Blick auf die Landtagswahl Habeck zu NRW-Grünen: "Leute, gewinnt diese Wahl!“

Düsseldorf. Im Sommer tourte Annalena Baerbock durchs Land, um für sich als neue Grünen-Bundeskanzlerin zu werben. Dann folgten ein Absturz in den Umfragen und ein Wahlergebnis von 15 Prozent, welches die Partei zurück in die Realität holte. Das scheint sich bis heute auch auf die Stimmung im NRW-Landesverband auszuwirken. Fünf Monate vor der Landtagswahl scheuen sich die Mitglieder davor, öffentlich nach dem Regierungsamt zu greifen. Das war zu Jahresbeginn anders. &bdquo;Wir greifen nach der Macht", sagte die Landesparteichefin und Spitzenkandidatin Mona Neubaur noch im April. Der Co-Vorsitzende Felix Banaszak kündigte zu Jahresbeginn an, im Bund und in NRW das &bdquo;Rennen um Platz 1" zu eröffnen. Heute formulieren es beide defensiver. Ziel sei es, die nächste Regierung in NRW &bdquo;entscheidend zu prägen", sagten Banaszak und Neubaur am Freitag beim digitalen Parteitag der NRW-Grünen. &bdquo;Wir gehen voller Demut in diesen Wahlkampf", sagte Neubaur bereits vor einigen Wochen bei der Vorstellung des Wahlprogramms. Damals wich sich mehrfach der Nachfrage aus, ob sie antrete, um Ministerpräsidentin zu werden. Grüne Bescheidenheit im Winter 2021. Da überraschten die Worte von Vizekanzler Robert Habeck, der am Freitag per Grußwort zugeschaltet wurde, umso mehr: &bdquo;Was ich eigentlich sagen will ist: Leute, gewinnt diese Wahl!" Man sei im Bund nun Teil der Regierung: &bdquo;Jetzt seid Ihr dran. Macht das Beste draus", sagte der neue Klima- und Wirtschaftsminister Habeck, der sich in seiner Rede auch prompt staatstragender gab, als in vergangenen Ansprachen. Gute Chancen auf Regierungsbildung Fünf Monate vor der Wahl haben die Grünen in NRW tatsächlich gute Chancen, Teil der nächsten Landesregierung zu werden. Eine jüngste Umfrage von Infratest dimap Ende Oktober attestierte SPD (31 Prozent) und Grünen (17) eine Mehrheit. Auch eine Ampel-Koalition mit der FDP (13) gilt im politischen Düsseldorf inzwischen als mögliches Modell. Allerdings rutschten die Grünen nach der Bundestagswahl auch in NRW in Zustimmungswerten deutlich ab; während sie im April mit 26 Prozent noch knapp hinter der CDU an der Spitze lagen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Grünen bei den Kommunalwahlen 2020 mit 20 Prozent klar das beste Ergebnis ihrer Geschichte in NRW erzielt haben, dass sie in Städten wie Köln und Aachen stärkste Kraft wurden und dass der Landesverband in den vergangenen Jahren einen regelrechten Mitglieder-Boom erlebt hat. Inzwischen zählt er 25.000 Mitglieder. Insofern gilt es einige Wochen nach der Bundestagswahl, deren Ergebnis immer auch auf die Stimmung in den Ländern ausstrahlt, noch nicht als ausgemacht, dass es auch bei den Landtagswahlen in NRW allein auf einen Zweikampf zwischen CDU und SPD hinauslaufen muss. Mona Neubaur wurde am Freitagabend mit 82,3 Prozent als Spitzenkandidatin für die NRW-Wahl bestätigt. Die 44-Jährige steht dem Landesverband seit sieben Jahren vor. Sie ist in der Nähe von Augsburg geboren, lebt seit 20 Jahren in Düsseldorf und ist studierte Diplom-Pädagogin. Über Parlaments- und Regierungserfahrung verfügt sie bislang nicht. Auf dem digitalen Parteitag formulierte sie eine konkrete Vorstellung von dem, was die Grünen als Teil einer neuen Landesregierung auf den Weg bringen wollen. Wahlalter auf 16 absenken Die NRW-Grünen wollen &bdquo;Solar auf jedes Dach" und 200 Windkraftanlagen pro Jahr realisieren. &bdquo;Damit schaffen wir Arbeitsplätze und Einnahmen für die Kommunen, damit sie in öffentliche Orte investieren können", so Neubaur. Weitere Ziele: Glasfaser bis 2030 an &bdquo;jeder Haustür", ein ökologisches Kantinenprogramm, mit dem man &bdquo;Genuss und Artenvielfalt auf jeden Tisch" bringe. Die Partei will massiv in Bus, Bahn und Schiene investieren und sichere Radwege bauen. Man wolle garantieren, dass von 5.30 bis 22.30 Uhr jeder Bürger verlässlich &bdquo;von A nach B" komme – in der Stadt und auf dem Land. Die Grünen wollen in Schulen in benachteiligten Stadtteilen investieren, ebenso in Jugendzentren und Schwimmbäder. Sie wollen die Betreuung von Kitas und Grundschulen ausweiten, ein landesweites Azubi-Ticket sowie Bürgerräte einführen und das Wahlalter auf 16 Jahre absenken. &bdquo;Wir wollen uns auf Augenhöhe begegnen. Das ist doch das, was wir so vermissen in NRW", so Neubaur. Der Landesverband spricht sich zudem für mehr Carsharing im ländlichen Raum und mehr Schnellbuslinien aus. Zudem solle es mehr Modellprojekte für Tempo 30 in den Städten und mehr Lärmschutz an Flughäfen geben. Der öffentliche Fuhrpark soll bis 2030 auf Elektromobilität beziehungsweise Wasserstoff umgestellt werden. Ideen haben die Grünen also genug, wenngleich davon nicht mehr alle exklusiv sind, da auch andere Parteien inzwischen ähnliche Pläne formulieren. &bdquo;Wir werden hart dafür malochen, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen", so Neubaur.

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