Auslandssemester: Wie Corona das Erlebnis verändert

Bielefeld/Genua. Sie sitzt während des Video-Interviews in einem hellen Apartment. Die blonden Haare sind zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. Durch die Erdtöne wirkt es im Raum warm, und es sieht nach Sommer aus. Er ist während des Interviews im Labor und muss zu Beginn noch eine Maske tragen. Die darf er erst ablegen, wenn er an seinem Arbeitsplatz angekommen ist. Sobald er sitzt, nimmt er die Maske ab, und auch dort scheint die Sonne durch die großen Fenster hinter ihm. Simone Horenkamp und Alexander Vogel sind seit Anfang Januar dieses Jahres für ein Auslandssemester in Genua, Italien. Beide liegen in den letzten Zügen ihrer Masterarbeiten, für die sie über ein Stipendium am Italian Institute of Technology forschen. Die gesamte Zeit ihres Auslandsaufenthalts stand im Zeichen der Corona-Pandemie: Hygiene-Regeln, Ampelsysteme und Ausgangssperren. Vom sonnigen Italien vor ihren Fenstern des Apartments und des Labors haben sie deswegen nicht ganz so viel gesehen. "Andauernd hat sich etwas geändert" Im Sommer 2020 entschieden sich Horenkamp und Vogel für ein gemeinsames Auslandssemester zum Ende des Masterstudiums. "Zu dem Zeitpunkt hatten wir noch das Gefühl, dass die Corona-Situation sich in einem halben Jahr wieder etwas beruhigt haben könnte", sagt die Studentin, die aus Salzkotten kommt. Seit 2015 studieren die beiden an der Universität Bielefeld Biochemie. Kennengelernt hat sich das Paar in den Vorkursen für den Bachelor. Sowohl in Deutschland als auch in Italien erreichten die Corona-Fälle zum Winter einen neuen Höchststand. "Wir haben täglich die Corona-Regeln in Italien gecheckt, andauernd hat sich irgendwas geändert", sagt Simone Horenkamp rückblickend. "Und obwohl organisatorisch eigentlich alles gut funktioniert hat mit den beiden Universitäten, war es kurz vorher eine ganz schöne Hängepartie - schon bei den Quarantäne-Regeln hat uns jeder etwas anderes erzählt", erinnert sich Alexander Vogel. Eine Freundin hatte ihr Auslandssemester zu dem Zeitpunkt schon abgesagt, das kam für sie aber nicht in Frage. Fokus auf die Forschung Am 7. Januar ging der Flieger. Bei beiden überwog die Vorfreude. "Wir hatten die Hoffnung, dass es spätestens zum Frühjahr besser werden würde und uns auch Freunde besuchen können", sagt die Salzkottenerin. In Italien werden die Corona-Maßnahmen über ein Ampelsystem geregelt. Zur Zeit ihrer Ankunft stand die Ampel auf Rot. "Das heißt, es herrschte von Anfang an eine Ausgangssperre ab 22 Uhr, eine generelle Maskenpflicht, sobald man das Haus verlässt, und ohne triftigen Grund durfte man die Stadt nicht verlassen", sagt ihr Freund, der gebürtig aus dem Extertal kommt. Für die Forschungen für ihre Masterarbeiten waren das allerdings keine Hindernisse. Mit einer Maske dürfen sie ins Labor, am Platz darf die Maske abgelegt werden. Die zwischenmenschlichen Beziehungen seien natürlich etwas kurz gekommen. "Man konnte sich nicht gegenseitig besuchen oder mal mit Kommillitonen essen gehen", sagt Horenkamp. "So lag unter der Woche der Fokus auf der Forschung und der Masterarbeit." Einige Kontakte konnten sie trotzdem knüpfen, auch wenn es keine einzige Vorlesung gab. "Anders aber nicht schlecht" Problematisch sei eher die Gestaltung der Wochenenden gewesen. "Wir wollten eigentlich mal nach Mailand oder Frankreich fahren", sagt sie. Dadurch, dass sie die Stadt nicht verlassen durften, stand das aber außer Frage. "Trotzdem haben wir die Wochen, in denen die Ampel auf Gelb stand, ausgenutzt: Wir sind um Genua herum in der Natur gewandert oder waren am Strand", erklärt Vogel. Seit drei Wochen sei sogar die Außengastronomie wieder geöffnet. Anfang Juli endet das Auslandssemester für die beiden. Trotz der vielen Einschränkungen haben sie die Zeit genossen. "Es ist eine andere Erfahrung gewesen, aber definitiv keine schlechte", sagt er. "Wir haben trotzdem viele Eindrücke gesammelt und auch von der italienischen Mentalität, der Draußenkultur, können wir etwas mitnehmen", ergänzt sie. Die beiden sind sich einig, dass sie es immer wieder so machen würden. Denn schon die warmen Temperaturen und die schöne Aussicht mit dem Meer vor der Tür, aber auch die Pistazien-Croissants und das Eis, werden in ihnen in guter Erinnerung bleiben.

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