Kampf gegen Pandemie

Impfstart auch in OWL - Laumann: Klinikpersonal soll bald geimpft werden

Die Zahl der ersten Impfdosen ist überschaubar, Nachschub ist aber in Sicht. Laut dem NRW-Gesundheitsminister sollen bald auch Klinikbeschäftigte mit Kontakt zu Covid-19-Patienten geimpft werden.

Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, vor dem Altenwohnheim in Emsdetten. | © picture alliance/dpa

27.12.2020 | 27.12.2020, 16:38

Düsseldorf (anwi/dpa/AFP). Das große Impfen gegen das Coronavirus in Nordrhein-Westfalen hat begonnen. Im Kreis Lippe sind die Impfungen in insgesamt drei Pflege- und Altenheimen gestartet, teilte ein Sprecher des Kreises am Sonntag mit. Eine der ersten Impfungen dort bekam demnach Waltraud Burre, eine Bewohnerin des Seniorenzentrums am Markt in Horn-Bad Meinberg. Die 70-Jährige sagte der Mitteilung zufolge: „Die Impfung war okay, ich bin sehr zufrieden". Den Impfstoff habe eine medizinische Fachangestellte vor Ort in der Senioreneinrichtung aufbereitet, anschließend habe eine Ärztin die Dosis verabreicht. In 21 Tagen solle eine zweite Impfung folgen. Dies sei für einen wirksamen Schutz erforderlich.

Auch in Bielefeld sind die Impfungen gestartet: 51 Bewohner sowie neun Mitarbeiter der Altenhilfeeinrichtung Quelle der von Bodelschwinghschen Stiftungen waren zuerst an der Reihe. Der erste Corona-Impfeinsatz in Bielefeld verlief am Sonntagmorgen laut der beteiligten Ärzten reibungslos, weil er organisatorisch sehr gut vorbereitet gewesen sei.

Im Kreis Gütersloh ging es es in einer Versmolder Senioreneinrichtung los. Dort impften mehrere Ärzte unter anderem 90 Bewohnerinnen und Bewohner und 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Ärztin Katharina Körner (v.l.), die Pflegedienstleiterin des Seniorenzentrums am Markt in Horn-Bad Meinberg, Susanne Grabbe, und Waltraud Burre. - © Kreis Lippe
Die Ärztin Katharina Körner (v.l.), die Pflegedienstleiterin des Seniorenzentrums am Markt in Horn-Bad Meinberg, Susanne Grabbe, und Waltraud Burre. | © Kreis Lippe

In Siegen wurde am Sonntagmorgen die 95-jährige Erika Löwer im Marienheim geimpft, wie ein Sprecher des Kreises Siegen-Wittgenstein erklärte. „Sie ist die erste, die bei uns geimpft wurde", sagte der Kreissprecher.

NRW-weit sollen in allen 53 Kreisen und kreisfreien Städten jeweils 180 Impfdosen an Bewohner und Mitarbeiter verabreicht werden. Der Impfstoff war erst am Samstag aus Belgien in das geheime Zentrallager des Landes gebracht worden - insgesamt 9.750 Dosen. Dort sollte er portioniert werden.

Mobile Teams in Heimen

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bezeichnete den Beginn der Corona-Impfungen als „großes Weihnachtsgeschenk an die Bevölkerung". Er empfinde große Dankbarkeit, dass die Wissenschaft in der Lage war, innerhalb von zehn Monaten einen Impfstoff zu entwickeln, sagte Laumann am Sonntagmittag vor einem Besuch eines Altenheims in Emsdetten (Kreis Steinfurt). Laumann wollte am Nachmittag bei der ersten Impfung einer Bewohnerin im St. Josef-Stift dabei sein. In dem Heim leben 114 Bewohner. Im Frühjahr waren dort 17 Bewohner im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Als erste sollte am Sonntag die 87-jährige Bewohnerin Edeltraut Jäger geimpft werden.

Der Impfstoff wurde erst am Sonntag direkt zu den einzelnen Einrichtungen gebracht. Geplant war, dass der Stoff bis 12 Uhr in den Heimen ist. In den einzelnen Kommunen sind es häufig zwei Einrichtungen, welche die allererste Lieferung des Stoffes erhalten. Viele Städte und Kreise haben geheim gehalten, in welche Einrichtungen das Vakzin zuerst gehen wird. In Köln soll eine 92 Jahre alte Heimbewohnerin noch am Vormittag als allererste Kölnerin geimpft werden.

