NRW will Sowi nun auch als Studienfach abschaffen - Proteste

Düsseldorf/Horn-Bad Meinberg. Mit der Einführung des neuen Schulfachs Wirtschaft/Politik in NRW, will die Landesregierung künftig auch angehende Lehrer an den Universitäten im Land in Wirtschaft ausbilden. Weil dafür jedoch das Lehramtsstudium Sozialwissenschaften gestrichen werden soll, laufen Politiker, Lehrer, Studienanwärter, Verbände und Gewerkschaften dagegen Sturm. Die Petition gegen die Abschaffung des Fachs haben bereits mehr als 37.000 Menschen unterzeichnet. Mit dabei ist auch Studienanwärter Patrick Raese aus Horn-Bad Meinberg. Zwei Jahre nach seinem Abitur möchte Raese im Oktober ein Lehramtsstudium beginnen. &bdquo;Ich würde gerne die Fächer Sowi und Deutsch studieren, doch ob das zum nächsten Wintersemester an der Universität Bielefeld oder anderen Hochschulen noch möglich sein wird, weiß ich nicht", moniert der 20-Jährige. Doch selbst wenn das Einschreiben zum Start des Wintersemesters 2021/22 noch möglich sein sollte, stellen sich für Raese viele Fragen. &bdquo;Lohnt es sich noch, Sowi zu studieren? Gelte ich mit dem Fach noch als attraktiver Kandidat für Schulen? Drohen mir nach dem Studium verpflichtende Fortbildungen? Auf all diese Fragen erhalten Studienanwärter wie ich aktuell jedoch keine Antworten." Die Verunsicherung ist dementsprechend hoch. Aus dem Lehramtsstudienfach Sowi soll Wirtschaft/Politik werden Aktuell unterrichten vor allem Sowi-Lehrer das neue Schulfach Wirtschaft/Politik, das an den Gymnasien im Land bereits seit Beginn des Schuljahres 2019/20 in der Sekundarstufe I unterrichtet wird. Seit dem Start des Schuljahres 2020/21 wird das Fach an allen weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I unterrichtet. In der Sekundarstufe II wird Sowi weiter angeboten. Die Einführung des neuen Fachs Wirtschaft/Politik hat nach Angaben des NRW-Schulministeriums Anpassungen bei den jeweiligen Studiengängen für die Qualifizierung künftiger Lehrkräfte notwendig gemacht. &bdquo;Diese Anpassungen müssen in die Lehrerausbildung über die Lehramtszugangsverordnung übertragen werden. Dazu soll das bisherige Fach Sozialwissenschaften als Lehramtsfach Wirtschaft/Politik neu profiliert werden", erklärt eine Sprecherin. Erste Universitäten passen bereits die Lehrerausbildung an Die Pläne für die Änderungen wurden dem Landtag bereits im November 2020 übermittelt. Nach der Anhörung von Verbänden und Hochschulen werden die Pläne dann demnächst erneut dem Landtag vorgelegt, heißt es vom Schulministerium. Die geplante Ausbildung für das neue Fach Wirtschaft/Politik könne für Studienanfänger beginnend ab Herbst 2021 möglich werden, ergänzt eine Sprecherin. &bdquo;Bereits ausgebildete Lehrer mit dem Studienfach Sozialwissenschaften und einer entsprechenden Lehrbefähigung haben alle nötigen Voraussetzungen, das neue schulische Fach fachgerecht zu unterrichten. Eine weitere Qualifizierung ist nicht notwendig." Unabhängig davon stehe jedoch allen Lehrkräften die Möglichkeit zur Fortbildung offen. Zudem stehe es den Universitäten bereits vor der Änderung der Lehramtszugangsverordnung frei, &bdquo;sogenannte Erweiterungsstudiengänge einzurichten, mit denen bereits voll ausgebildete Lehrkräfte oder Studierende im Erststudium eine zusätzliche Befähigung für einen zusätzlichen Abschluss im Bereich Wirtschaft erwerben können", erklärt die Sprecherin. Zwei Universitäten haben sich bereits aus eigener Initiative auf den Weg gemacht, solche Studiengänge anzubieten: Paderborn und Siegen. In Bayer und Baden-Württemberg werden Schüler bereits seit Jahren im Fach Wirtschaft unterrichtet. Auch dort wurde die Lehrerausbildung dafür angepasst. Petition auf change.org: Mehr als 37.000 Unterstützer Studienanwärter wie Patrick Raese kritisieren jedoch nicht nur die vielen Unsicherheiten, sondern grundsätzlich den Wegfall des Studienfachs Sowi. &bdquo;Politische Bildung ist wichtiger denn je. Doch anstatt Schüler auf dem Weg zum mündigen Bürger zu unterstützen, geht es künftig um Schüler als Verbraucher." Die Petition gegen die Abschaffung des Fachs hat auf der Plattform change.org bereits mehr als 37.000 Unterstützer. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW und die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) fordern die Landesregierung dazu auf, Sowi als Fach beizubehalten. Sowi als Integrationsfach politologischer, ökonomischer und soziologischer Facetten sei am besten dafür geeignet, komplexe Sachverhalte zu vermitteln, sagt DVPB-Landesvorstand Rainer Schiffers. &bdquo;Die Abschaffung des interdisziplinären Zugangs über die Sozialwissenschaften schwächt die politische Bildung weiter. Durch die Schaffung des neuen Fachs fällt die soziologische Betrachtungsweise komplett weg, die politische steht an zweiter Stelle und wird weiter geschwächt", kritisiert Stephan Osterhage-Klingler von der GEW OWL. Die Landesregierung hält die Sorgen hingegen für unbegründet. &bdquo;Auch das neue Fach Wirtschaft/Politik wird ein integratives Fach sein, das nicht auf den Bereich Wirtschaft beschränkt ist. Sorgen in Bezug auf die Zukunft der politischen Bildung im Bereich Schule sind somit unbegründet", erklärt eine Sprecherin des Schulministeriums.

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