
Das Land hält Wort. NRW greift seinen Städten und Gemeinden unter die Arme – und hilft ihnen bei der Schuldentilgung. Zumindest denen, die es besonders hart trifft. Sie sollen wieder mehr Luft zum Atmen bekommen, wenigstens ein bisschen. Das ist in diesen Zeiten nicht selbstverständlich. Denn Geld fehlt auch auf Landesebene. CDU und Grüne setzen somit das um, was viele Regierungen vor ihnen versäumt haben. Respekt.
Doch der Einstieg in die gesetzliche Altschulden-Regelung des Landes ist im wahrsten Sinne des Wortes nur die halbe Miete. Der Bund soll die andere Hälfte zahlen. In diesem Fall: rund 7,5 Milliarden Euro. Das ist sehr viel Geld. Verständlich, dass Politiker in Berlin da erst mal keine Eile haben – und die Mittel lieber für andere Projekte ausgeben wollen. Das gilt zum Beispiel auch für die ach so stolzen Bayern. Die fragen sich: Warum sollen wir für die Probleme des Ruhrgebiets aufkommen?
Genau hier kommt Hendrik Wüst ins Spiel. Der NRW-Ministerpräsident wirbt seit rund zwei Jahren öffentlich für eine Altschulden-Hilfe des Bundes – erfolglos. Bislang konnte er die ungeliebte Ampel dafür heftig kritisieren. Jetzt wird die Sache für Wüst etwas heikler. Ausgerechnet der Sauerländer Friedrich Merz wird bald im Kanzleramt sitzen. Da dürfte es doch für Wüst eigentlich ein Leichtes sein, seinen „Parteifreund“ von einer Milliarden-Geldspritze für die klammen NRW-Kommunen zu überzeugen, oder?
„Bedeutender Tag“: NRW startet Entschuldung der Städte und Gemeinden
Warum sollte Markus Söder Hendrik Wüst hier helfen?
Natürlich ist das nicht so. Merz hat bislang nicht öffentlich erkennen lassen, sich hier zu bewegen. Das gilt umso mehr für Wüsts internen Widersacher um eine künftige Merz-Nachfolge: Markus Söder. Unwahrscheinlich, dass ausgerechnet Söder Wüst hier den Rücken stärken wird. Tenor: „Das muss der liebe Hendrik schon alleine wuppen.“ Wüst bräuchte aber die Zustimmung der Länder. Die CDU in NRW steht jetzt vor dem Drahtseilakt, einerseits immer wieder die Beteiligung des Bundes einzufordern; und andererseits nicht zu scharf und fordernd daherzukommen, um die eigene Partei nicht öffentlich zu beschädigen.
Meinung: Überlastung der Kommunen erschüttert Vertrauen in den Staat
Das zeigte sich jetzt schon an der gemäßigten Tonlage von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU), die auf Kritik am „Bund“ erstmals verzichtete. Ihren Ausführungen war auch zu entnehmen, dass man jetzt wohl am großen Rad drehen wird. Berlin wolle grundlegend die Frage klären, wie die Aufgaben- und Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen ausgerichtet werden soll. Genau das hatte Merz auch im Wahlkampf angekündigt.
Das ist durchaus sinnvoll. Doch nach einem längst überfälligen Durchbruch bei der Altschulden-Regelung hört sich das nicht an. Wenn der Bund – also CDU und SPD - auch weiterhin taktieren und sich verweigern, wird das den Ruf des „Brückenbauers“ Wüst schwächen. Denn der müsste sich dann eingestehen, bei dieser wichtigen Frage für die NRW-Kommunen selbst seinen eigenen Laden nicht überzeugen und bewegen zu können.
Ampel: CDU und NRW blockieren Altschulden-Lösung
Doch zurück zu den wahren Sorgen. Zur Wahrheit gehört: Auch eine vollständige Entschuldung klammer Kommunen in NRW durch Bund und Land würde die Situation nicht exorbitant verbessern. Die Probleme der Städte und Gemeinden sind vielschichtiger. Wenn die sich etwas wünschen dürften, dann wohl das: weniger Aufgaben durch den Bund, mehr Personal und eine höhere Grundfinanzierung. Mit einer einmaligen Entschuldung wird es - leider - nicht getan sein.