„So schmerzhaft“: Wie Ukrainer in Bielefeld um Familien und Freunde bangen

Drei kleine Worte blinken am Donnerstagmorgen auf Olena Turows Handy auf: &bdquo;Jetzt ist Krieg“, schreibt ihre Schwester. Und obwohl die Ukrainerin seit Tagen das Geschehen in ihrem Heimatland verfolgt, steht sie vollkommen unter Schock. Auch Nadiya Romanova und Yaroslav Zhuravlov verbringen den gesamten Donnerstag in diesem Zustand. Alle drei sind in Bielefeld. In Sicherheit. Aber sie bangen um ihre Angehörigen, ihre Freunde. Was sie noch eint: Eine unbändige Wut auf den Mann, der ihr Land in den Krieg gezwungen hat.Seit vier Uhr morgens sitzt Yaroslav Zhuravlov permanent am Laptop. Er schreibt mit seiner Mutter, seiner Schwester, den Angehörigen seiner Frau, vergewissert sich, dass es allen gut geht. Seit einigen Wochen arbeitet er im Rahmen eines Forschungspraktikums an der Uni Bielefeld, verfolgte zunehmend besorgt die Entwicklungen zuhause. Und entschied vor zehn Tagen, seine Frau und seine beiden kleinen Töchter, zwei und vier Jahre alt, nach Deutschland zu holen. &bdquo;Wir wollten es bis zum Schluss eigentlich nicht glauben, nicht wahrhaben, dass Putin wirklich in die Ukraine einmarschieren wird.“Nun ist der Schock groß. Zhuravlovs Mutter versteckt sich aktuell in einem Keller in ihrem Dorf in der Region Vinnysia, nahe Kiew. Seine Schwester ist mit ihrem Mann und ihrem Kind auf der Flucht, unterwegs zur westlichen Grenze. &bdquo;Sie wissen aber nicht, wo sie hingehen können.“Auch Nadiya Romanova ist in großer Sorge um ihre Freunde in Kiew. &bdquo;Ich habe mittlerweile mit vielen von ihnen sprechen können“, sagt sie und bricht während des Gesprächs immer wieder in Tränen aus. &bdquo;Die Lage dort ist bereits sehr angespannt, es gibt weder Geld an den Automaten, Überweisungen sind auch nicht möglich. In ganz Kiew ist am Donnerstagmorgen ein großes Verkehrschaos ausgebrochen, weil viele Menschen geflohen sind.“ Für die Freunde von Romanova aber ist klar: &bdquo;Sie werden nicht gehen. Sie wollen bleiben und für ihr Land einstehen, die Regierung unterstützen. Flucht kommt für sie nicht in Frage.“Olena Turows Mutter und Großmutter leben im Westen der Ukraine. &bdquo;Sie haben die vergangenen Wochen vorgesorgt, Lebensmittel gebunkert. Ich hoffe, dass sie erstmal zurechtkommen, immerhin leben sie in einem Haus, können sich umeinander kümmern.“Doch nicht nur Sorge und Angst spielen eine Rolle bei den drei gebürtigen Ukrainern. Auch die Wut auf Putin und der Stolz auf ihr Heimatland stehen im Vordergrund. &bdquo;Es ist so unvorstellbar, was ein einziger Mensch, ein machtbesessener Wahnsinniger, anrichten kann“, sagt Olena Turow. &bdquo;Ich kenne keinen Krieg, ich habe Glück gehabt. Aber die Vorstellung, dass er jetzt meine Heimat zerstören wird, ist so schmerzhaft.“Nadiya Romanova fehlt vor allem das Vertrauen, dass die Ukraine Hilfe bekommen wird. &bdquo;Ich glaube nicht mehr an den Westen. Es ist nichts passiert bei der Annektierung der Krim – warum sollte das jetzt anders sein?“ Yaroslav Zhuravlov sieht das anders. &bdquo;Mein Land und die Armee brauchen jede Unterstützung, die sie bekommen können. Und wenn es nur 5.000 Helme sind, wie sie Deutschland an die Ukraine geliefert hat – wir sind dankbar für alles.“ Vor allem aber ist Zhuravlov gerührt über die Anteilnahme seiner Kollegen. &bdquo;Ich habe viele Mails bekommen aus verschiedenen Ländern. Viele Kollegen hier in Deutschland bieten mir Hilfe und Unterstützung an und dafür bin ich sehr dankbar.“Olena Turow hat sich außerdem entschieden, aktiv zu werden und für den Frieden in ihrer Heimat auf die Straße zu gehen. Gemeinsam mit anderen Ukrainern hat sie eine Friedensdemonstration organisiert. Sie startet am Freitag, 25. Februar, um 16 Uhr vor dem Bielefelder Rathaus. Liveblog: Krieg in der Ukraine

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