Warum sich NRW-Innenminister Reul aktuell so oft über die AfD ärgert

Düsseldorf. Herbert Reul ist mit seinen 71 Jahren ein alter Hase in der Politik. Er gilt als einer der populärsten Politiker im Land, der zumindest öffentlich selten die Fassung verliert. Im Landtag aber muss der NRW-Innenminister aktuell immer häufiger an sich halten. Das hat einen bestimmten Grund. Es ist Mittwochnachmittag, Anfang Juli, als Reul die Stimme erhebt. &bdquo;Herr Tritschler, seien Sie ganz vorsichtig, was Sie jetzt hier reinrufen. Ganz behutsam. Ich bin diesmal extrem gut vorbereitet gewesen“, donnert Reul dem AfD-Landtagsabgeordneten Sven Tritschler entgegen und fuchtelt mit den Händen. Tritschler hatte Reul in seiner Rede kurz zuvor mächtig auf die Palme gebracht. Der AfD-Mann hatte den wenige Tage zurückliegenden Bundesparteitag seiner Partei in Essen zum Anlass genommen, um der Polizei &bdquo;Führungs- und Kommunikationsversagen“ vorzuwerfen. In anderen Bundesländern erlebe man, wie die Polizei einen Parteitag erfolgreich schützen könne. &bdquo;Aber Ihre Führung bekommt das nicht hin; offensichtlich will sie es nicht hinbekommen“, warf Tritschler Reul vor. Das grenze an &bdquo;Arbeitsverweigerung“ – und sei kein Zufall, sondern &bdquo;politisch gewollt“, so der Vorwurf des AfD-Politikers. Tritschler berichtete, dass sich AfD-Parteitagsteilnehmer selbst einen Weg in die Halle in Essen suchen mussten. &bdquo;Mit Pech trafen sie auf gewaltbereite Linksradikale.“ Das sei zuallererst die Verantwortung von Innenminister Reul. &bdquo;Wenn die Täter offenbar die Richtigen sind und die Opfer die Falschen, dann dürfen auch ein paar Polizisten in die Schusslinie geraten“, sagte Tritschler. Lesen Sie auch: Aufgedeckt: AfD-Wahlkämpfer aus OWL in &bdquo;Reichsbürger“-Gruppe aktiv Die Vorgänge rund um den Parteitag in Essen hätten generell mal wieder nicht dafür gesprochen, so Tritschler, &bdquo;dass wir in Deutschland noch in einer vollwertigen Demokratie zu Hause sind, im Besonderen nicht in NRW“. Reul wirft der AfD vor, eine Legende des Staatsversagens aufzubauen Reul zeigte sich in seiner Rede fassungslos und wütend zugleich. &bdquo;Sie reden von Rechtsbeugung; dass wir keine vollwertige Demokratie haben. Wissen Sie eigentlich, was Sie da gesagt haben, gerade?“, fragte er Tritschler. Er werde &bdquo;echt sauer“, wenn hier &bdquo;Verleumdungen, Verunglimpfungen oder schräge Geschichten erzählt werden“, meinte Reul. Das Narrativ vom Staatsversagen sei &bdquo;ein Skandal“, fügte der Innenminister an. &bdquo;Und eigentlich müssten Sie das zurücknehmen. Der Staat hat funktioniert an diesem Wochenende in Essen.“ Die Polizisten hätten den Parteitag in Essen &bdquo;beispiellos“ gut geschützt. Mit 4.000 seien so viele Beamtinnen und Beamten im Einsatz gewesen wie noch nie. In Richtung des AfD-Abgeordneten sagte Reul: &bdquo;Diese Rede zu missbrauchen, um Ihre Legende vom Staatsversagen zu errichten – das ist ganz schön unfair, unsauber, eigentlich eine Riesen-Schweinerei.“ Reul berichtete, dass die Polizei an dem Wochenende Ende Juni in Essen, bei dem Zehntausende Demonstrierende vor Ort waren, 143 Strafanzeigen gestellt hat, 39 Anzeigen gegen Verdachts auf Widerstand sowie 41 Anzeigen wegen Verdachts des tätlichen Angriffs. Bei Ausschreitungen waren 28 Polizisten verletzt worden. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von CDU-Landtagsfraktion NRW (@cdu_fraktion_nrw) Reul warf der AfD während seiner Rede im Landtag vor, sich als Fürsprecher und Freund der Beamten in Szene setzen zu wollen. &bdquo;Machen Sie doch hier nicht die Show, Sie sind die Fans der Polizisten und auf der anderen Seite hauen Sie denen einen rüber. Das ist doch übelst.“ Was hier passiere, sei &bdquo;brandgefährlich“. Reul: &bdquo;Weil hier die Geschichte erzählt wird: Leute, glaubt doch bitte, dass der Staat nicht funktioniert. Und das ist falsch. Sie sind ja fast bei Herrn Höcke“, warf Reul AfD-Mann Tritschler vor. Reul nennt NRW-Polizei eine sensationell gute Truppe Bereits im April hatte Reul im Landtag eine emotionale Rede gehalten und SPD-Fraktionschef Jochen Ott vorgeworfen, eine &bdquo;rote Linie“ überschritten zu haben. Ott hatte Reul mit Blick auf die Kriminalitätsstatistik und die Rolle nicht-deutscher Tatverdächtiger attestiert, ein &bdquo;hochemotionales Thema“ zu &bdquo;pushen“, um sich dann in &bdquo;Ratlosigkeit“ zu üben. &bdquo;Einen größeren Gefallen hätten Sie den Feinden der Demokratie nicht machen können“, warf Ott Reul damals vor. Der hatte die Aussage daraufhin vehement zurückgewiesen. Seit einigen Monaten aber bezieht sich Reul in seinen Plenarreden wiederholt vor allem direkt auf Aussagen der AfD. Er wisse selber, dass er sich &bdquo;viel zu sehr“ aufrege, meinte der CDU-Politiker jetzt. Er merke aber, dass in der Bevölkerung die &bdquo;Saat von Geschichten“ aufgehe, wie &bdquo;böse die Polizei“ und wie &bdquo;schlecht der Staat“ seien, so Reul. &bdquo;Das macht mir so eine Riesen-Sorge, dass ich nicht mehr zulasse, dass Sie hier Unwahrheiten erzählen.“ Die Polizei in NRW sei eine &bdquo;sensationell gute Truppe“, die alle Gruppen schütze und zugleich jeden bekämpfe, der sich nicht an Regeln halte, betonte Reul. Über die Abgeordneten der AfD sagte der Innenminister jetzt im Landtag: &bdquo;Der angebliche Fürsprecher der Polizei ist in Wirklichkeit einer, der sie verleumdet. Ich hoffe, das haben heute ganz viele Menschen gehört.“ Lesen Sie auch: Rechtsruck in Ostwestfalen-Lippe: Das sind die AfD-Hochburgen der Region

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