100 Milliarden für die Bundeswehr: Warum diese OWL-Abgeordneten dafür sind

Berlin/Bielefeld. Das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr hat im Bundestag die letzte Hürde genommen. Die Mitglieder stimmten am Freitag mehrheitlich für die damit verbundene Änderung des Grundgesetzes. Auch die OWL-Abgeordneten sprachen sich geschlossen dafür aus, übten aber zugleich Kritik. Mit der Gesetzesänderung ist der Weg frei für die Rekordsumme von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) erstmals in seiner Rede Ende Februar angekündigt hatte. 567 Abgeordnete stimmten dafür, 96 dagegen; 20 enthielten sich. Zwar war vor der Abstimmung bereits mit einer breiten Mehrheit gerechnet worden, allerdings hatte es zuletzt auch Widerstand gegeben, sogar innerhalb der Ampel. Der Grünen-Abgeordnete und ehemalige Verdi-Chef Frank Bsirske hatte angekündigt, gegen die Gesetzesänderung zu stimmen. Er wende sich gegen eine "haushaltspolitische Vorfahrtsregel für Rüstungsvorhaben", sagte Bsirske. Die Abgeordneten aus unserer Region sehen das anders. Die 15 OWL-Bundestagsmitglieder stimmten allesamt für die Gesetzesänderung, wie sie nw.de mitteilten. "Unsere Nachbarn und Verbündeten schauen auf uns, erwarten gemeinsames Handeln", erklärte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann aus Bielefeld. Dieser Rolle müsse man besser gerecht werden. Die Bundeswehr sei derzeit nicht im Stande, diesen Auftrag zu erfüllen, da sie zum Teil in "desolatem Zustand" sei, so Haßelmann. Man müsse "dringend investieren", damit die Bundeswehr schnell ihre Verpflichtungen im Rahmen der NATO erfüllen könne. Deshalb sei es wichtig, dass "dieser nicht einfache Kompromiss" gelungen sei, so die Bielefelderin. Grünen-Abgeordnete Gambir hat Zweifel Bis "zuletzt gerungen" hat Grünen-Abgeordnete Schahina Gambir (Minden-Lübbecke), wie sie nw.de mitteilt. Sie zweifle daran, dass das Sondervermögen in der vorliegenden Ausgestaltung der richtige Weg sei, da das Geld ausschließlich in die Bundeswehr investiert werde und keinen erweiterten Sicherheitsbegriff berücksichtige. Das sei "falsch und anachronistisch", so Gambir. Die hybride Kriegsführung Russlands mit Angriffen auf kritische Infrastruktur mache deutlich, wie wichtig unter anderem Cybersicherheit und Energiesouveränität für unsere Sicherheit seien. Diese Bereiche würden aber über das Sondervermögen nicht abgedeckt. Zudem löse das Sondervermögen nicht das Problem der ineffizienten Strukturen, die laut Gambir dazu geführt haben, dass die Bundeswehr trotz komfortabler finanzieller Ausstattung im jährlichen Bundeshaushalt nicht einsatzfähig sei. Deshalb müssten die Verteidigungsausgaben gründlich überprüft werden, so Gambir, die letztlich dennoch für die Gesetzesänderung gestimmt hat, da Deutschland es unter anderem von Russland bedrohten Nato-Partnern wie Polen und den baltischen Staaten schuldig sei, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. SPD übt Kritik an CDU-Kurs der vergangenen Jahre Die Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar sieht in dem Sondervermögen die Möglichkeit, die Versäumnisse der Ausrüstung der Bundeswehr anzugehen, ohne, dass dies zulasten der vielen anderen Projekte im Koalitionsvertrag gehe. "Außerdem stärken wir mit einem neuen Unterausschuss die parlamentarische Kontrolle darüber, wofür das Geld ausgegeben wird", so Esdar. Ihr SPD-Kollege Jürgen Berghahn aus Lippe sagt, dass die Grundgesetzänderung Planungssicherheit für "die bestmögliche" Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten schaffe, nachdem die Bundeswehr unter "konservativer Führung" viele Jahre "heruntergewirtschaftet" worden sei. SPD-Fraktionsvize Achim Post aus Minden: "Mir war und ist aber zugleich wichtig, dass es über das Sondervermögen nicht zu Kürzungen bei Investitionen in Arbeit und Soziales, in Bildung und Digitalisierung oder in Klimaschutz und Transformation kommt. Das ist gelungen." Klar sei für ihn auch: So wichtig die bessere Ausrüstung der Bundeswehr jetzt sei, so notwendig blieben diplomatische und humanitäre Anstrengungen, um den Krieg und das menschliche Leiden in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden. Der Höxteraner CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase hat das Sondervermögen als haushaltspolitischer Sprecher mitverhandelt und sieht darin ein "deutliches Signal der Wertschätzung" in die Truppe hinein. "Wir wissen, dass ohne das beste Personal die beste Ausrüstung wertlos ist", so Haase. Der FDP-Abgeordnete Jens Teutrine sieht in dem Sondervermögen nicht nur eine "sicherheitspolitische Notwendigkeit", sondern auch eine "Frage des Respekts" gegenüber den Soldatinnen und Soldaten. Sein FDP-Kollege Frank Schäffler ist der Meinung, dass die Lage eine "schnelle Ertüchtigung" der Bundeswehr erfordere. Und Christian Sauter (FDP) spricht von einem "historischen Schritt" und einer richtigen Reaktion auf die veränderte sicherheitspolitische Lage.

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