
Bielefeld. Die Folgen des Klimawandels setzen den Wäldern in Ostwestfalen-Lippe heftig zu. Nachdem Trockenheit sowie der Befall mit Borkenkäfern zu großflächigen Vernichtungen von Wald geführt hat, ist eine Aufforstung mit Baumarten notwendig geworden, die mit den neuen Klimabedingungen besser zurecht kommen.
Doch was jüngst in dieser Hinsicht auf privaten Waldflächen am Sennberg im Bielefelder Bereich des Teutoburger Waldes passiert ist, gefällt dem Naturschutzbund BUND dort gar nicht.
„Vor Monaten wurden hier flächig auf drei Privatwaldflächen abgestorbene Fichten gerodet", berichtet Adalbert Niemeyer-Lüllwitz vom BUND Kreisverband Bielefeld, der auch Mitglied des NRW-Landesvorstandes des BUND ist. „Jetzt wurden die Flächen komplett wieder mit Fichten aufgeforstet", so Niemeyer-Lüllwitz. „Dabei sind sich Forstexperten einig: Die Fichte ist hier im Teuto keine geeignete Zukunftsbaumart."
"Trockenheit und Stürme haben jetzt leichtes Spiel"
Mehr als 90 Prozent aller aktuellen Waldschadensflächen in NRW seien Fichtenflächen, führt der BUND-Experte aus. „Über Generationen hinweg ist diese Nadelbaumart großflächig in Form unnatürlich gleichaltriger Plantagen angebaut worden, obwohl die Art in NRW nicht heimisch ist. Trockenheit und Stürme sowie nachfolgend Borkenkäfer haben jetzt leichtes Spiel", so Niemeyer-Lüllwitz.
Doch es gebe offenbar noch immer Waldbesitzende, „die aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt haben".
Sie forderten staatliche Unterstützung für die Aufforstung. „Diese Förderung wird aber leider nicht von ökologischen Kriterien abhängig gemacht", kritisiert Niemeyer-Lüllwitz. Der BUND-Experte fragt: „Wurden den Waldbesitzern für die Aufforstungen neuer Fichtenplantagen Fördermittel bewilligt?"
"Die Fichte ist nicht mehr der Brotbaum der Forstwirtschaft"
Dazu sagt Michael Blaschke, Sprecher des Landesbetriebs Wald und Holz NRW auf Anfrage von nw.de: „Es gibt für Fichten keine Förderung." Zerstörte Waldflächen mit diesem Baum großflächig aufzuforsten, sei „fachlich aus unserer Sicht völlig falsch". Die Fichte sei „nicht mehr der Brotbaum der Forstwirtschaft in Zukunft", so Blaschke. Doch im Rahmen der Forstgesetze könne jeder private Waldbesitzer mit seinem Forst nach Belieben umgehen, räumt der Sprecher ein.
Das Land NRW habe bei der Aufforstung abgängiger Waldflächen nur begrenzte Einflussmöglichkeiten, so Blaschke. Denn lediglich 13 Prozent der Forstflächen seien in Landesbesitz, rund 60 Prozent hingegen seien Privatwald.
Niemeyer-Lüllwitz fordert eine „ökologische Waldwende". Das bedeute: „Flächige Aufforstungsprogramme sind nicht zielführend", so der BUND-Experte. Leitbild für eine ökologische Waldentwicklung seien demnach Wald-Ökosysteme, die sich vor allem aus der Naturverjüngung sowie der natürlichen Rückkehr für den Standort typischer Pflanzen ergäben.
INFORMATION
Vierte deutsche Waldinventur
Bei der vierten Bundeswaldinventur soll die Entwicklung der Wälder mit Messungen an 80.000 Probepunkten in ganz Deutschland ermittelt werden.
Nach mehrjähriger Vorbereitung würden die Feldaufnahmen nun im Frühjahr beginnen, teilte das zuständige Thünen-Institut in Eberswalde und Braunschweig mit.
Die Waldinventur werde von Bund und Ländern gemeinsam vorgenommen und vom Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde koordiniert und ausgewertet. Ergebnisse sollen 2024 vorliegen. (epd)