Ärzte hebeln Maskenpflicht aus - auch in OWL

Bielefeld/Beverungen. Scheinbar ist es für Menschen, die keine Lust auf die Maske haben, derzeit sehr einfach, sich dieser Auflage zu entziehen. Ausgerechnet eine Initiative von Ärzten, ein Berufsstand, der wie kein anderer mit dem Mundschutz verbunden ist, hilft dabei, die Maskenpflicht auszuhebeln. Viele Unterstützer dieser Initiative leben und praktizieren auch in OWL. Zuletzt waren ungültige Atteste, die den Inhaber grundlos von der Maskenpflicht befreiten in Beverungen aufgetaucht. "Wir sind von Marktleitern aus örtlichen Supermärkten auf das Phänomen aufmerksam gemacht worden", sagt Ordnungsamtsleiter Frank Filmar. Die Stadt reagierte sofort, indem sie auf ihrer Homepage und über Facebook darauf hinwies, dass sowohl das Ausstellen als auch das Vorzeigen falscher Atteste strafbar sei und die Pflicht zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes weiter bestehe. Ausgestellt hat diese Atteste offenbar ein Arzt aus Trendelburg, ein wenige Kilometer vom Kreis Höxter entferntes hessisches Städtchen. Jens Bengen ist Urologe, wo und wie er derzeit praktiziert, ist allerdings unklar. Bis vor einigen Tagen allerdings kursierte ein Link im Netz, über den Kunden und Patienten sich sogenannte Blankoatteste herunterladen konnten, auf denen Bengen ihnen ohne Untersuchung oder Anlass bescheinigte, aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit zu sein. Mittlerweile ist dieser Link nicht mehr ohne Weiteres zu finden. Die Ansichten von Bengen allerdings schon - auf Youtube, in bereits mehrfach gelöschten und immer wieder eingestellten Videos. Hier erklärt der Arzt, warum er die Schutzmaßnahme Maske, oder wie er sagt "Bürgermaulkorb" für unnötig hält. Mit dieser Sichtweise ist Bengen nicht allein - und auch bei weitem nicht der einzige Mediziner. Organisiert haben sich die Kritiker in der Initiative "Ärzte für Aufklärung", die hinter den Maßnahmen zur Einschränkung von Covid-19 eine große Verschwörung sieht. Auf der Homepage sind die rund 1.000 Unterstützer, darunter auffällig viele Ärzte und Heilpraktiker, namentlich und nach Wohnort sortiert aufgelistet. Viele von ihnen, darunter die unterschiedlichsten Berufsstände, leben auch in OWL. Glaubwürdigkeit und Existenz aufs Spiel gesetzt Befugt, Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht auszustellen, sind allerdings nur zwei von ihnen. Anfragen von nw.de nach einer Befreiung von der Maskenpflicht, wurden hier aber abgelehnt. Das sei generell möglich, so die Aussage der Sprechstundenhilfen. Dazu müsse man allerdings Patient sein und Neuaufnahmen seien derzeit coronabedingt nicht möglich. Aufs Spiel setzen Mediziner, die sich so verhalten, nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch ihre Existenz. "Wenn wir erfahren, dass Kollegen falsche Atteste ausstellen - und das eventuell noch gegen Geld, wie es ja auch schon vorgekommen ist, werden wir umgehend als Berufsaufsicht tätig", sagt Volker Heiliger, Sprecher der Ärztekammer Westfalen-Lippe. "Das ist eine Berufsrechtsverletzung, die schwere Strafen nach sich zieht. Dabei reicht das Spektrum von einer Rüge bis zum Entzug der Approbation." Auch der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach sieht das Vorgehen der Ärzte als schwerwiegend an. Er hat wiederholt klar auf die Schutzfunktion der Masken hingewiesen. Zudem mahnte er an, Mediziner dürften nicht ideologische Positionen und Berufsausübung vermengen. Reporter des ARD-Magazins "Report Mainz" hatten mehr als 40 Ärzte der Initiative stichprobenartig angeschrieben, um Atteste zur Befreiung zu bekommen. Dabei hatten sie klar angegeben, dass persönliche Abneigung und nicht medizinische Gründe der Anlass seien. 19 Mediziner antworteten, keiner wies das Ausstellen zurück.

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