In den Heimen stehen mobile Teams mit Ärzten bereit, die die Impfdosen in den Einrichtungen anmischen und verabreichen. Nach der Anmischung muss der Impfstoff innerhalb von sechs Stunden gegeben werden.

Weitere Impfdosen für NRW kommen

Bis zum Jahresende erwartet das Land dann noch weitere mehr als 270.000 Impfdosen. Im Januar sollen wöchentlich mehr als 140.000 Dosen des Biontech-Impfstoffs ausgeliefert werden.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hofft, dass eine Immunisierung in den Seniorenheimen bis Ende Februar weitestgehend abgeschlossen sein wird. „Dann wäre an der Covid-Front sehr, sehr viel gewonnen", hatte Laumann am Mittwoch in Düsseldorf gesagt.

Laumann: Klinikpersonal soll bald geimpft werden

Die Impfungen von Krankenhausbeschäftigten, die in NRW Covid-19-Patienten versorgen, sollen offenbar in Kürze beginnen. Am Montag wolle man im Ministerium darüber reden, „das wir auch den Krankenhäusern ein Angebot machen wollen, dass das Personal, das direkt mit Covid-Patienten zusammenarbeitet, auch sehr prioritär jetzt zeitgleich geimpft wird", sagte Laumann in Emsdetten. Dies werde natürlich die Zahl der Impfdosen für die Altenheime ein bisschen verkleinern. Er glaube aber, „dass wir hier auch ein Zeichen setzen müssen".

Laumann sprach von „hohen Infektionszahlen". „Wir haben heute 1.200 Leute in Nordrhein-Westfalen, die mit Covid auf den Intensivstationen liegen." Unsere Krankenschwestern und Ärztinnen und Ärzte dürften nicht krank werden und nicht in Quarantäne müssen. „Ich gehe davon aus, dass wir noch einige Wochen sehr hohe Infektionszahlen haben werden", so Laumann weiter.

EU-weiter Start der Impfung

Nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in allen anderen EU-Staaten startete am Sonntag die offizielle Impfkampagne mit dem Corona-Vakzin von Biontech und Pfizer begonnen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete den gemeinsamen Impfbeginn als "berührenden Moment der Einigkeit" und als europäische "Erfolgsgeschichte"; Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einer "neuen Waffe im Kampf gegen das Virus". EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sprach von einem "emotionsgeladenen Tag für uns alle".

Sechs Monate nach der Präsentation der Corona-Impfstrategie habe die EU ihr Versprechen eingelöst, "Impfstoffe für alle Mitgliedstaaten zur selben Zeit" bereitzustellen. Angesichts der Impfungen könne Europa "mit Optimismus" in das neue Jahr starten.

Für die gesamte EU waren am Samstag die ersten Impfstoffdosen aus der Pfizer-Fabrik im belgischen Puurs ausgeliefert worden. Vereinzelt wurden erste Impfungen noch am Samstag verabreicht. Neben einer 101-jährigen Pflegeheimbewohnerin in Sachsen-Anhalt erhielten auch Menschen in Ungarn und der Slowakei einen Tag vor dem offiziellen Impfstart in der EU das Vakzin.

Die 29-jährige Krankenschwester Claudia Alivernini, die am Sonntag als erste Italienerin mit dem Vakzin geimpft wurde, sagte, sie empfinde "großen Stolz" und Verantwortung angesichts dieses Privilegs. Während in Italien in der ersten Phase bevorzugt Mitarbeiter im Gesundheitswesen geimpft werden, waren unter anderem in Spanien und Frankreich die Bewohner von Pflegeheimen die ersten Impfstoff-Empfänger. Die 96-jährige Pflegeheimbewohnerin Araceli Hosario Hidalgo Sánchez, die als erster Mensch Spaniens das Biontech-Vakzin erhielt, sagte im nationalen Fernsehen mit einem Lächeln im Gesicht, sie habe bei der Injektion "nichts" gespürt. Im Pariser Vorort Seine-Saint-Denis applaudierten die Mitarbeiter eines Krankenhauses einer 78-Jährigen, die sich als erste die Spritze geben ließ. "Ich bin bewegt", sagte die pensionierte Haushälterin.