Umfrage

Hebammen in NRW für Kreißsaal-Geburten auch ohne Arzt

Steht kein Facharzt zur Verfügung, müssen in manchen Situationen Kreißsäle schließen. Könnte eine neue Regelung für Entlastung sorgen?

Unter Hebammen gibt es die Forderung, künftig Geburten auch ohne anwesenden Arzt durchzuführen. | © Uli Deck

26.08.2023 | 26.08.2023, 11:52

Köln (epd). Der Landesverband NRW im Deutschen Hebammenverband appelliert an die Gesundheitspolitik, Kreißsaalgeburten auch ohne Arzt zu ermöglichen. „Ganz normal verlaufende Geburten erfordern keine ärztliche Anwesenheit“, sagte Barbara Blomeier, erste Vorsitzende des Landesverbands. Dies zeige das Modell der Hebammenkreißsäle in NRW deutlich. Eine Klinik sei derzeit gezwungen, den Kreißsaal zu schließen beziehungsweise vom Rettungsdienst abzumelden, wenn kein Facharzt anwesend sein könne.

Eine solche vorübergehende Abmeldung oder Schließung erfolge auch bei ausreichender Anwesenheit von Hebammen und einer Verlegungsmöglichkeit in eine nahegelegene Nachbarklinik im Notfall, kritisierte Blomeier. Gegenwärtig lasse das NRW-Gesundheitsministerium keine Bereitschaft erkennen, die für die Kostenabrechnung zuständige „Leistungsgruppe Geburtshilfe“ aufzusplitten in die Leistungsgruppe mit Facharztstandard und die Leistungsgruppe Hebammengeleitete Geburtshilfe.

Grundsätzlich begrüße der Landesverband der Hebammen in NRW Pläne zur Zentralisierung der Geburtshilfe in Perinatalzentren im Zuge der geplanten Krankenhausreform. „Wir begrüßen und unterstützen die neue Systematik sehr, zumal NRW darauf besteht, weiterhin seinen eigenen Weg zu gehen und sich für eine flächendeckende geburtshilfliche Versorgung starkmacht“, erklärte Blomeier.

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Kritik an Plänen

NRW habe 2021 ein Förderprogramm für Hebammenkreißsäle aufgelegt. Die Einführung einer Leistungsgruppe Geburtshilfe an einer Klinik jedweden Levels ermögliche eben auch kleineren Kliniken, Geburtshilfe anzubieten. Dies dürfe aber aus Sicht des Hebammenverbands nicht auf den Fachärztestandard beschränkt bleiben.

Bundesweit sehen die meisten Hebammenverbände eine Zusammenführung der Geburtshilfe in Perinatalzentren dagegen kritisch, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Landesvertretungen ergab. Sie fürchten um eine flächendeckende Versorgung und kurze Anfahrtswege. Gemäß der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Klinikreform soll Geburtshilfe nur noch in Häusern angeboten werden, die in einem dreistufigen System mindestens die Qualitätsstufe 2 erbringen.

Personalnot: Es fehlen Hebammen

In vielen Kreißsälen fehlen derzeit Hebammen. Auch in NRW komme es immer wieder zu vorübergehenden oder endgültigen Schließungen von Kreißsälen aufgrund von Personalengpässen, sagte Blomeier. Bei Ärztinnen und Ärzten nehme der Mangel zu, immer mehr Kliniken arbeiteten mit Leihärzten und Leihhebammen. Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbands wurden seit 2015 allein in NRW 24 Kreißsäle geschlossen, drei sind von Schließung bedroht und acht vorübergehend geschlossen.

Die Personallücke können allerdings für NRW aufgrund einer fehlenden Registrierungspflicht für Hebammen nicht beziffert werden, erläuterte Blomeier. Hebammenzentralen beispielsweise in Bochum, Bielefeld, dem Münsterland und Köln berichteten regelmäßig über große Zahlen anfragender Frauen, die nicht an Hebammen vermittelt werden könnten. Hausgeburten und Geburtshäuser verzeichneten steigende Geburtenzahlen.