Brutaler Doppelmord an Ehepaar aus Delbrück bei Paderborn gibt Rätsel auf

Delbrück. Bentfeld ist ein charmantes Dorf im Delbrücker Land. Keine 1.500 Einwohner sind hier zu Hause. Die meisten kennen einander. Dass hier auf dem Lande ein brutaler Doppelmord verübt wurde, mag man kaum glauben - und auch nicht, dass dieser Fall noch nach 17 Jahren ungelöst ist. Es ist 3.30 Uhr in der Früh und stockdunkel, als Nachbarn die Feuerwehr alarmieren. Ein lauter Knall hat sie an diesem ersten Tag im Dezember 2005 geweckt. Es brennt lichterloh im Einfamilienhaus nebenan. Die Flammen schlagen aus den Wohnzimmerfenstern im Erdgeschoss, als der Bentfelder Löschzug anrückt. Angesichts des komplexen Brandes rufen die Retter zwei weitere Löschzüge zur Verstärkung, decken teilweise das Haus ab, um dem Feuer Einhalt zu gebieten, und dringen rasch unter schwerem Atemschutz bis zum Wohnzimmer vor. Den Bewohnern des Hauses können sie nicht helfen. Die Leichname von Conny und Ingo G. sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Dass die Eheleute ihre Leben nicht durch bloßes Unglück verloren, sondern durch eine brutale Gewalttat, steht frühzeitig fest. Bereits während der Spurensicherung machen die Fahnder Reste von Brandbeschleunigern aus. Letzte Gewissheit vermitteln die Münsteraner Rechtsmediziner. Sie stellen zweifelsfrei fest, dass die 44-jährige Frau und ihr sieben Jahre jüngerer Mann vor dem Ausbruch des Feuers erschossen wurden. Danach, so ihre Erkenntnis, wurden Conny und Ingo G. von dem oder den Tätern mit einer leicht entzündlichen Flüssigkeit übergossen und angezündet. Militaria von fast unschätzbarem Wert Die Ermittler sind überzeugt, dass das Einfamilienhaus in der Mitte des Dorfes Schauplatz eines Raubmordes war. Denn Ingo G. handelte mit militärischen Antiquitäten - sehr diskret auf Messen und über das Internet. Als die Fahnder eine Woche nach der Tat und nach umfangreicher Spurensicherung die Asservate sichern, packen sie stundenlang Militaria aus unterschiedlichen Epochen und Ländern ein. Darunter historische Dienstgradabzeichen, Mützen, Orden sowie Uniformen der Wehrmacht, der Sowjetarmee oder der Nationalen Volksarmee der DDR. Ein Ölgemälde des Jagdflieger-Generals Adolf Galland aus dem Zweiten Weltkrieg bringen sie gleichfalls in die Asservatenkammer. 60 Kartons werden es zum Schluss sein, in denen die Hinterlassenschaften des Militariahändlers verwahrt werden. Dass Ingo G. im Besitz weiterer, möglicherweise sehr begehrter Sammlerstücke gewesen ist, finden die Fahnder schnell heraus. Sein Laptop hatte das Feuer überstanden, sodass genau rekonstruiert werden kann, was die Täter in der Nacht auf den 1. Dezember mitnahmen. Demnach haben sie 60 historische Militäruniformen sowie mehrere hundert zum Teil sehr wertvolle Orden, Bilder, Abzeichen und Stichwaffen erbeutet. Darunter ein Exemplar des Pour-le-Mérite-Ordens mit goldenem Eichenlaub, der zwischen 1914 und 1918 verliehen wurde. Dessen Wert hatte Ingo G. in seiner Inventarliste auf 38.000 Euro geschätzt. Ein goldenes Parteiabzeichen der NSDAP, der Paradehelm eines &bdquo;Führers“ aus dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps sowie ein Ehrenzeichen des Schlageter-Gedächtnisbundes sind gleichfalls verschwunden. Die Ermittler, die sich zu einer 18-köpfigen Kommission zusammengetan haben, vermuten, dass die Beute in einem hellen Lieferwagen abtransportiert wurde, der in der Tatnacht vor dem Haus des Ehepaares gesehen worden war. Zeugen berichten, dass eine Werbeaufschrift auf dem Fahrzeug nur &bdquo;schluderig“ abgeklebt gewesen sei, sodass man noch das Wort &bdquo;Möbel“ habe lesen können. Just dieses Fahrzeug war auch Ende November auf dem Parkplatz einer Militaria-Messe in Kassel aufgefallen. Weder Beute noch Täter werden gefunden Die Mitglieder der Mordkommission halten es für möglich, dass Conny und Ingo G. dort ihre Mörder getroffen haben. Die beiden betrieben auf dieser Messe nämlich einen Stand. Obschon die Ermittler nahezu alle Aussteller und zahlreiche Besucher befragen, Alibis überprüfen, Speichelproben abnehmen und sich im März 2006 ein Beitrag der Fernsehsendung &bdquo;Aktenzeichen XY ungelöst“ dem Fall widmet, werden die Täter nicht gefunden. Ende 2006 wird die Mordkommission aufgelöst. Sie hat bis dahin mehr als 8.000 Handzettel auf zahlreichen Militariamessen verteilt und ist Hinweisen bis ins Ausland gefolgt. Einmal glauben die Ermittler, auf einer heißen Spur zu sein und nehmen neun Aussteller aus dem estländischen Tallinn fest, doch die haben mit dem Doppelmord im ostwestfälischen Bentfeld nachweislich nichts zu tun. Verschwunden bleibt auch die Beute. Kein einziges der geraubten Stücke ist bislang aufgetaucht. Ganz zu den Akten gelegt ist der Fall aber nicht - trotz der vielen Jahre, die seitdem ins Land gegangen sind. Noch immer würden routinemäßig Polizeibeamte Messen und Ausstellungen besuchen, um möglicherweise doch das ein oder andere Stück aus dem Besitz von Ingo G. zu entdecken, sagt der Paderborner Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies und verweist auf die &bdquo;Besondere Aufbauorganisation Cold Case“, die vergangenes Jahr im Landeskriminalamt ihre Arbeit aufgenommen hat. Die pensionierten Kriminalbeamten, die sich mit ungelösten Fällen beschäftigen, haben auch den Bentfelder Doppelmord als Aufgabe übertragen bekommen. Möglicherweise sind das gute Aussichten, denn die Gruppe &bdquo;Cold Case“ hat schon im ersten Jahr ihrer Tätigkeit Erfolge verzeichnet: So erfolgte unter anderem acht Jahre nach dem gewaltsamen Tod einer 84-Jährigen in Vlotho-Exter die Festnahme eines Tatverdächtigen.

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