Wirbel um Merz: So gehen OWL-Politiker im Alltag mit der AfD um

Düsseldorf. Missverständliche Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz haben die Debatte wiederbelebt, wie die politischen Akteure auf kommunaler Ebene mit der AfD umgehen sollen. Im südthüringischen Sonneberg stellt die AfD seit Kurzem einen Landrat und in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt wurde erstmals ein AfD-Politiker zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt. In OWL ist das nicht der Fall, dennoch gibt es Berührungspunkte. In Gütersloh ist die AfD mit drei von 57 Sitzen im Rat der Stadt vertreten – &bdquo;und somit auch demokratisch von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden“, sagt Bürgermeister Norbert Morkes dieser Zeitung. Als Bürgermeister versuche er, eine Neutralitätspflicht gegenüber allen Fraktionen einzuhalten. &bdquo;Auch mit der AfD gibt es, wie mit allen anderen Fraktionen, einen Austausch. Das Büro des Rates und somit auch der Bürgermeister stehen allen Fraktionen, somit auch der AfD, für Auskünfte und die Beantwortung von Fragen zur Verfügung“, sagt Morkes. Merz hatte mit Bezug auf AfD-Bürgermeister oder Landräte gesagt, dass man in solchen Fällen in den Kommunalparlamenten nach Wegen suchen müsse, wie man gemeinsam gestalte. Die Aussagen hatten vor allem in der CDU zu Kritik geführt. Am Montag sah er sich zu einer Klarstellung gezwungen. "Reale Sachpolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger" Auch der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann aus Paderborn sagt gegenüber dieser Redaktion: &bdquo;Aus Friedrich Merz’ Aussagen abzuleiten, er habe den Weg geöffnet für die Zusammenarbeit mit den politischen Rändern, ist wirklich Quatsch. Im Übrigen ist es Aufgabe aller Parteien in Deutschland, dafür zu sorgen, dass die AfD wieder kleiner wird.“ Die CDU schiele nicht nach rechts oder links. Linnemann betont: &bdquo;Uns geht es um die eigenen Inhalte, wir kümmern uns um CDU pur: Leistung muss sich lohnen. Ein durchsetzungsfähiger Rechtsstaat. Individuum statt Kollektiv. Wir müssen wieder stärker herausarbeiten, wofür wir als CDU stehen.“ Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte der Funke-Mediengruppe zur Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene: &bdquo;Wenn aus dieser Funktion zum Beispiel eine Schulsanierung oder ein Kindergartenbau vorgeschlagen wird, wird das höchstwahrscheinlich von der Mehrheit der kommunalen Entscheidungsträger befürwortet.“ Das sei keine Kooperation, sondern reale Sachpolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Doch wie verläuft die Grenze zwischen reiner Sachpolitik und tatsächlicher Zusammenarbeit? Nur, weil die AfD einen Bürgermeister stelle, müsse das nicht automatisch bedeuten, dass sie im Kommunalparlament mit eigenen Anträgen durchkomme, sagt Raphael Tigges dieser Zeitung. Der Chef der CDU im Kreis Gütersloh macht das an einem konkreten Beispiel fest. Wenn es in einem Stadtrat um die Frage eines Kita-Baus gehe und die AfD einen entsprechenden Antrag stelle, seien die demokratischen Fraktionen gefordert, eigene Anträge zu verfassen und für diese Mehrheiten jenseits der AfD zu organisieren, sagt Tigges, der für die CDU im Landtag sitzt. NRW-Innenminister Reul: Reden ja, kooperieren nein Für diese Methode spricht sich auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) aus. Man müsse mit einem AfD-Bürgermeister oder Landrat reden, doch es dürfe nicht dazu kommen, dass man gemeinsam ein Projekt durchsetze. &bdquo;Da sage ich: Das kommt nicht infrage – also für mich nicht“, betont Reul, der zugleich auch Vize-Chef der CDU in NRW ist. Etwas anders bewertet der Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes in Enger, Philip Kleineberg, die Situation. &bdquo;In allen Kommunalparlamenten ist es schon Realität, dass man mit der AfD abstimmt oder für AfD-Anträge abstimmt. Das machen alle Parteien.“ Der Landrat des Kreises Minden-Lübbecke, Ali Dogan (SPD), sagte nach der Wahl des AfD-Politikers Robert Sesselmann zum Landrat in Sonneberg, dass die Demokraten zusammenstehen müssten und sich nicht den Populisten anbiedern dürften. Paderborns Bürgermeister Michael Dreier (CDU) will sich auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern.

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