Gleichstellung an Universitäten: OWL belegt Spitzenplätze

Bielefeld/Paderborn. Die Universitäten in Ostwestfalen-Lippe sind bei der Gleichstellung der Geschlechter besonders weit, wie eine Umfrage unter den 50 größten Hochschulen Deutschlands ergab. Sowohl die Universität Paderborn als auch die Universität Bielefeld landen mit einem Anteil der mit Frauen besetzten Lehrstühle von 38,25 Prozent (Bielefeld) sowie 37,6 Prozent (Paderborn) auf Spitzenplätzen. Gefragt hatte der Verbraucherschutzverein Berlin/Brandenburg. Das positive Ergebnis nimmt man in OWL keineswegs überrascht zur Kenntnis, wird daran doch seit vielen Jahren hoch engagiert und strategisch gearbeitet. "Wir stecken mittendrin in einem Kulturwandel", sagt etwa Marie I. Kaiser, Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung an der Universität Bielefeld, im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Prozess der Gleichstellung sei eine Querschnittsaufgabe und müsse in allen Projekten mitgedacht werden. "Es darf nicht an einzelnen Personen hängen", so Kaiser. "Wir möchten gerne auf allen Karrierestufen einen Frauenanteil von mindestens 50 Prozent haben." Ähnlich formuliert es Birgitt Riegraf, Präsidentin der Universität Paderborn. Gleichstellung sei "in den dezentralen Gleichstellungsplänen und im Hochschulentwicklungsplan festgeschrieben. Durch regelmäßige interne und externe Evaluationen werden die Strategien und Maßnahmen ständig überprüft und weiterentwickelt". Das Verfahren: "Jede Fakultät, zentrale Einrichtung und die Hochschulverwaltung formuliert in Gleichstellungsplänen bereichsspezifische Ziele für jeweils fünf Jahre. Nach zwei Jahren wird im Rahmen eines Zwischenberichts überprüft, ob die Ziele innerhalb dieser fünf Jahre erreicht werden können." Falls dies nicht realistisch erscheine, würden zusätzliche Maßnahmen entwickelt. Bei den Studierenden ist die Parität vielerorts erreicht Wie gut die OWL-Universitäten im Vergleich positioniert sind, verdeutlichen die Bundeszahlen. Der Erhebung zufolge liegt die Frauenquote unter Professorinnen und Professoren deutschlandweit bei 28,06 Prozent. "Dekaninnen sind sogar noch seltener (20,52 Prozent)", heißt es in dem Bericht. Lediglich Juniorprofessuren wurden zu mehr als 50 Prozent mit Frauen besetzt (50,61 Prozent). Die Frauenquote unter Studierenden liegt der Umfrage zufolge bei 52,43 Prozent. An 29 von 42 Unis gibt es mehr weibliche als männliche Studenten, so das Ergebnis. An der Uni Bielefeld beträgt der Frauenanteil unter den Studierenden 59 Prozent. Schaut man genauer hin, zeigen sich allerdings auch Unterschiede je nach Fachrichtung. In den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) ist der Frauenanteil mit 37 Prozent deutlich geringer, wie Prorektorin Kaiser berichtet. Deshalb hat man sich an der Universität Bielefeld entschlossen, einen MINT-Sommer als Orientierungsphase anzubieten. Schülerinnen können hier an die Universität kommen und sich über das Angebot intensiv informieren. "Das wird sehr gut angenommen", so Kaiser. "Große fachspezifische Unterschiede" stellt auch Riegraf bezogen auf den Anteil weiblicher Studierender an der Uni Paderborn fest. "Ziel der Universität Paderborn ist es, die strukturellen Muster der geschlechtstypischen Studien- und Berufswahl aufzubrechen", erläutert die Präsidentin. Dafür gebe es Angebote wie zum Beispiel die Frühlings- und Herbstuni oder das Schülerinnen-MINT-Mentoring, um den geringen Frauenanteil in den MINT-Fächern zu erhöhen. Riegraf nennt für die Uni Paderborn einen Studentinnenanteil von 49,7 Prozent und einen Absolventinnenanteil von 54,7 Prozent. Karriereförderung durch Mentoringprogramm Das Binden und Halten weiblicher Kräfte sei ein wichtiger Baustein des Gleichstellungskonzeptes an der Universität Bielefeld, sagt Kaiser. Die Karriereförderung werde durch ein Mentoringprogramm unterstützt. Zudem gebe es eine Checkliste für Berufungsverfahren von Professuren, Direktansprachen oder Scoutinglisten. Entfristete Stellen auf Professorenebene seien oft erst im Alter von 40 Jahren zu haben. Dies sei ein Nachteil im Vergleich zu nicht-wissenschaftlichen Laufbahnen, so Kaiser. Ziel sei grundsätzlich, dass alle Mitarbeitenden an der Universität Bielefeld den Prozess der Gleichstellung als wichtig empfinden. "Da gibt es noch viel zu tun", sagt Kaiser. "Es gibt auch Personen, die von Gleichstellungsarbeit genervt sind." Aber man sei mit dem eingangs beschriebenen Weg des Kulturwandels nicht am Anfang, betont die Prorektorin. Kaiser verweist unter anderem auf das "Hochschulranking nach Gleichstellungsaspekten 2023" des Statistischen Bundesamtes, in dem die Universität Bielefeld unter den ersten zehn staatlichen Universitäten zu finden ist. Im Gender-Report der Hochschulen NRW landete Bielefeld im Dezember 2022 auf Platz 3 hinter Köln und Düsseldorf. Riegraf verweist für die Universität Paderborn unter anderem auf mehrere Auszeichnungen für die Gleichstellungsstrategien durch die Deutsche Forschungsgesellschaft. Seit 2009 sei die Uni zudem kontinuierlich mit dem Total-E-Quality-Prädikat ausgezeichnet worden. Dieses Siegel zeichnet Institutionen aus, die Chancengleichheit in der Personal- und Organisationspolitik gewährleisten. Kein Wunder also, dass die Universität Paderborn in ihrer obersten Chefetage auf eine Präsidentin und eine Vizepräsidentin verweisen kann.

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