Corona-Boom: Starke Nachfrage in Tierheimen

Bielefeld. Die Sommerferien sind gestartet, viele Familien verreist – traditionell steigt damit in den Tierheimen die Zahl der ausgesetzten oder abgegebenen Tiere. Doch zu Coronazeiten ist auch hier alles anders – und ausnahmsweise mal erfreulich. Denn: Noch nie wollten so viele Menschen ein Tier bei sich aufnehmen, wie in den vergangenen Monaten. &bdquo;Im Prinzip ist unsere Einrichtung wie leergefegt", sagt Noch-Tierheim-Chefin Barbara Snelting. &bdquo;Wir hätten doppelt so viele Tiere vermitteln können, wie wir es tatsächlich getan haben." Eine Warteliste bei kleinen Hunden Besonders bei den Kleintieren sei die Zahl der Nachfragen während des Lockdowns erheblich gestiegen. &bdquo;Im vergangenen Jahr haben wir von März bis Juni 36 Kleintiere vermittelt. In diesem Jahr sind es für den gleichen Zeitraum 64." Auch die Anschaffung eines Hundes sei für viele angesichts des Homeoffices und des Lockdowns plötzlich scheinbar sehr attraktiv gewesen: &bdquo;Wir haben jetzt sogar eine Warteliste für Kleinhunde, auf der zehn Personen stehen, das ist echt ungewöhnlich." Auch im Tierheim Bad Salzuflen im Kreis Lippe ist dieser Trend zu verzeichnen. &bdquo;Wir haben hier gut 30 bis 40 Prozent mehr Nachfragen als sonst gehabt", sagt Melanie Vogt, Leiterin des Hundehauses. &bdquo;Das Interesse war extrem hoch." Andererseits haben die Mitarbeiter hier aber auch die Erfahrung gemacht, dass im Lockdown viel mehr Kleintiere ausgesetzt wurden, als sonst. &bdquo;Das hat vielleicht damit zu tun, dass es durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit finanziell eng wurde und kein Geld mehr für die Tiere übrig war." Wir gucken sehr genau hin Im Kreis Herford hat das Tierheim Hiddenhausen ebenfalls rund 40 Prozent mehr Nachfrage verzeichnet – nicht aber mehr Tiere vermittelt. &bdquo;Wir gucken da zur Zeit schon sehr genau hin", sagt Renate Siekkötter, 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins. &bdquo;Klar ist jetzt gerade durch die Homeoffice-Situation mehr Zeit da und man kann sich endlich den Wunsch nach einem Haustier erfüllen. Aber irgendwann müssen alle wieder ins Büro und in die Schule – wer uns dafür bei den Gesprächen kein gutes Szenario liefern kann, wie das Tier dann betreut wird, dem legen wir ans Herz, sich das Ganze nochmal gut zu überlegen." Auch die Mitarbeiter in Bielefeld und Bad Salzuflen haben bei der Vermittlung der Tiere während des Lockdowns sehr genau hingeschaut und nachgefragt. &bdquo;Und trotzdem sehe ich den Trend zum Haustier hier ausnahmsweise mal positiv", sagt Barbara Snelting. &bdquo;Weil wir auch festgestellt haben: Viele Interessenten haben die Zeit des Lockdowns genutzt, um traumhafte Außengehege für Kleintiere zu bauen, uns vorher Fotos davon geschickt. Wenn man dahin Tiere vermitteln kann, ist das toll." Das ist ein zweischneidiges Schwert Problematisch ist die Lage im Kreis Herford hingegen für Katzen. &bdquo;Wir beobachten, dass wir ungewöhnlich viele Katzenbabys oder trächtige Katzen aufgenommen haben", sagt Renate Siekkötter. &bdquo;Da liegt die Vermutung nahe, dass viele Halter ihre Tiere wegen Corona nicht haben kastrieren lassen." Eine Vermutung, die Tierarzt Martin Schilling aus Bielefeld nicht teilt. Er ist Kreisstellenvorsitzender der Tierärztekammer Westfalen-Lippe. &bdquo;Ich arbeite auch eng mit Tierschutzorganisation zusammen und wir machen eher die Beobachtung: Durch Corona waren die Leute mehr zu Hause und haben sich auch mehr Zeit für ihre Tiere genommen." Den Haustier-Boom sieht der Arzt mit gemischten Gefühlen. &bdquo;Das ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn die Tiere auch langfristig gut betreut werden, begrüße ich diese Entwicklung. Wenn die anfängliche Begeisterung im Alltagsstress nach Corona wieder abflaut, ist den Tieren nicht geholfen."

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