München/Düsseldorf. Hotels, Pensionen und andere Beherbergungsbetriebe in Bayern dürfen vorerst keine Gäste mehr aus dem nordrhein-westfälischen Landkreis Gütersloh und aus anderen Kreisen mit hohen Corona-Infektionszahlen aufnehmen. "Es geht um die klassische Urlaubsreise", sagte der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag im Anschluss an eine Kabinettssitzung, bei der diese Maßnahme beschlossen wurde.
Vor dem Urlaubsreiseverkehr aus dem kurz vor Beginn der Sommerferien stehenden Nordrhein-Westfalen solle diese Schutzmaßnahme nun greifen. Herrmann sagte, aus den Erfahrungen nach den Faschingsferien sei die klare Erkenntnis gewonnen worden, dass von Regionen mit so einer hohen Zahl an Infizierten wie im Landkreis Gütersloh eine Gefahr drohe. Dies dürfe sich nicht wiederholen. "Wehret den Anfängen", sagte der Staatskanzleichef.
Urlauber in Mecklenburg-Vorpommern zur Ausreise aufgefordert
Das Beherbergungsverbot gilt auch über den Landkreis Gütersloh hinaus grundsätzlich für alle Landkreise mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den zurückliegenden sieben Tagen. Darunter fällt aktuell der Landkreis Warendorf, der an den Kreis Gütersloh grenzt. Zuvor waren am Montag auf der Insel Usedom Urlauber aus dem Kreis Gütersloh aufgefordert worden, das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wieder zu verlassen.
Dort gilt bereits per Verordnung die nun auch in Bayern beschlossene Regel, dass Urlauber aus einem Corona-Hotspot nicht einreisen und auch nicht beherbergt werden dürfen. Damit gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern, dass Urlauber aus den Kreisen Gütersloh und Warendorf derzeit nicht dorthin reisen dürfen. Urlaubern, die sich bereits vor Ort befinden, wird konkret die Abreise nahegelegt.
Nach der Verkündung des Lockdowns für den Kreis Gütersloh am Dienstag ist beispielsweise eine Urlauberin aus dem Altkreis Halle in einem Hotel in Kühlungsborn darauf hingewiesen worden, ihre Herberge am Mittwoch zu verlassen. Die NW-Redaktion haben auch über Facebook Nachrichten erreicht, dass in dem Bundesland "scharf" auf die Einhaltung der Regelungen für Reisende aus Corona-Risikogebieten geachtet werde.
Laschet: Kein Anlass für "touristische Absagen"
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warnte allerdings davor, die Menschen aus dem Kreis Gütersloh nun "unter Generalverdacht" zu stellen. Mit Blick auf "touristische Absagen" für Reisende aus dem ostwestfälischen Kreis sagte Laschet in Düsseldorf: "Dazu gibt es überhaupt keinen Anlass." Die Menschen aus dem Kreis dürften nicht stigmatisiert werden.
Laschet verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass es neben den mittlerweile mehr als 1.550 Corona-Infektionen beim Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück im gesamten Kreis Gütersloh derzeit nur 24 Corona-Fälle gebe. Laschet sagte zudem, ein zuvor für den Kreis Gütersloh angekündigter Lockdown umfasse "keine Reiseeinschränkung". Man könne nur dringend an die Menschen appellieren, "jetzt im Kreis zu bleiben" und die verfügten Kontakteinschränkungen zu befolgen.
Die Grünen-Fraktionschefin im Düsseldorfer Landtag, Monika Düker, warf der schwarz-gelbe Landesregierung daraufhin vor, sie lasse "die Menschen mit verwirrenden Aussagen allein". "Kurz vor den Sommerferien ist den Menschen in der Region erneut völlig unklar, wie sie ihre Erholungszeit gestalten können, wie sie sich verhalten müssen, welche Einschränkungen ihnen drohen und was sie machen, wenn sie in ihren gebuchten Urlaubsunterkünften abgewiesen werden."
Gesundheitsexperte spricht Warnung aus
Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt davor, dass Menschen aus dem Kreis Gütersloh in den Urlaub fahren, ohne zuvor getestet worden zu sein. „Dann besteht die Gefahr, dass das Virus aus Gütersloh wieder verbreitet wird", sagte er der „Rheinischen Post".
Jetzt sei eine intelligente, schnelle und repräsentative Testung notwendig, sagte der studierte Epidemiologe. Dabei sei es nicht wichtig, dass auch der letzte Tönnies-Mitarbeiter gefunden werde. „Man muss sich jetzt um die Bevölkerung kümmern", sagte Lauterbach.
Niedersachsen will aktuell keine Menschen aus dem Kreis Gütersloh abweisen
Niedersachsen sieht aktuell keinen Grund zum Abweisen von Touristen aus der angrenzenden Region. „Wir werden verhältnismäßig und angepasst reagieren", sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder, am Dienstag in Hannover.
Die vom Kreis Gütersloh ergriffenen Quarantäne-Maßnahmen zielten darauf ab, die Infektionen auf das Arbeits- und Wohnumfeld zu begrenzen.Die Mobilität von Menschen, die mit Infizierten in Kontakt gekommen sind, sei dadurch beschränkt. Über den Ausbruch im Umfeld des Schlachtbetriebs Tönnies hinaus gebe es im Kreis Gütersloh aktuell lediglich 24 Infektionsfälle.
Schröder sagte aber auch, dass Vermieter etwa von Ferienwohnungen Buchungen von Touristen aus dem Kreis Gütersloh stornieren könnten.Außerdem könne es vorkommen, dass die Polizei Autofahrer aus der Region Gütersloh nach Zweck und Ziel einer Reise frage. Eine Handhabe, Menschen von dort abzuweisen, gebe es aber nicht.
 
                 
                                 
                                 
                                