Wäre Karl Lauterbach ein guter Gesundheitsminister, Herr Kutschaty?

Herr Kutschaty, braucht es in NRW schärfere Corona-Einschränkungen?Thomas Kutschaty: Ich hoffe sehr darauf, dass 2G und 3G am Arbeitsplatz zu mehr Sicherheit beitragen werden. Wenn das aber nicht hilft, sind weitere Maßnahmen nicht auszuschließen. Das Problem sind die vielen Kontakte zurzeit. Die Infektionszahlen klettern immer weiter nach oben, die Krankenhäuser kommen an ihre Grenzen. Ich kann nur an alle appellieren: Schränken Sie bitte Ihre Kontakte ein. Und lassen Sie sich impfen. Die Booster-Impfungen liefen auch in NRW schleppend an. Was würden Sie anders machen?Es war ein katastrophaler Fehler, die Impfzentren aus Kostengründen zu schließen. Darauf haben wir immer wieder hingewiesen. Offenbar stand nicht der Mensch, sondern das Geld im Mittelpunkt. Das war falsch. Jeder Euro hätte uns das wert sein müssen. Jetzt muss dringend System in die Booster-Kampagne kommen. Kita-Personal und Lehrkräfte brauchen schnell eine Auffrischung, auch für Senioreneinrichtungen und Pflegebedürftige muss die dritte Impfung zentraler organisiert werden, zum Beispiel durch flächendeckende Impfmobile. Die sollten auch an Schulen zum Einsatz kommen. So können wir die Kinderärzte entlasten, wenn die Impfung für 6-12-Jährige losgeht. Wer soll die neuen Regeln wie 2G künftig kontrollieren?Klar ist: Das können die Ordnungsämter nicht allein machen. Dazu brauchen sie Unterstützung von Land und Bund. Wir haben Personal in den Landes- und Bundesverwaltungen. Da müssen wir jetzt Prioritäten setzen. Auch die Polizei kann helfen. Ministerpräsident Hendrik Wüst kritisiert die SPD im Bund für das lange Zögern in der Corona-Pandemie. Hat er Recht?Hendrik Wüst hätte für NRW weitere Möglichkeiten, um Kontakte zu beschränken, wenn 2G und 2G+ nicht reichen. Dafür hätte er diese Woche im Landtag einen Antrag stellen und beschließen lassen müssen. Das hat er aber nicht getan. Das war schlecht und unehrlich und macht deutlich, dass sein Fingerzeig nach Berlin nur parteitaktisches Getöse war, um gegen die Ampel zu wettern. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?Er hat sich unserer Fraktion vor seiner Ernennung vorgestellt. Danach habe ich von ihm persönlich nichts mehr gehört. Ich frage mich auch, wo er überhaupt ist. Wir haben in NRW zurzeit fast 10.000 Neuinfektionen täglich. Aber seit den Bund-Länder-Beschlüssen ist es still um Hendrik Wüst geworden. Auch in der Landtagsdebatte am Mittwoch war kein Wort von ihm zur aktuellen Corona-Lage zu hören. Das ist schlecht für unser Land. Wie bewerten Sie die Ministerien-Verteilung der Ampel-Koalition?Die drei Parteien sind wegen ihrer thematischen Schwerpunkte gewählt worden. Deshalb ist es klug und richtig, dass sie nun entsprechend Verantwortung übernehmen. Arbeit und Soziales, Gesundheits- und Wohnungspolitik – das sind doch Kernanliegen der SPD. Ich bin deshalb mit der Verteilung der Ministerien sehr zufrieden. Wird NRW mit einem Minister oder einer Ministerin vertreten sein – wie zum Beispiel der bisherigen Umweltministerin Svenja Schulze?Olaf Scholz und die Parteichefs werden ein gutes Regierungsteam zusammenstellen, das natürlich auch die Interessen der Menschen in NRW vertritt. Dazu befinden wir uns in gemeinsamen Gesprächen. Wäre Karl Lauterbach ein guter Gesundheitsminister?Die Beiden, die Sie jetzt genannt haben, kommen natürlich für die Besetzung der Ministerien in Frage. Ich bin froh, dass wir so viele hervorragende Persönlichkeiten in der nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie haben. Sie wollen Parteivize in der Bundes-SPD werden. Warum?Es ist gut, wenn auch eine starke landespolitische Stimme in der Spitze der SPD-Bundespolitik vertreten ist. Mein Anliegen ist es, dass Länderinteressen berücksichtigt werden, zum Beispiel bei der Bildungsgerechtigkeit und dem Klimaumstieg der Industrie. Kein anderes Land ist davon so stark betroffen wie NRW. Da muss sich auch eine Partei klar positionieren. Darin sehe ich meine Aufgabe. Wie wird sich die Arbeit der Ampel-Koalition auf die NRW-Landtagswahl im Mai auswirken?12 Euro Mindestlohn, Kindergrundsicherung und geringere Energiekosten – im Koalitionsvertrag stehen viele Ziele drin, die den Alltag in Nordrhein-Westfalen besser machen. Die Umsetzung hilft uns im Landtagswahlkampf – ganz klar.Das Interview führte Ingo Kalischek

Meistgelesen