Arbeiten, wo andere feiern: Bei den Austmanns herrscht Weihnachten Ausnahmezustand

Bielefeld. Das perfekte Festmahl für die Familie auf den Tisch zu bringen, bedeutet für viele den Hauptstress an Weihnachten. Stefan und Nicole Austmann können darüber nur müde lächeln. Denn sie tun das an den Feiertagen für Hunderte Gäste, die es sich im Familienbetrieb, dem Restaurant Kreuzkrug im Bielefelder Westen, gut gehen lassen. Ihr eigenes Fest muss deshalb entsprechend kurz ausfallen - und lange in der Küche steht in der Gastronomenfamilie dann niemand. &bdquo;Kartoffelsalat und Würstchen“, sagt Stefan Austmann wie aus der Pistole geschossen auf die Frage, was es denn an Heiligabend Gutes bei ihm zuhause gibt. &bdquo;Vielleicht noch ein Schnitzel“, räumt er dann noch ein. Aber da der 24. der einzige Weihnachtstag ist, der für Zeit mit der Familie bleibt, hält sich hier niemand lange mit Kochen auf. Stattdessen versammeln sich die verschiedensten Familienmitglieder um den Baum: Stefan und Nicole Austmann mit ihren Kindern, dem 12-jährigen Luis und der 13-jährigen Emma. Stefans Eltern, sein Bruder, seine Tante und Onkel und Nicoles Tante und Cousin. Und alle genießen den Abend, sie wissen: Es ist die letzte Ruhe vor dem großen Sturm. Kinder stehen im Schlafanzug in der Restaurantküche Denn während viele die Tage zwischen den Jahren bewusst nutzen, um runterzukommen, bedeutet diese Zeit für die Austmanns Hochsaison. Am 25. und 26. Dezember brummt das Geschäft, danach schließt der Kreuzkrug zwei Tage, um dann ab dem 29. wieder für die Silvester- und Neujahrszeit zu öffnen. &bdquo;Da ist dann schon Ausnahmezustand hier“, sagt Stefan Austmann. Er kennt es nicht anders, denn schon seine Eltern und Großeltern führten den Betrieb. Auch Ehefrau Nicole ist seit Jahren dabei, fing als Aushilfe im Kreuzkrug an, dort lernte sich das Ehepaar kennen. 2016 übernahm der Koch den Betrieb von seinen Eltern, führte ihn aber gemeinsam mit den beiden weiter. Im August vergangenen Jahres setzten sich die beiden endgültig zur Ruhe. Seitdem ist das Ehepaar auf sich gestellt, er in der Küche, sie meist im Service. &bdquo;Das fühlt sich manchmal noch seltsam, oft aber auch gut an.“ Doch wie lässt sich ein Großbetrieb wie der Kreuzkrug mit dem Familienleben vereinbaren? &bdquo;Eigentlich gar nicht“, sagt Nicole Austmann und lacht. &bdquo;Und andererseits erstaunlich gut.“ Hilfreich war und ist, dass die Familie in der Etage über dem Restaurant lebt. &bdquo;Da hat man kurze Wege und für die Kinder war immer klar: Wenn was ist, Mama und Papa sind unten.“ Und so standen und stehen die beiden abends immer mal wieder im Schlafanzug vor der großen Küche. &bdquo;Haben wenig Zeit zu Viert“ Der zweite Bonus ist die Familie. &bdquo;Ohne die wäre es nicht gegangen.“ Stefans Eltern und seine Tante und sein Onkel leben direkt nebenan in ihren Häusern. Immer schon haben sie mal hier aufgepasst, mal da eine Fahrt übernommen. &bdquo;Mein Onkel und meine Tante haben Emma zum Beispiel jahrelang zum Reiten gefahren“, sagt Stefan Austmann. Bis heute gehen die Austmann-Kinder selbstverständlich zwischen den drei Häusern hin und her. &bdquo;Dann zocken die mal einen Abend Monopoly bei meiner Tante und meinem Onkel oder netflixen bei Oma. Das ist schon das sprichwörtliche Dorf zum Kindergroßziehen, das wir da haben. Und das ist natürlich großartig.“ Auch mit den Angestellten des Restaurants, die teilweise seit Jahren bei den Austmanns arbeiten, sind die Kinder eng verbunden. &bdquo;Das gibt immer Tränen und großen Kummer, wenn da mal einer geht. Ist ja klar, die sind teilweise mit denen aufgewachsen.“ Doch bei aller Familienverbundenheit ist den Austmanns auch die Zeit zu Viert heilig. &bdquo;Weil wir davon einfach nicht so viel haben, denn an den Wochenenden ist ja immer Hochbetrieb im Restaurant.“ Alle lieben die Familienausflüge, die sie dann unternehmen - wobei es immer schwieriger wird, hier einen Konsens zu finden. &bdquo;Bei uns knallt hier natürlich gerade voll die Pubertät rein“, sagt Nicole Austmann und lacht. &bdquo;Da alle Interessen unter einen Hut zu kriegen, ist fast unmöglich.“ Der 12-jährige Luis liebt Tiere, könnte jedes Wochenende in den Zoo gehen. Schwester Emma findet das aber zu langweilig. &bdquo;Dann teilen wir uns kurz auf, Emma und ich bummeln durch Osnabrück, Stefan und Luis gehen in den Tierpark und hinterher finden wir uns zusammen.“ Nach Weihnachten kommt die Küchen-Müdigkeit Auch der Alltag bietet immer wieder Möglichkeiten für die Familie, um sich kurz zu begegnen. Morgens frühstücken alle zusammen, dann springen die Kinder in den Bus zur Schule, der direkt vor der Haustür fährt. Von zehn bis 14 Uhr steht Stefan Austmann dann in der Küche, bereitet den Abend vor. Bis 17 Uhr hat er dann frei, bevor der Restaurantbetrieb losgeht, jede Woche von Mittwoch bis Sonntag. Und was macht ein Koch, wenn er mal Zeit für sich braucht? &bdquo;Fahrradfahren“, sagt Stefan Austmann. &bdquo;Im und um den Teutoburger Wald. Da kriege ich den Kopf frei.“ Manchmal begleitet ihn seine Frau. &bdquo;Aber das ist eher sein Ding, da kann er auch gut alleine.“ Eine gute Woche noch werden die Austmanns jetzt im Ausnahmezustand arbeiten. Dann kommt die wohlverdiente Woche Urlaub. Klar ist schon jetzt: Große kulinarische Meisterleistungen wird es dann nicht mehr geben. &bdquo;Da schleicht sich dann schon eine gewisse Küchen-Müdigkeit ein“, sagt Stefan Austmann und lacht. &bdquo;Vielleicht fahren wir einfach noch spontan in die Berge.“ Da können dann mal andere für ihn kochen.

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