Pandemie

NW+-Icon
NRW schert bei Corona-Regeln aus - was das für OWL bedeutet

Mit einem verschärften Lockdown sollen die Corona-Infektionen endlich deutlich sinken. Dazu hatten sich Bund und Länder am Dienstag auf ein Paket verständigt. NRW weicht an einigen Stellen ab.

In NRW gibt es Abweichungen bei den von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Regeln. | © picture alliance / PHOTOPQR/L'EST REPUBLICAIN/MAXPP

Höxter/Bielefeld. Nordrhein-Westfalen weicht in der verschärften Corona-Schutzverordnung in einigen Punkten von den Vereinbarungen mit dem Bund und den anderen Ländern ab.

Die neue, ab Montag (11.) geltende Verordnung für das rund 18 Millionen Einwohner zählende Bundesland enthält keine Begrenzung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer für Einwohner in extremen Corona-Hotspots. Bei den Kontaktbeschränkungen auf einen Haushalt und eine weitere Person werden zu betreuende Kinder in NRW nicht mitgezählt.

Kreise und kreisfreie Städte, in denen die 7-Tage-Inzidenz, das heißt die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner, über der Marke 200 liegt, könnten im Einvernehmen mit dem Landesgesundheitsministerium zusätzliche Schutzmaßnahmen anordnen. Konkrete Maßnahmen werden dabei aber nicht genannt. Nach Angaben eines Ministeriumssprechers kann dazu auch die 15-Kilometer-Regel gehören, die betroffene Kreise und kreisfreie Städte dann in eigenen Verfügungen regeln müssten.

Dagegen heißt es bei den Informationen der Bundesregierung zu den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen: „Bei besonders extremen Infektionslagen mit einer Inzidenz von mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in einer Woche soll von den Ländern der Bewegungsradius auf 15 km um den Wohnort herum eingeschränkt werden, sofern kein triftiger Grund vorliegt."

Keine 15-Kilometer-Regel im Kreis Höxter und in Bielefeld

Die Reaktionen in Ostwestfalen-Lippe auf die neue Schutzverordnung fielen am Freitag unterschiedlich aus. Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen sagte bei einer Pressekonferenz, dass es in der Stadt keine 15-Kilometer-Regel geben soll. Selbst dann nicht, wenn in Bielefeld der Inzidenzwert von 200 überschritten werde. Der Grund: Die Regel sei wohl nicht rechtssicher anzuwenden. In Bielefeld lag der Inzidenzwert am Freitag laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bei 175,9.

Auch der Kreis Höxter teilte am Freitag mit, dass es dort keine Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer geben werde. Der Kreis war OWL-weit am Freitag der einzige mit einer Inzidenz über 200 (209,6). Allerdings will der Kreis in Absprache mit dem Land eine eigene Allgemeinverfügung erlassen - mit schärferen Regeln für den privaten Raum als in der NRW-Verordnung vorgesehen. Künftig sollen sich im gesamten Kreisgebiet auch in privaten Wohnungen die Mitglieder eines Haushaltes nur noch mit maximal einer anderen Person treffen dürfen. Einen Vorschlag habe der Kreis bereits an das NRW-Gesundheitsministerium geschickt.

Der Leiter des Krisenstabes des Kreises Höxter kritisierte die Coronaschutzverordnung des Landes. „Wir hätten uns vom Land einheitliche Vorgaben erhofft", sagte Matthias Kämpfer laut Mitteilung von Freitag. Damit spielt er, wie auch der zuständige Landrat Michael Stickeln, auf fehlende Regelungen für den privaten Bereich an. „Wir sehen im Kreis Höxter sehr deutlich, dass sich viele Infektionen durch private Kontakte verbreiten. Deshalb bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger nochmals eindringlich: Verzichten sie schon jetzt komplett auf Besuche bei Freunden oder Verwandten, auch wenn es ihnen schwer fällt", so Stickeln.

Privater Raum wird in Corona-Verordnung nicht genannt

Zu den Kontaktbeschränkungen heißt es in der NRW-Verordnung: Im öffentlichen Raum dürfe der Mindestabstand von 1,5 Metern unterschritten werden „beim Zusammentreffen von Personen eines Hausstandes mit höchstens einer Person aus einem anderen Hausstand, die von zu betreuenden Kindern aus ihrem Hausstand begleitet werden kann". Auch Umgangsrechte für Scheidungskinder, Betreuung und Bildung sind von der Beschränkung auf einen Hausstand und eine weitere Person ausgenommen. Partys und vergleichbare Feiern sind generell weiter untersagt.

Nach Darstellung der Bundesregierung sollen private Zusammenkünfte grundsätzlich nur im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person erlaubt sein. „Das gilt auch für den Aufenthalt in der Öffentlichkeit. So sieht es der gemeinsame Beschluss von Bund und Ländern vor", heißt es zu den angestrebten Regeln im Bereich des öffentlichen Lebens. Verbindliche Geltung hätten dabei allerdings immer die Corona-Schutzverordnungen der einzelnen Bundesländer. Der private Raum wird in der NRW-Coronaschutzverordnung nicht genannt.

Weitere Entscheidungen könnten folgen

Die Entscheidungen anderer Kreise zur 15-Kilometer-Regel bleiben abzuwarten. In nicht wenigen könnte die jeweilige 7-Tage-Inzidenz schon bald über 200 steigen. Der Kreis Lippe teilte mit, dass dies bereits am Wochenende der Fall sein könnte. Das gehe aus einer Prognose für weitere Corona-Fälle hervor. In dem Fall will sich der Kreis über eine Verschärfung der Corona-Regeln mit dem Land abstimmen, wie es die Verordnung vorsieht. Kreisweit lag der Inzidenzwert am Freitag dem RKI zufolge bei 159,4.

Auch der Kreis Herford, wo die Inzidenz am Freitag bei 181,2 lag, verweist in einer Mitteilung auf künftige Beratungen. „Aufgrund der rechtlichen Bestimmungen werden wir uns dann über eine neue Allgemeinverfügung abstimmen, wenn die 7-Tage-Inzidenz wieder über einen Wert von 200 steigt", lassen sich die Bürgermeisterin, die Bürgermeister und der Landrat in der Mitteilung zitieren. Nach der Prognose des Kreises könnte der kritische Wert bereits nächste Woche erreicht werden. Sollte es bereites am Wochenende soweit sein, werde bereits am Sonntag beraten.

Abweichungen in anderen Bundesländern

Auch andere Bundesländer weichen an einigen Stellen von den Beschlüssen am Dienstag ab. Unter anderem betrifft das auch dort die 15-Kilometer-Regel. Baden-Württemberg plant derzeit keine entsprechende Regel. In Niedersachsen sollen ebenfalls Kommunen darüber entscheiden. Thüringen will eine entsprechende Empfehlung geben.