Euskirchen (epd). In einer Gedenkfeier am Donnerstag in Euskirchen haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) an die Opfer der Hochwasserkatastrophe vor einem Jahr erinnert. Steinmeier äußerte Verständnis dafür, dass einigen der Wiederaufbau zu langsam vorangehe. NRW-Ministerpräsident Wüst hob die große Solidarität und Hilfsbereitschaft nach der Katastrophe hervor. In einem ökumenischen Gottesdienst hatten zuvor der rheinische Präses Thorsten Latzel und der Kölner Generalvikar Monsignore Guido Assmann den Betroffenen Mut zugesprochen.
Bundespräsident Steinmeier rief zu weiterer unbürokratischer Hilfe für die Flutgebiete auf. Er könne sich vorstellen, dass viele Menschen „das Gefühl haben, dass vieles zu lange dauert, zu langsam vorangeht“, sagte Steinmeier laut Redetext. Der Bundespräsident lobte trotz der Probleme den Fortschritt, der dennoch in den betroffenen Gebieten gelungen sei. Es sei sichtbar, was die Menschen trotz des unermesslichen Schmerzes und der Verzweiflung angesichts der vielen Verluste geleistet hätten, „und davor habe ich enormen Respekt.“
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Steinmeier mahnte einen besseren Schutz vor solchen Katastrophen an. „Wir müssen jede, aber auch wirklich jede Anstrengung unternehmen, um die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen“, erklärte der Bundespräsident.
Für jeden Toten soll ein Baum gepflanzt werden
Ministerpräsident Wüst kündigte an, das Land werde einen Gedenkort mit einem Baum für jeden der 49 Toten in NRW errichten. Die Katastrophe im vergangenen Sommer sei „ein Einschnitt in der Geschichte unseres Landes“. Auch er unterstrich, dass nach der Katastrophe der Schutz des Klimas „die größten Aufgaben unserer Zeit“ sei. Zudem würdigte er die große Solidarität und Hilfsbereitschaft von Menschen aus ganz Deutschland.
In dem Gottesdienst unterstrich der rheinische Präses Thorsten Latzel, dass Hilfen und persönliche Anteilnahme weiter wichtig blieben. „Wir brauchen die Ruhe, um innezuhalten und umzukehren, um wirklich anders zu leben. Wir brauchen eine Gemeinschaft, in der wir einander beistehen“, sagte der leitende Theologe der zweitgrößten evangelischen Landeskirche. Zudem würden weiterhin Politiker und Entscheiderinnen gebraucht, „die dafür sorgen, dass den Betroffenen unbürokratisch geholfen wird“.
Der Kölner Generalvikar Monsignore Guido Assmann erklärte, Worte wie Angst, Lähmung, Verzweiflung seien eigentlich noch zu schwach, um das Geschehene zu beschreiben. Die Menschen seien ein Jahr nach der Katastrophe bedrückt und müde, „weil der Wiederaufbau so mühsam ist und an unseren Kräften zehrt“, sagte der katholische Theologe. In der Katastrophe habe sich aber auch die Hilfsbereitschaft vieler Menschen gezeigt, die auch ein Jahr nach dem schrecklichen Ereignis anhalte.
Besuch im Ahrtal
Steinmeier hatte zuvor das von extremem Hochwasser betroffene Ahrtal besucht. Bei seinem letzten Aufenthalt habe er versprochen, die Betroffenen nicht zu vergessen, sagte Steinmeier: „Auch deshalb bin ich heute hier, dieses Versprechen einzuhalten, zu sehen, was ist vorangekommen, wo fehlt es noch, und Danke zu sagen.“ Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) besuchte Steinmeier unter anderem eine Schreinerei und ein Weingut. Der Opfer in Rheinland-Pfalz wurde bei einer Veranstaltung und Bad Neuenahr-Ahrweiler gedacht, an der der auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnehmen wollte.
Bei der Hochwasserkatastrophe am 14. und 15. Juli 2021 wurden mehr als 180 Menschen getötet, 800 teils schwer verletzt und ganze Orte verwüstet. Vor allem im Ahrtal richtete die Flut massive Schäden an. In Nordrhein-Westfalen sind unter anderem die Orte Hagen, Erftstadt und Euskirchen besonders betroffen.
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