Kurz vor Kommunalwahlen in NRW: Regierung will Wählerstimmen anders zählen

Düsseldorf. Das Wahlrecht ist ein zentrales Instrument in einer Demokratie. Die damit verbundenen Gesetze werden regelmäßig aktualisiert. So werden in NRW aktuell Anpassungen an das Bundeswahlrecht vorgenommen. Die FDP sieht darin ein großes Problem, weil sie glaubt, dass kleine Parteien durch die neuen Regeln massiv benachteiligt werden. Das Verhalten der Regierungsfraktionen werten die Liberalen gar als &bdquo;Skandal“ – und kündigen juristische Schritte an. Die CDU-Fraktion erklärt die Veränderung des Kommunalwahlgesetzes damit, dass sie so ihrer Aufgabe nachkomme, die bestehenden Gesetze regelmäßig zu überprüfen. 2025 stehen in NRW Kommunalwahlen an. Eine Änderung sieht beispielsweise vor: Wer rein rechnerisch Anspruch auf einen halben Sitz hatte, profitierte bislang meist, indem auf einen Sitz aufgerundet wurde. Dies wird künftig geändert, damit die entsprechenden Stimmen keine doppelte Wirkung haben. Dies habe zu einer Verzerrung geführt, so die CDU. Der SPD-Abgeordnete Justus Moor sagt, die Änderungen seien aufgrund &bdquo;kluger Hinweise“ der Experten in den Landtags-Anhörungen entstanden. Die Wähler hätten ein Anrecht darauf, dass ihre Stimmen möglichst gleich viel wert seien – insofern dies mathematisch möglich sei. FDP befürchtet eine &bdquo;Sperrklausel durch die Hintertür“ Die FDP glaubt hingegen, dass die geplanten Anpassungen kleine Parteien &bdquo;systematisch“ und &bdquo;massiv“ benachteiligen. &bdquo;Dies dient nur den Interessen der antragstellenden Fraktionen“, sagt Fraktionschef Henning Höne. Die Änderungen erschwerten es, ein Mandat zu bekommen und eine Fraktion zu bilden. Die FDP-Fraktion hat jetzt von einem Mathematiker auf Grundlage der Kommunalwahl-Ergebnisse 2020 berechnen lassen, wie sich die geplanten Änderungen auswirken würden. Ergebnis: Kleinparteien würden 40 Mandate und Wählervereinigungen 91 kommunale Mandate verlieren. Die FDP verliere 95 Mandatsträger, die Linke 64 und die AfD 29, berichtet Höne. CDU, SPD und Grüne, die den Antrag gestellt haben, würden hingegen zulegen. &bdquo;Die CDU gewinnt insgesamt 184 Mandatsträger in Räten kreisangehöriger Städte und Mandatsträger in Kreistagen und Räten kreisfreier Städte hinzu, die SPD 84, und die Grünen 51“, zitiert Höne die Berechnungen. Im Prinzip handle es sich um eine &bdquo;Sperrklausel durch die Hintertür“, meint Höne. Kleinparteien würden dadurch politisch an Einfluss verlieren. SPD-Politiker Moor erwidert, dass die geplanten Änderungen auf gründlichen Berechnungen beruhten. Gutachten sorgt für Aufregung Für Aufregung sorgte im Verlauf des Donnerstags ein Gutachten des renommierten Mathematikers Friedrich Pukelsheim, welches CDU und Grüne im Zuge der Reform in Auftrag gegeben haben sollen. In diesem Gutachten, welches der FDP kurzfristig aus Koalitionskreisen zugespielt wurde, soll Pukelsheim Bedenken an den Plänen von CDU, Grünen und SPD geäußert haben. Die Rede sei davon, dass die geplanten Änderungen in einem &bdquo;problematischen Verhältnis“ zu den Wahlgrundsätzen stünden. Höne wirft den Fraktionen vor, dieses Gutachten geheimgehalten zu haben – und nun im &bdquo;kompletten Widerspruch zu objektiven Fakten“ ein neues Wahlrecht schaffen zu wollen. Das sei politisch &bdquo;höchst unanständig“ und juristisch ein &bdquo;wirklich großer Skandal“, so Höne. Im Landtag wurde das Thema am Donnerstagabend im Plenum kontrovers diskutiert. Grünen-Politiker Mehrdad Mostofizadeh wies die Vorwürfe Hönes zurück. &bdquo;Dieser Entwurf beruht auf Fakten. Was Sie hier machen, ist Einschüchterung“, warf Mostofizadeh der FDP vor. Den Entschließungsantrag haben die Fraktionen mehrheitlich beschlossen. &bdquo;Selbstverständlich werden wir dagegen juristisch vorgehen“, kündigt Höne an.

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