Masken-Willkür an Grundschulen empört Eltern

Bielefeld. Schüler in NRW müssen in der Schule permanent Masken tragen - auch Sechsjährige. Eine Dienstanweisung, ob und wie oft Masken-Pausen eingebaut werden müssen, gibt es für Lehrer aber nicht. Und die klare Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, zuständig für Arbeitsschutz, Grundschülern grundsätzlich gar keine Masken aufzusetzen, verschwand drei Tage vor Schulstart von der Internetseite. Noch am 17. Februar war hier zu lesen, dass erst für Kinder ab der fünften Jahrgangsstufe das Tragen einer Maske empfohlen wird. Dass aber Kinder im Grundschulalter nach bisheriger Kenntnis zum einen nicht wesentlich zur Verbreitung von Sars-CoV-2 beitragen. Und zum anderen dadurch, dass sie zu jung seien für einen den Hygienevorgaben entsprechenden Umgang mit Mund-Nasen-Bedeckungen und durch das Tragen eher zu einer höheren Ansteckung beitrügen. "Kurz vor Schulstart und dem Erscheinen der neuen Corona-Betreuungsverordnung tauchten auf der Seite der DGUV dann plötzlich neue Hinweise auf, die das ganztägige Tragen von Masken auch für Grundschüler empfahlen", sagt Neele Flüchter, Mitglied in der Initiative "Laut für Familien". Sie rief dort an und bekam mitgeteilt, dass dies eine Anordnung vom Land NRW gewesen sei. "Am 18. Februar war dann auf einmal auch noch die ursprüngliche Positionierung gegen Masken bei Grundschülern von der Seite verschwunden." Nonstop von acht bis 12 Uhr Ein Sprecher der DGUV teilt auf Anfrage von nw.de mit, die Änderungen hätten sich aufgrund der Inhalte der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 27. Januar 2021 ergeben. Mit den Empfehlungen in dem diesbezüglich ergänzten Schutzstandard Schule solle darauf hingewirkt werden, dass ein zur Arbeitswelt gleichwertiges Schutzniveau auch für Schülerinnen und Schüler erreicht werde. Hintergrund für die Recherche der Initiative war die Situation an vielen Schulen. Denn infolge der unklaren Anweisungen ist es teilweise ausschließlich Sache der Lehrer, wie sie die Maskenpflicht handhaben. Und so gibt es Schulen, wo Schüler die Masken abnehmen dürfen, sobald sie am Platz sitzen und der Abstand gesichert ist. "Es gibt aber auch Schulen, wo schon Sechsjährige nonstop von acht Uhr bis 12 Uhr eine medizinische Maske tragen müssen", weiß Flüchter. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern startete sie eine Umfrage beim Land, bei den Bezirksregierungen und den Schulträgern, wie sie im Hinblick auf die permanente Maskenpflicht die gängigen Arbeitsschutzrichtlinien für Schüler umsetzen. Dazu gehört zum Beispiel auch eine Gefährdungsbeurteilung, die untersucht, ob es zu psychischen oder physischen Belastungen kommt. Konkrete Antworten erhielten sie nicht. "Mehrfach wurde vor allem von Seiten der Bezirksregierungen und der Träger darauf hingewiesen, dass Schüler keine Beschäftigten sind und deshalb keinen Anspruch auf eine Gefährdungsbeurteilung hätten und ihnen somit grundlegende Rechte des Arbeitsschutzes nicht zustünden", so Flüchter. Teilweise seien sie auch an das Schulministerium verwiesen worden. Alle drei Stunden eine Pause Dabei stimmt das so nicht. Tatsächlich gelten die Regelungen des staatlichen Arbeitsschutzgesetzes für Beschäftigte in Schulen, nicht aber für Schüler. Die Maßnahmen im Schutzstandard Schule der DGUV sind daher nur Empfehlungen, haben keine Verbindlichkeit. Dennoch sind Schulsachkostenträger zur Gefährdungsbeurteilung auch für Schüler verpflichtet, so der DGUV-Sprecher. Die Bezirksregierung Detmold verweist auf Anfrage von nw.de auf die Corona-Betreuungsverordnung des Landes. In der findet sich unter dem Absatz "Welche Hygieneregeln sind einzuhalten" aber nur der Hinweis, dass in festen Betreuungsgruppen und bei Mahlzeiten Maskenpausen eingelegt werden können. Können - und nicht müssen. Genau das ist in den Augen von Flüchter und ihren Mitstreitern das Problem. "Im Arbeitsschutz ist genau festgelegt, dass Schüler alle drei Stunden eine Maskenpause machen sollten - was auch schon in einem seltsamen Verhältnis zu den Lehrern steht. Die sollen nämlich alle zwei Stunden pausieren. An vielen Schulen finden aber gar keine Maskenpausen statt. Da kommen die Kinder dann nach Hause und haben weder was gegessen noch getrunken, weil sie ja die Maske nicht absetzen durften." Diese Vorgehensweise ist auch aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll. "Schüler müssen Pausen haben, um zu essen und zu trinken", sagt Marcus Heidemann, Vorsitzender der Kinderärzte Westfalen-Lippe. "Die kommen sonst alle mit Kopfschmerzen nach Hause - aber nicht vom Maskentragen, sondern vom Flüssigkeitsmangel." Ansonsten sieht er in dem stundenlangen Tragen der Masken kein Problem. "Aber ab und zu sollten die Kinder die Dinger aber mal abnehmen dürfen, um durchzuschnaufen." "Kein Vertrauen in die Politik" Die Mitglieder der Initiative "Laut für Familien" geht es aber gar nicht nur um gesundheitliche Aspekte, sondern auch um die Rechte von Kindern, die immer wieder den Anforderungen der Pandemie untergeordnet werden. "Wie kann es sein, dass Schüler einerseits den härtesten Arbeitsschutzrichtlinien unterliegen, andererseits aber keinen Anspruch auf eine Prüfung der Auswirkungen haben, die jedem normalen Arbeitnehmer und auch den Lehrenden zusteht", fragt Neele Flüchter. Auch die Vorgehensweise der DGUV will die Initiative nicht einfach so hinnehmen. Zumal es nicht der erste Vorfall dieser Art ist. Auch die Bundesvereinigung der Kinder- und Jugendärzte hatte im vergangenen Jahr Warnungen von der Internetseite genommen, wonach Kinder auf Spielplätzen keine Masken tragen sollten. Kurz darauf folgte die Maskenpflicht für Kinder auf Spielplätzen. "Das ist höchst fragwürdig", sagt Nicole Reese. "Entweder bestehen Gefahren oder Bedenken, auf die von Institutionen auch hingewiesen werden muss - oder nicht. Sie aber, nur weil es für den Pandemieschutz praktisch ist, zurechtzubiegen, ist fahrlässig und schafft auch keinerlei Vertrauen in die Politik."

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