Spannung vor dem Urnengang - wie sind die Chancen der OWL-Kandidaten?

Bielefeld. &bdquo;Diese Wahl wird die spannendste Wahl seit 2005." Das sagt der Bielefelder Soziologe und Spezialist für vergleichende Politikwissenschaften, Ulf Kemper, vor dem Urnengang am 26. September. Die Wählerinnen und Wähler in Ostwestfalen-Lippe geben ihre Stimme bei der Bundestagswahl in insgesamt sieben Wahlkreisen ab. Wer wird diese Mandate direkt gewinnen, wo gibt es weitere prominente Kandidaten? Darüber sprachen wir mit Kemper. Hier ein Rundgang durch die OWL-Wahlkreise. Wahlkreis 131Ralph Brinkhaus, seines Zeichens Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gilt sicher als Favorit im Wahlkreis Gütersloh I. Er gewann diesen im Jahr 2017 mit 46,6 Prozent der Erststimmen direkt, gefolgt von Elvan Korkmaz-Emre (SPD) mit 28,0 Prozent. Beide zogen in den Bundestag ein. Korkmaz-Emre hofft, den Abstand diesmal signifikant verkürzen zu können. Kempers Prognose aufgrund jüngster Erhebungen: &bdquo;Aufgrund des Abstands und der Bekanntheit seiner Person wird Brinkhaus deutlich gewinnen." Wahlkreis 132Ein knappes Rennen gab es vor vier Jahren im Wahlkreis 132 Bielefeld-Gütersloh II, den Wiebke Esdar (SPD) mit 33,2 Prozent der Erststimmen direkt für sich gewinnen konnte. Die Bundestagsabgeordnete hofft diesmal auf ein klareres Ergebnis, zumal Gegenkandidatin Angelika Westerwelle nicht die Bekanntheit haben dürfte wie die streitbare Sozialpolitikerin. Davon geht Kemper aktuell auch aus: &bdquo;Ich rechne damit, dass Esdar gewinnt. In den Städten gibt es ein Stimmenreservoire der SPD." Zudem ist in diesem Wahlkreis auch Britta Haßelmann zu beachten. &bdquo;Frau Haßelmann dürfte im Wahlkreis Bielefeld ihr Erststimmenergebnis gegenüber 2017 verbessern", sagt Kemper. Seinerzeit entfielen auf sie 9,6 Prozent der Erststimmen. Zwar sei ein Direktgewinn des Wahlkreises &bdquo;nicht wahrscheinlich", doch aufgrund ihres &bdquo;absolut sicheren Listenplatzes 1" werde sie erneut &bdquo;ganz sicher dem Deutschen Bundestag angehören". Das trifft auf den Kandidaten der Linkspartei, Friedrich Straetmanns, Justiziar der Bundestagsfraktion seiner Partei, nach Kempers Analyse, nicht in gleichem Maße zu. &bdquo;Straetmanns besetzt mit Listenplatz 10 der NRW-Linken einen unsicheren Listenplatz. Er ist ein Wackelkandidat", so Kemper. 2017 habe sein Listenplatz 12 gerade ausgereicht, um in den Bundestag einzuziehen. Damals holte Straetmanns 9 Prozent der Erststimmen. Diesmal steht Straetmanns auf Platz 10 der Landesliste, die Prognosen sehen seine Partei bundesweit derzeit aber nur bei 6 Prozent. Wahlkreis 133Der Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze (SPD), vor vier Jahren mit 36,7 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis Herford-Minden-Lübbecke II knapp vor CDU-Mann Tim Ostermann, setzt diesmal auf einen klareren Sieg gegen Konkurrent Joachim Ebmeyer. Kemper schließt aus dem Trend in den jüngsten Wochen, dass dieser Wahlkreis &bdquo;relativ sicher für die SPD" ist. Ein Sieg Ebmeyers wäre für ihn deshalb auch eine Überraschung. Wahlkreis 134Achim Post, SPD-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender seiner Fraktion, ist der Topkandidat im Wahlkreis Minden-Lübbecke I. Er gewann diesen 2017 mit 37,4 Prozent der Erststimmen gegen Oliver Vogt (CDU, 35,5). Das Duell erlebt in diesem Jahr eine Neuauflage. Kemper sieht hier Post ebenfalls im Vorteil. &bdquo;Das müsste für Post eigentlich reichen." Dafür spreche auch der Amtsbonus Posts. Zu den Direktkandidaten in diesem Wahlkreis zählt auch der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler (FDP), der Bezirksvorsitzender seiner Partei in Ostwestfalen-Lippe ist. Kempers Prognose: &bdquo;Mit Listenplatz 10 sicherte er sich einen aussichtsreichen Listenplatz auf der Landesliste, der für den Wiedereinzug in den Bundestag ausreichen wird." Ob er allerdings im Wahlkreis 134 den dritten Platz bei den Erststimmen gegen die grüne Konkurrenz verteidigen könne, sei aufgrund der Erhebungen &bdquo;fraglich". Seine Prominenz werde &bdquo;sich aber in einem überdurchschnittlichen Wahlergebnis für ihn und die FDP niederschlagen", analysiert Kemper. Wahlkreis 135Mit großer Spannung wird das Ergebnis im Wahlkreis Lippe I erwartet, der neu zugeschnitten wurde. Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge (CDU), 2017 mit 36,6 Prozent der Erststimmen vor Henning Welslau (SPD, 32,1) muss sich hier dem ambitionierten Herausforderer Jürgen Berghahn stellen. Der Sozialdemokrat hat sich vorgenommen, den Wahlkreis für die SPD zurückzugewinnen. Aktuelle Prognosen für die Wahlkreise sehen Berghahn laut Kemper auch knapp in Führung. &bdquo;Die strukturellen Daten zeigen, dass er eine gute Chance hat. Dieser Wahlkreis kann wirklich eng werden", so Kemper. "Es gibt immer mehr Wechselwähler" Wahlkreis 136Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase stellt sich im neu geordneten Wahlkreis Höxter – Gütersloh III – Lippe II wieder dem Wählervotum und gilt als Favorit. Vor vier Jahren gewann Haase den Wahlkreis mit 44,3 Prozent der Stimmen direkt. Gegenkandidat des SPD ist hier Ulrich Kros. Kemper geht von einem &bdquo;deutlichen Vorsprung für Haase" aus, wenn er die Trends ansieht. Wahlkreis 137An Carsten Linnemann dürfte auch diesmal im Wahlkreis Paderborn kein Weg vorbei führen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU gewann diesen 2017 mit satten 53,3 Prozent Erststimmen vor SPD-Herausforderer Burkhard Blienert (19,9), der sich dieser Herausforderung nun erneut stellt. &bdquo;Dass die CDU in Paderborn gewinnt, ist so sicher wie das Amen in der Kirche", schließt Kemper aus den aktuellen Umfragen und der Tatsache, dass dieser Wahlkreis strukturell noch immer zugunsten der CDU geprägt sei. Allerdings lohnt es sich aus Sicht Kempers für alle Kandidatinnen und Kandidaten, bis zum letzten Tag um Stimmen zu kämpfen: &bdquo;Es gibt immer mehr Wechselwähler. Die entscheiden sich oft erst in den Tagen vor der Wahl." In Stein gemeißelt sind die Ergebnisse allen Prognosen und Trends zum Trotz erst am Abend des 26. September. Wählen gehen macht also Sinn. Es könnte hier und da einen längeren Wahlabend geben.

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