So geht es mit der NRW-Windkraft weiter

Düsseldorf. Eines ist klar: In NRW wird es in Zukunft viel mehr Windkraftanlagen geben. Darin sind sich die vier großen Parteien einig. Sie unterscheiden sich aber bei der Frage, wie nah die Anlagen an Wohnhäuser gebaut werden und wie viele von ihnen wo im Wald gebaut werden sollen. Aktuelle Pläne der Bundesregierung heizen das Thema an. Aktuelle Lage Derzeit liefern rund 3.600 Windkraftanlagen in NRW ungefähr sechs Gigawatt Energie; die Leistung soll bis 2030 auf 12 Gigawatt verdoppelt werden. So sieht es ein Plan der aktuellen Landesregierung aus CDU und FDP vor. &bdquo;Das sind also durchschnittlich 100 bis 120 neue leistungsstarke Windräder pro Jahr in NRW“, erklärt NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Doch es könnten wesentlich mehr werden. Der Grund: Es ist gut möglich, dass nach der Wahl am 15. Mai die Grünen den Ton im Wirtschafts- und Klimabereich angeben werden, da die Partei mit großer Sicherheit Teil der nächsten Regierung werden wird – und bereits mit dem Wirtschafts- und Klimaministerium liebäugelt. Die Grünen wollen in fünf Jahren mindestens 1.000 neue Anlagen bauen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden in NRW 83 neue Windenergieanlagen errichtet, mit einer Leistung von 331 Megawatt. Auch die SPD fordert seit Monaten einen &bdquo;Booster für den Windkraftausbau“. Sie fordert rund 200 neue Windräder pro Jahr in NRW, um die Ziele zu erreichen. Aktuell stehen allein im Kreis Paderborn 533 Windkraftanlagen mit einer Leistung von rund 1 Gigawatt. Abstandsregel SPD und Grüne wollen die umstrittene 1.000 Meter-Abstandsregel zu Wohnhäusern unverzüglich abschaffen, da sie den dringend nötigen Windkraft-Ausbau blockiere. Laut Medienberichten plant derzeit auch die Bundesregierung, den Ländern die Möglichkeit zu nehmen, künftig Abstandsregeln einzuführen. Aktuelle Regeln sollen aber vorerst weiter gelten. CDU und FDP in NRW hatten das Abstandsgesetz vergangenes Jahr eingebracht, um die Akzeptanz zu erhöhen. Kritik der Ministerin &bdquo;Diese Regel gibt es nur, weil in Teilen von NRW die Interessen von Menschen nicht berücksichtigt wurden, sonst bräuchten wir die nicht“, sagt NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) dieser Zeitung. In OWL sei der Windkraft-Ausbau jahrelang &bdquo;übertrieben“ und rücksichtlos“ durchgesetzt worden, so Scharrenbach. &bdquo;Dort wird den Menschen der Raum genommen zu gestalten.“ Das Land brauche Platz für Windenergie und Wohngebiete. Die Abstandsregel schaffe Akzeptanz, ohne die der Ausbau der Windkraft nicht möglich sei. Scharrenbach wirft Grünen und SPD vor, ihre Pläne aus dem &bdquo;städtischen Raum“ heraus zu formulieren. &bdquo;Sie müssen nicht den ländlichen Raum belehren.“ Scharrenbach fordert mehr Respekt vor den ländlichen Regionen und deren Anliegen. Die Ministerin glaubt, dass die Windkraft bei einem Wegfall der 1.000 Meter-Abstandsregel vor allem in ohnehin stark betroffenen Regionen wie OWL &bdquo;weiter massiv ausgebaut“ werde. Windkraft im Wald Fest steht auch: In Wäldern in NRW werden künftig mehr Windräder stehen. Bis Ende 2020 wurden dort 93 Anlagen errichtet. Künftig sollen vor allem auf Kalamitätsflächen neue Anlagen dazu kommen. Dabei handelt es sich um Flächen, die durch Dürre, Stürme und Borkenkäfer zerstört wurden. Laut Pinkwart handelt es sich dabei um rund 110.000 Hektar Wald. &bdquo;Wir können etwa 9.000 Hektar dieser Flächen befristet für Windenergieanlagen nutzen.“ CDU, FDP, SPD und Grüne wollen diese Waldflächen für Windkraft nutzen; doch SPD und Grüne gehen noch einen Schritt weiter. Die Grünen wollen auch landeseigene (nicht zerstörte) Forstflächen offensiv vermarkten, damit Bürgerinnen und Bürger dort in Windkraft investieren könnten. &bdquo;Auch da ist es in unseren Augen möglich, Windenergie zu nutzen“, sagt die umweltpolitische Sprecherin Wibke Brems aus Gütersloh. Auch die SPD spricht sich für Windkraft auf Kalamitätsflächen und auf weiteren Forstflächen aus – wie in Wirtschaftswäldern und in Monokulturen, so ein Sprecher. CDU-Ministerin Scharrenbach fordert, in einem ersten Schritt zunächst nur Kalamitätsflächen zu nutzen, &bdquo;bevor man bereits zum zweiten oder dritten ansetzt.“ Weitere Pläne Die CDU möchte stattdessen vor allem mehr Windräder an Autobahnen und Schienenwegen bauen. Das ist bislang verboten; es müsste zunächst das Bundesrecht geändert werden, fordert Scharrenbach. Die Ministerin spricht sich auch für mehr Windkraft an Gewerbegebieten aus. Sie fordert, dass die Bundesländer selber entscheiden können, wie sie ihren Energiemix bereitstellen. Es gebe in NRW mit Wind, Sonne, Geothermie, Wasserstoff und Biomasse fünf Varianten. &bdquo;Wir sollten alle von ihnen stärker nutzen, anstatt über Flächenziele und Abstandsregeln zu streiten.“ Vorgaben zu Energiemengen machten mehr Sinn als starre Flächenziele. Pinkwart will bis 2035 zudem bis zu acht Gigawatt Energie durch Offshore-Wind von den Küstengebieten nach NRW holen. Ausblick Der Windkraft-Ausbau wird in NRW so oder so massiv zunehmen. Wie stark und in welcher Form, dürfte davon abhängen, welche Parteien nach der Wahl die Regierung bilden werden – und wer sich in Koalitionsgesprächen mit seinen Forderungen durchsetzt.

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