Mord an Lehrer in Paris: Pädagogen in OWL fürchten islamistischen Anschlag

Berlin/Bielefeld. Der islamistische Mordanschlag auf einen Lehrer in Paris erschüttert Lehrer weltweit. Der Geschichtslehrer Samuel Paty wurde von einem polizeibekannten Tschetschenen enthauptet, weil er im Unterricht zum Thema Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen zeigte. Die Angst vor Anschlägen dieser Art besteht auch in Deutschland: Die Sicherheitsbehörden warnen vor Nachahmertaten und Lehrer fühlen sich durch muslimische Schüler und Eltern zunehmend bedroht. Der deutsche Lehrerverband warnt vor einem Klima der Einschüchterung und Pädagogen aus OWL berichten von verbalen und körperlichen Attacken. Problemlage Aus Angst vor Angriffen durch muslimische Schüler und Eltern verzichten Lehrer in Deutschland laut Verbandschef Heinz-Peter Meidinger bereits auf Themen wie Meinungsfreiheit, Nahostkonflikt oder Israel im Unterricht. Das gehe soweit, dass sich Lehrkräfte mitunter nicht mehr trauen, Filme wie Schindlers Liste zu zeigen. In OWL bestätigen Lehrer aus allen Teilen der Region und allen Schulformen, dass es zunehmend Probleme mit muslimischen Schülern und Eltern gibt. &bdquo;Täglich werden vor allem Frauen und Mädchen in Schulen Opfer von Angriffen", erklärt die Bielefelder Lehrerin Birgit Ebel, die sich seit Jahren mit Jugendlichen in ihrer Präventionsinitiative &bdquo;Extrem dagegen" gegen jegliche Formen des Extremismus engagiert. &bdquo;Lehrerinnen werden von einigen muslimischen Schülern nicht als Autoritäten akzeptiert und deshalb unentwegt sexistisch beleidigt, mit dem Tod bedroht und auch körperlich angegangen. Unterricht ist in Klassen mit einer Mehrheit dieser Schüler oft nicht mehr möglich, es ist ein täglicher Kampf." Auch Schülerinnen werden zu Opfern. &bdquo;Der Druck auf Mädchen, insbesondere aus muslimischen Familien, ist gewaltig. Wenn sie nicht dem Bild ihrer muslimischen Mitschüler entsprechen, weil sie sich nicht verschleiern, einen nicht-muslimischen Freund haben oder bessere Noten haben." Angegriffen werden von muslimischen Schülern auch Mitschüler aus liberalen muslimischen Familien oder anderen Glaubensrichtungen. &bdquo;Religiöse Spannungen, die die Weltpolitik bestimmen, entladen sich immer häufiger an Schulen", sagt Ebel. Antisemitisch beschimpft Diese Erfahrungen bestätigen Dutzende weiterer Lehrer aus OWL im Gespräch mit dieser Redaktion, doch aus Angst äußert sich keiner der Pädagogen mit vollem Namen. &bdquo;Jeden Tag müssen sich Schülerinnen und Lehrerinnen Beschimpfungen wie Fotze, Schlampe oder Hure anhören", sagt die Bielefelder Lehrerin Andrea S. &bdquo;Es gibt muslimische Schüler, die Kommunikation oder Augenkontakt mit Lehrerinnen ablehnen. Das begründen sie dann selbstbewusst damit, dass wir Frauen sind und deshalb nichts wert sind." Auch Schläge, Tritte oder Stöße werden laut S. so begründet. &bdquo;Ein Schüler ist mir in der Pause von hinten in die Kniekehlen gesprungen. Ich bin dabei so heftig auf den Asphalt geschlagen, dass ich eine Platzwunde im Gesicht hatte." Die Herforder Lehrerin Sarah L. erlebt neben sexistischen Attacken vor allem Angriffe aufgrund ihres Glaubens: &bdquo;Ich werde regelmäßig als Judensau beschimpft und mit dem Tod bedroht." Auf das Verhalten ihrer Kinder angesprochen, &bdquo;rechtfertigen Eltern die Taten auch noch", sagt L. &bdquo;Mitunter muss ich mir sogar Verschwörungstheorien darüber anhören, warum Juden für das Unheil auf der Welt verantwortlich sind." Rolle der Eltern Das Verhalten von Eltern wird nach Einschätzung der Pädagogen zu einem wachsenden Problem. &bdquo;Eltern und Geschwister unterstützen Schüler, indem sie in sozialen Netzwerken öffentlich über Lehrer und ihre Unterrichtsinhalte hetzen. Teilweise werden Fotos und Videos, die im Unterricht aufgenommen werden, mit Telefonnummer und Adresse veröffentlicht", sagt Ebel. Der Erziehungswissenschaftler Ahmet Toprak macht konservative Elternhäuser mit patriarchalen Strukturen für das Verhalten auffälliger muslimischer Schüler verantwortlich. Mädchen und Jungen können ihre Persönlichkeit und Sexualität laut Toprak nicht frei entfalten. Zudem werden archaische Geschlechterrollen vermittelt, die nach Einschätzung des Wissenschaftlers dazu führen, dass Jungen sehr viele Freiheiten genießen und auch bei Fehlverhalten keine Grenzen erfahren, während Mädchen unentwegt diszipliniert und unterdrückt werden. Fehlende Unterstützung Ebenso kritisch bewerten viele Lehrer die Rolle von Schulleitern und Schulaufsicht. &bdquo;Ich habe mehrere Schulleiter erlebt, die Attacken entweder als persönliches Problem bewertet oder klein geredet haben, weil sie Angst vor schlechter Presse und dadurch sinkenden Schülerzahlen haben", moniert die Mindener Lehrerin Seda Y. &bdquo;Ich bin selbst Muslimin und fordere, dass die Probleme, die einige lautstarke muslimische Schüler verursachen, auch als solche benannt werden. Wir Lehrer brauchen das im Kampf gegen Extremismus." Denn unter Attacken leiden nicht nur die Opfer der Gewalttäter, sondern nach Einschätzung von Seda Y. auch die Demokratieerziehung. Nach Angaben des Lehrerverbandes häufen sich die Versuche von muslimischen Schülern und Eltern, Lehrer bei der Vermittlung von Demokratie zu behindern. GEW-Vorsitzende Marlis Tepe erklärt, dass die Demokratieerziehung ein unverzichtbarer Bestandteil öffentlicher Bildung ist.

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