Paderborner Forscher entdecken: Auch ausgeschaltete Handys lenken uns ab

Paderborn. Unterhaltungsangebote, Informationen, soziale Kontakte – und das alles im Hosentaschenformat: Dass Smartphones eine Quelle der Ablenkung im Alltag sind, ist nichts Neues. Was aber vermutlich die wenigsten wissen: Das Handy lenkt uns selbst dann ab, wenn es ausgeschaltet auf dem Tisch liegt. Das haben Paderborner Forscher nun herausgefunden. &bdquo;Die bloße Anwesenheit des Smartphones wirkt sich ungünstig auf die Produktivität aus, dabei muss es nicht mal zu einer Interaktion mit dem Gerät kommen. Die Tatsache, dass das Handy in Sichtweite ist – selbst wenn es ausgeschaltet ist – beeinflusst die kognitive Leistung. Nutzerinnen und Nutzer arbeiten langsamer und unkonzentrierter“, sagt Sven Lindberg, Leiter der klinischen Entwicklungspsychologie an der Universität Paderborn. Der Wissenschaftler hat eine Studie zum Einfluss des Smartphones auf kognitive Fähigkeiten durchgeführt. Die Ergebnisse wurden jetzt im wissenschaftlichen Nature-Journal &bdquo;Scientific Reports“ veröffentlicht. Untersuchung mithilfe von Durchstreichtests Lindberg zufolge benötigt es eine übergeordnete Instanz, um den Drang zu unterdrücken, sich augenblicklich mit dem Smartphone beschäftigen zu wollen. &bdquo;Die Fähigkeit, Handlungen zu organisieren, zu analysieren und zu vergleichen sowie Impulse zu kontrollieren, wird als exekutive Funktion bezeichnet. Die dafür notwendigen kognitiven Ressourcen, sprich das Arbeitsgedächtnis, sind allerdings anfällig und begrenzt“, so Lindberg weiter, der die Studie zusammen mit seiner Doktorandin Jeanette Skowronek durchgeführt hat. Das Team um Lindberg hat mit 42 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter von 20 bis 34 Jahren Konzentrations- und Aufmerksamkeitstests in Gegenwart und Abwesenheit eines Smartphones durchgeführt. Bei einem sogenannten Durchstreichtest mussten die Probanden nach Objekten und Zeichen suchen, die zwischen ähnlichen Objekten und Zeichen liegen und diese markieren. Unterschiede in der Konzentrationsfähigkeit wurden durch die Geschwindigkeit und Genauigkeit deutlich, mit der die Probanden eine große Anzahl solcher Aufgaben kontinuierlich erledigen konnten, erklären die Forscher in der Zusammenfassung ihrer Studie. Diese Art von Tests werde in wissenschaftlichen Experimenten häufig verwendet und sei kognitiv nicht sehr anspruchsvoll, so die Wissenschaftler. Handysucht hat keinen Einfluss Lindberg erläutert: &bdquo;Verglichen mit der anderen Gruppe haben die Probanden ohne Smartphone eine signifikant höhere Aufmerksamkeitsleistung gezeigt. Insgesamt belegen die meisten Studien den Einfluss eines eingeschalteten oder verfügbaren Smartphones im Kontext von komplexen Aufmerksamkeitsaufgaben. Zum Beispiel schnelles Wechseln zwischen verschiedenen Anforderungen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass insbesondere die Geschwindigkeit der kognitiven Leistung und die Verarbeitung von Informationen beeinträchtigt werden.“ Laut Lindberg ist es bei Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern, deshalb sinnvoll, das Handy in einem anderen Raum zu platzieren, um negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Aufmerksamkeitsleistung zu verringern. Es reiche allerdings nicht aus, lediglich den Bildschirm des Smartphones abzudecken oder es auszuschalten. Neben der Erfassung der Aufmerksamkeitsleistung haben Lindberg und seine Kollegen auch die Handy-Abhängigkeit der Probanden untersucht. Das Ergebnis überrascht: Die individuelle Ausprägung der gemessenen Handysucht hatte keine Auswirkungen auf den Effekt. "Wichtiger Beitrag zur Forschung" Die Paderborner Studie bringt bedeutende Erkenntnisse für die Wissenschaft: &bdquo;Es gibt bisher nur wenige Studien zum Einfluss des ausgeschalteten Smartphones, weshalb unsere Arbeit einen wichtigen Beitrag zur bestehenden Forschung leisten kann“, sagt Sven Lindberg.

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