Experten rechnen mit Maskenpflicht in NRW: OWL-Politiker fordern Einführung

Bielefeld/Berlin. In der U-Bahn, beim Einkaufen, in der Arztpraxis und sogar beim Radfahren: Immer mehr Menschen tragen im öffentlichen Raum einen Mundschutz, um sich vor dem Coronavirus zu schützen. In zehn Bundesländern ist das Tragen mittlerweile sogar verpflichtend. NRW bliebt bislang bei der Empfehlung, doch die ersten Städte führen auch ohne zentrale Vorgabe eine Maskenpflicht ein. Zudem fordern Bielefelds Stadtoberhaupt Pit Clausen (SPD) und die anderen Oberbürgermeister im Land die Einführung einer Pflicht. Experten rechnen deshalb damit, dass auch NRW nachzieht, warnen jedoch auch vor den Nachteilen. &bdquo;Immer mehr Bundesländer führen eine Maskenpflicht ein, während in der Medizin und Pflege noch immer nicht ausreichend Schutzausrüstung zur Verfügung steht",moniert der Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene der Mühlenkreiskliniken, Peter Witte. Allein in den sechs Standorten der Mühlenkreiskliniken im Kreis Minden-Lübbecke werden wöchentlich 40.000 Masken benötigt. &bdquo;Wir würden gerne mehr einsetzen, können das aber aufgrund der Lieferprobleme nicht." Witte befürchtet eine Verschärfung des Problems, wenn auch NRW eine Maskenpflicht einführt. &bdquo;Der Bevölkerung wird zwar deutlich gemacht, dass sie Soffmasken nutzen sollen, doch trotzdem steigt die Zahl der Menschen, die auch OP- und FFP-Masken tragen." Masken vermitteln eine Scheinsicherheit, die es nicht gibt Ein weiteres Problem ist laut Witte, dass Masken eine Scheinsicherheit vermitteln, die es nicht gibt, da es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass eine Maske den Träger oder andere vor einer Ansteckung schützt. &bdquo;Viele Maskenträger halten den Abstand von 1,5 Metern zu ihren Mitmenschen nicht mehr ein und erhöhen so das Infektionsrisiko. Es ist also wichtiger, weiter die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten." Diese Einschätzung teilt auch das Robert-Koch-Institut. Das Einhalten der Maßnahmen Abstand halten, Hände waschen sowie der Hust- und Niesetikette sind entscheidend. Das Tragen einer Maske kann lediglich zusätzlich zum Schutz beitragen. Auch der hygienische Umgang mit einem Mundschutz scheint viele Träger zu überfordern. &bdquo;Maskenträger fassen sich häufig ins Gesicht, nehmen den Schutz ständig auf und ab und waschen sich zuvor nicht die Hände. Das erhöht die Gefahr, dass sich Viren im Gesicht und an der Maske sammeln und steigert so das Infektionsrisiko", warnt Witte. Wichtig sei, dass sich Maskenträger möglichst selten ins Gesicht fassen, vor dem Auf- und Abnehmen die Hände waschen und die Maske eng anliegend tragen. Beim Sport sollten Menschen keine Masken tragen &bdquo;Häufig heißt es dann trotzdem noch, einfache Masken sind besser als nichts. Doch reicht diese Aussage als Grundlage für eine Maskenpflicht aus? Ich finde nicht." Witte empfiehlt Masken deshalb weiterhin nur in Situationen, wenn der Mindestabstand zu anderen nicht eingehalten werden kann. &bdquo;Das gilt für den öffentlichen Nahverkehr, aber in der Regel nicht für einen Supermarkt, wenn ich kurz an Menschen vorbei gehe." Beim Sport warnt Witte sogar vor einer Nutzung. &bdquo;Wenn Radfahrer inhalieren, besteht die Gefahr, dass Viren einatmen, denn auch Stoffmasken müssen regelmäßig gewechselt und gereinigt werden." Jena feiert die Maskenpflicht ohne Nachweis als Erfolg Als bundesweit erste Stadt hatte Jena am 6. April eine Maskenpflicht eingeführt. Nach zwei Wochen bewertet Oberbürgermeister Thomas Nitzsche die Maßnahme bereits als Erfolg, ohne jedoch einen Zusammenhang zwischen der Maskenpflicht und der Anzahl an Neuinfektionen ziehen zu können. Doch wie ist die Stimmung in OWL? Bislang hat noch keine Kommune eine Maskenpflicht eingeführt, doch innerhalb der Politik wird diskutiert. Eine Umfrage in Bielefeld und den Kreisstädten zeigt, dass sich die Städte ein einheitliches Vorgehen in NRW wünschen. Bielefelds Oberbürgermeister rechnet mit einer baldigen Einführung der Pflicht Bielefelds Oberbürgermeister Clausen ist nach einer Videokonferenz mit den anderen Oberbürgermeistern in NRW und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) zuversichtlich, dass eine Maskenpflicht bald eingeführt wird. &bdquo;Wir Menschen nehmen Empfehlungen, die uns nicht gefallen, oft nicht ernst. Deshalb brauchen wir eine verbindliche Vorgabe." Nach Angaben der Stadt Herford habe Scharrenbach zudem deutlich gemacht, dass sie kommunale Eigenwege ablehnt, erklärt Sprecherin Susanne Körner. Auch Minden, Paderborn, Höxter und Gütersloh fordern ein einheitliches Vorgehen in NRW. Obwohl es bislang keine Maskenpflicht in OWL gibt, wird das Tragen eines Mundschutzes bereits vereinzelt verlangt. Mit skurrilen Folgen, wie diese Beispiel zeigen: In einer Bielefelder HNO-Praxis müssen Patienten einen Mundschutz tragen. Wenn sei keinen dabei haben, müssen sie sich während des gesamten Aufenthalts in der Praxis drei Taschentücher über Mund und Nase halten. Bei zweistündiger Wartezeit eine ziemlich feuchte Angelegenheit. In einem Supermarkt in Herford werden Kunden am Eingang gebeten, sich einen Schal ins Gesicht zu ziehen, wenn sie keine Masken tragen. Übrigens auch dann, wenn sie aufgrund sommerlicher Temperaturen keinen dabei haben. Und beim Spaziergang in Gütersloh fährt ein Radfahrer mehrfach fast in den Graben, aus Angst sich innerhalb weniger Sekunden beim Vorbeifahren bei seinen Mitmenschen anstecken zu können.

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