Benteler darf Betriebsratschef nicht kündigen

Bielefeld. In dem Konflikt zwischen dem Automobilzulieferer Benteler und dem Bielefelder Betriebsratsvorsitzenden Guido Heyer darf das Unternehmen den Betriebsratschef nicht kündigen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat einen Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld aufgehoben. Benteler wirft Heyer Arbeitszeitbetrug vor und kämpft vor Gericht für seine Kündigung. Das Arbeitsgericht hatte in erster Instanz einer Verdachtskündigung zugestimmt und damit die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates ersetzt. Das LAG sieht jedoch keine belegbaren Gründe dafür und hat eine Revision ausgeschlossen. Bei Guido Heyer und seinen Unterstützern ist die Erleichterung groß. &bdquo;Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, denn nun steht fest, dass ich unschuldig bin“, sagt Heyer. &bdquo;Die vergangenen 13 Monaten seit der Kündigung waren jedoch sehr schwer. Zum einen, weil es Kollegen und auch Mitglieder des Betriebsrates gibt, die mir trotz des Urteils nicht glauben. Zum anderen, weil die vormals vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber belastet ist.“ Durchgehalten habe er diese Zeit nur &bdquo;dank der Unterstützung meiner Familie, dem Großteil der 400 Mitarbeiter, meinem Anwalt, der IG Metall und vielen Betriebsräten aus anderen Unternehmen“. &bdquo;Ich habe nie daran gedacht, aufzugeben, und zur nächsten Betriebsratswahl möchte ich auch wieder antreten.“ Nach Angaben von Heyers Rechtsanwalt Stefan Chatziparaskewas ist der Vorwurf des Arbeitszeitbetruges gegen seinen Mandanten mit der Entscheidung des LAG nun endgültig vom Tisch. &bdquo;Das Gericht sieht keine Täuschungshandlung und keinen Arbeitszeitbetrug und damit weder einen ausreichenden Grund für eine Tatkündigung noch für eine Verdachtskündigung.“ Eine Revision hat das LAG ausgeschlossen. &bdquo;Dagegen kann die Gegenseite noch Beschwerde einlegen, doch ich halte eine Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Fall für aussichtslos.“ Benteler lässt mögliche Beschwerde offen Ob das Unternehmen Beschwerde einlegen wird, lässt ein Sprecher der Benteler-Gruppe offen: &bdquo;Wir werden die Urteilsbegründung abwarten und behalten uns weitere Schritte vor.“ Zudem erklärt der Sprecher: &bdquo;Wir nehmen zur Kenntnis, dass das LAG Hamm zwar inhaltlich unserer Auffassung hinsichtlich der möglichen Verdachtsmomente gefolgt ist, jedoch die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichtes Bielefeld dennoch aufgehoben hat.“ Abgeschlossen ist die Auseinandersetzung zwischen Heyer und Benteler damit aber noch nicht, da das LAG am Dienstag noch über die von Benteler geforderte Rückzahlung von Heyers Überstundenvergütung verhandeln wird. Heyer wurde vom Arbeitsgericht Bielefeld in erster Instanz dazu verurteilt, einen Teil seiner Überstundenvergütung an das Unternehmen zurückzuzahlen – insgesamt 97.000 Euro. Streit um Überstunden und finanziellen Ausgleich Hintergrund sind Überstunden, die Heyer in den vergangenen drei Jahren in der Arbeitszeiterfassung dokumentiert und für die er einen Ausgleich erhalten hat. Nach Angaben des Unternehmens hätte Heyer diese Überstunden jedoch gar nicht erfassen und auch keinen finanziellen Ausgleich dafür erhalten dürfen. Der Grund: Die Überstunden seien nicht betriebsbedingt, sondern aufgrund der Betriebsratstätigkeit entstanden. Laut Heyer sind die Überstunden hingegen betriebsbedingt entstanden. Freigestellte Betriebsratsvorsitzende wie Heyer dürfen nach Angaben von Chatziparaskewas für Überstunden jedoch tatsächlich keinen finanziellen Ausgleich erhalten, sondern nur Freizeit. &bdquo;Das wissen jedoch die meisten Betriebsräte nicht, Juristen hingegen schon, weshalb man davon ausgehen sollte, dass diese Regel auch in einem Unternehmen wie Benteler bekannt sein muss, das Juristen beschäftigt.“ Heyers Antrag auf einen finanziellen Ausgleich für Überstunden wurde von Benteler jedoch genehmigt und der Ausgleich über drei Jahre ausgezahlt. &bdquo;Hier haben beide Seiten Fehler gemacht, sodass über eine Rückzahlung der Vergütung gesprochen werden kann, allerdings nicht aufgrund von Arbeitszeitbetrug, denn dieser Vorwurf ist endgültig vom Tisch“, sagt Chatziparaskewas. IG Metall erhebt schwere Vorwürfe gegen Benteler Vom Tisch ist nach Einschätzung des Rechtsanwaltes damit auch die Strafanzeige gegen Heyer wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs. &bdquo;Die Strafanzeige gegen Benteler hingegen nicht, weil das Unternehmen mit dem Vorgehen gegen Guido Heyer den Betriebsrat behindert hat“, erklärt Chatziparaskewas. Benteler hatte unter anderem ein Hausverbot gegen Heyer verhängt. Das LAG hatte das Hausverbot im Mai aufgehoben. In dem rechtskräftigen Urteil heißt es, dass das Hausverbot eine Störung der Betriebsratstätigkeit darstellt. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld will jedoch die Verfahren in Hamm abwarten. Eine Entscheidung, die Chatziparaskewas nicht nachvollziehen kann: &bdquo;Die Bielefelder Staatsanwaltschaft macht ihre Arbeit nicht. Ich habe dafür kein Verständnis, denn in dem rechtskräftigen Urteil steht eindeutig, dass Benteler die Arbeit des Betriebsrates gestört hat.“ Die IG Metall kennt dieses Vorgehen aus anderen Konflikten und fordert deshalb die Einrichtung von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, um Betriebsräte besser zu schützen. &bdquo;Es passiert immer häufiger, dass Unternehmen in so perfider Form wie Benteler gegen Betriebsräte vorgehen, weil sie keine Strafen fürchten müssen“, moniert die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bielefeld, Ute Herkströter. Die Gewerkschaft sieht in dem Vorgehen von Benteler ein Musterbeispiel für &bdquo;Union Busting“, die systematische Bekämpfung von Arbeitnehmervertretungen. &bdquo;Benteler kann jetzt zeigen, ob es wirklich nur um die Sache ging, wie so oft behauptet. Oder, ob sie weiter gegen ihren starken Betriebsratsvorsitzenden vorgehen, um die Mitbestimmung der Mitarbeiter zu schwächen“, sagt Gewerkschaftssekretär Jens Engelbrecht.

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