Wie die Briefwahl das Rennen ums Kanzleramt verändert

Düsseldorf. Bis zur Bundestagswahl sind es noch vier Wochen. Doch bereits jetzt registrieren die Städte und Gemeinden in NRW einen regelrechten Nachfrageboom bei der Briefwahl. In einigen Kommunen haben sich binnen einer Woche schon so viele Menschen gemeldet wie bei der gesamten Bundestagswahl 2017, heißt es vom Städte-und Gemeindebund NRW gegenüber dieser Zeitung. Das bleibt nicht ohne Folgen für den Wahlkampf der Parteien. Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte-und Gemeindebunds NRW, geht davon aus, dass jeder Zweite auf die Briefwahl zurückgreifen wird. &bdquo;Das wäre ein gewaltiger Schub, bei der vergangenen Bundestagswahl lag der Anteil noch bei 28 Prozent", so Ruthemeyer. Das spreche deutlich für einen neuen Briefwahl-Rekord. Viele Menschen scheuten wegen der Corona-Pandemie den Gang ins Wahllokal, zudem würden die Parteien sehr offensiv dafür werben, schon jetzt die Stimme abzugeben. Die Folge: &bdquo;Die heiße Phase des Wahlkampfs hat bereits jetzt begonnen", sagt Uwe Jun, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Trier. Das sei ein grundlegender Unterschied zu vergangenen Wahlen, bei denen die letzten ein bis zwei Wochen vor dem Urnengang als entscheidend galten. Diesmal aber handele es sich vielmehr um eine Phase von einem Monat, weil es keinen Wahltag mehr gibt, bestätigt Martin Koch, Politikwissenschaftler an der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. Bürger könnten ihre Stimme durch die Briefwahl jederzeit abgeben. "Die Politiker müssen jetzt liefern" Für die Parteien und ihre Kandidaten sei es deshalb wichtig, ihre Themen, Konzepte und Ideen nun zu setzen – und damit nicht länger zu warten. &bdquo;Die Politiker müssen jetzt liefern", so Jun. Genau das sei aktuell auch zu beobachten, sagt der Politikwissenschaftler und führt als Beispiel den am Montag vorgestellten 15-Punkte-Plan der Union an. Die Bedeutung der Briefwahl zeigt sich laut Martin Koch auch daran, dass viele Wahlkampfveranstaltungen nicht mehr erst in der letzten Woche stattfinden, sondern deutlich vorgezogen wurden. Beide Experten gehen ebenfalls davon aus, dass der Anteil der Briefwähler auf bis zu 50 Prozent steigen wird. In der Vergangenheit hätten viele Briefwähler ihre Unterlagen nach wenigen Tagen abgeschickt. Ist der Wahlkampf vier Wochen vor der Wahl also im Prinzip schon gelaufen? Diese Frage sei nicht leicht zu beantworten, sagt Norbert Kersting von der Universität Münster. Der Professor für Vergleichende Politikwissenschaft-, Kommunal- und Regionalpolitik geht davon aus, dass sich auch viele Briefwähler aktuell noch nicht entschieden haben. Das Beantragen der Wahlunterlagen müsse nicht automatisch bedeuten, dass jeder Empfänger auch prompt sein Kreuz setze und die Unterlagen sofort wieder abschicke, sagt Kersting. Er erwartet, dass sich einige Briefwähler mit ihrer Entscheidung noch ein bis zwei Wochen Zeit lassen werden. Grund sei die Wechselstimmung im Land. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger entgegen ihrer Gewohnheit bei dieser Wahl eine andere Partei wählten, sei noch nie so hoch gewesen wie in diesem Jahr, so Kersting. &bdquo;Wer schon jetzt wählt, hat keine Möglichkeit mehr, sich spontan umzuentscheiden." "Wir brauchen mehr Wahlhelfer" Bislang haben vor allem Stammwähler von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht, also Bürger, für die die Wahlentscheidung ohnehin schon länger feststeht. Laut Jun und Koch haben davon vor allem CDU, Grüne und FDP profitiert. Ob diesmal unter den Briefwählern erneut viele Stammwähler sein werden, ist in den Augen der Experten nicht sicher. Laut Städte- und Gemeindebund erhöht die starke Briefwahl-Nachfrage den Aufwand um ein Vielfaches. Tausende Anträge müssten zusätzlich bearbeitet und beantwortet werden. &bdquo;Zudem brauchen wir mehr Wahlhelfer. Viele Kommunen haben die Zahl der Briefwahlvorstände deutlich erhöht, zum Teil sogar verdoppelt", so Ruthemeyer. Trotz steigender Corona-Zahlen müsse niemand Sorge haben, seine Stimme im Wahllokal abzugeben. &bdquo;Die Kommunen achten auf den Infektionsschutz", so Ruthemeyer. !function(){"use strict";window.addEventListener("message",(function(e){if(void 0!==e.data["datawrapper-height"]){var t=document.querySelectorAll("iframe");for(var a in e.data["datawrapper-height"])for(var r=0;r

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