinder im Bad im Auge zu behalten." Bielefelder Badleiter machen von Hausrecht Gebrauch Oft hört das Personal den gleichen Satz: Aber das machen Sie doch, wir haben doch bezahlt. &bdquo;Das ist hier kein All-in-Paket", stellt Schröter deshalb noch mal klar. Wenn es gar keine Einsicht gibt und die Gefährdung des Kindes in den Augen der Mitarbeiter zu groß wird, verweisen sie Familien auch des Bades. &bdquo;Wenn eine zweite Ansprache nötig ist, machen wir von unserem Hausrecht Gebrauch." Auch mit anderen klaren Regeln versuchen die Mitarbeiter der Bäder, die Sicherheit von Kindern zu gewährleisten. Im Freibad Schröttinghausen in Bielefeld dürfen Nichtschwimmer-Kinder zum Beispiel nur noch ins Wasser, wenn ihre Eltern mit im Becken sind. In den tiefen Bereich dürfen sie gar nicht. &bdquo;Außerdem würde ich mir ein generelles Handy-Verbot wünschen", sagt Louis Schröter. Lesen Sie auch: Wo es in OWL Freibäder gibt und wann sie geöffnet haben Im Mindener Melittabad gibt es dieses Verbot: kein Handy am Beckenrand. Um zu verhindern, dass Eltern am Smartphone daddeln, aber auch, weil das Fotografieren überhandnahm. &bdquo;Und das geht nicht", sagt Badleiterin Jennifer Meyer. &bdquo;Eltern haben die Verantwortung für ihre Kinder. Zum einen sind wir hier kein Kindergarten, zum anderen können wir das schlicht nicht leisten. An vollen Tagen kämen hier auf einen Mitarbeiter 120 Kinder, wir müssen sechs Becken im Auge haben." Betreuung von Kindern nicht Aufgabe der Bademeister Grundsätzlich gehört das Beaufsichtigen von Kindern aber auch schlicht nicht zu den Kernaufgaben von Schwimmmeistern, weiß Frank Achtzehn von der Deutschen Gesellschaft für Bäderwesen. &bdquo;Wir sind dafür da, um die Sicherheit und Ordnung im Bad herzustellen. Ein Teil davon sind die Gästebetreuung und das Beaufsichtigen von Nichtschwimmern. Was wir definitiv nicht leisten, ist die Einzelbetreuung von Kindern." Doch nicht nur das Personal in den Bädern ist der falsche Ansprechpartner, wenn es um das Beaufsichtigen von Kleinkindern geht, sondern auch ältere Kinder. &bdquo;Wir erleben zum Beispiel in unserem Ishara immer wieder, dass Eltern Kinder am Eingang absetzen und wegfahren", berichtet Schröter. &bdquo;Und die Kinder sind dann vier und neun Jahre alt und sollen allein ins Bad." Mit viel Zeitaufwand und Mühe müssen die Mitarbeiter des Ishara dann einen Kontakt herstellen und die Kinder wieder abholen lassen. &bdquo;Diese Aufgabe kann man nicht auf so junge Kinder abwälzen." Das könnte Sie auch interessieren: Leiser Tod: Wie Ertrinken wirklich aussieht – und wie Sie helfen können In vielen Fällen, merken die Experten immer wieder, sind es schlicht Unwissenheit und Naivität, die hinter der Sorglosigkeit stehen. &bdquo;Viele Eltern machen sich nicht klar, wie schnell und wie unmerklich das Ertrinken vonstattengeht", sagt Markus Diering aus Herford. Andere verlassen sich auf Schwimmflügel oder Rettungswesten und wiegen sich damit in falscher Sicherheit, weiß Schröter. &bdquo;Ein Kind, das mit einer Rettungsweste bäuchlings im Wasser schwimmt, kann auch ertrinken." Seepferdchen-Kinder keine sicheren Schwimmer Ein großes Thema sind auch die Seepferdchen-Kinder. &bdquo;Nach den Abzeichen gucken wir schon gar nicht mehr", sagt Jennifer Meyer. &bdquo;Zum einen sagt es nichts darüber aus, ob ein Kind sicher schwimmen kann. Zum anderen haben die Kleinen oft die Badesachen von älteren Geschwistern an, zu denen das Abzeichen gehört." Grundsätzlich sei auch für Eltern wichtig zu wissen: Als sichere Schwimmer gelten Kinder erst, wenn sie das Bronze-Abzeichen gemacht haben. Immer wieder erklären die Mitarbeiter der OWL-Bäder Eltern das. Oft stoßen sie auf offene Ohren, in vielen Fällen aber auch auf Ablehnung und Aggression. &bdquo;Wir kriegen hier häufig zu hören, dass wir uns in die Erziehung einmischen und uns das nichts angeht", schildert Markus Diering aus Herford die Erfahrungen der Mitarbeiter. Und auch Jennifer Meyer erlebt in Minden viel Angriffslust. Einer ihrer Kollegen musste unlängst ein Kind aus dem Becken retten. Als die Mutter völlig uneinsichtig war und es weiterhin unbeaufsichtigt umherlaufen ließ, erteilte er ihr ein Hausverbot. &bdquo;Sie rächte sich mit einer Google-Bewertung des Bades, in der sie die Geschehnisse völlig falsch darstellte. So etwas ist schlimm für uns. Denn wir wollen den Leuten schließlich nichts Böses. Wir wollen ihre Kinder retten."

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