Warum der Kreis Gütersloh bei Corona in OWL die traurige Spitze hält

Gütersloh. Das wars dann auch schon wieder mit dem Optimismus. Den hoffnungsvollen Satz, dass sich die Kurve der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus abflache, mochte Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts am Mittwoch nicht wiederholen. &bdquo;Es ist völlig offen, wie sich diese Epidemie entwickelt", erklärt er nun stattdessen. Man stehe erst am Anfang. Er sei aber zuversichtlich, dass die von der Regierung beschlossenen Einschränkungen der Kontakte Wirkung zeigten. OWL braucht Zuversicht Von dieser Zuversicht braucht dann auch Ostwestfalen-Lippe eine gehörige Portion. Denn hier ist die Zahl der Infizierten erstmals über die Grenze von 1.000 Fällen gestiegen. Damit liegt OWL mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern gleichauf mit dem Kreis Heinsberg mit seinen nur 250.000 Einwohnern. Köln mit 1 Million Einwohnern verzeichnet knapp 900 Infizierte. Dass Großstädte stärker betroffen sind als ländliche Regionen wie der Kreis Höxter mit seinen 33 bestätigten Fällen, leuchtet ein. Davon abgesehen, ist das Suchen nach Begründungen für die starken regionalen Unterschiede bis auf weiteres kaum mehr als ein Stochern im Nebel. Die Ursachen und Auslöser ließen sich &bdquo;seriös nicht nachvollziehen", heißt es aus dem Presseamt der Stadt Bielefeld mit ihren rund 120 Infizierten – einer Zahl, die für das Oberzentrum eher niedrig ist. Nicht einmal der Fall des infizierten Physiotherapeuten hat bisher die Zahl hier exorbitant in die Höhe getrieben. Bayerisches Fest im Kreis Minden-Lübbecke Das hat dagegen ein Fest im Norden des Kreises Minden-Lübbecke geschafft: der "Bayrische Abend" in Espelkamp. Seinerzeit war so etwas noch erlaubt, mehrere Personen haben sich hier angesteckt. Inzwischen gibt es hier 207 Infizierte, davon 52 in der Kreisstadt Minden. Der Kreis Lippe mit 204 Betroffenen hat dagegen weniger Erkenntnisse. &bdquo;Wir testen halt viel", heißt es aus dem Kreishaus. Inzwischen hilft hier die Bundeswehr aus, weil zu viele Arztpraxen ausgefallen sind. Im Kreis Paderborn war einer der ersten Infektionsfälle in einer Arztpraxis in Hövelhof aufgetreten. Die Praxis wurde geschlossen, mehrere Schulen ebenso. Zu Anfang der Corona-Krise war das noch ein echter Aufreger. Gütersloh hält die traurige Spitze Die traurige Spitze der Corona-Infizierten in OWL hält seit einigen Tagen der Kreis Gütersloh mit 277 Infizierten. Und hier lässt sich immerhin ablesen, dass die beiden größten Kommunen, die Stadt Gütersloh und Rheda-Wiedenbrück am stärksten betroffen sind. Im Kreis sind inzwischen 15 Arztpraxen betroffen, auch in einem Dialyse-Zentrum hat es Infizierte gegeben. Laut NRW-Gesundheitsministerium verzeichnet der Kreis damit im Landesvergleich die achtmeisten Fälle. Jan Focken, Sprecher des Kreises, weist zudem darauf hin, dass das Virus in wirtschaftlich stark entwickelten Regionen, wie es der Kreis Gütersloh ist, besonders viel Angriffsfläche vorfinde. &bdquo;Hier gibt es mehr Geschäftsreisen als anderswo", sagt Focken, &bdquo;hier gibt es auch mehr Urlaubsreisen". Das spiele sicher eine Rolle. In vielen Fällen, so Focken, sei die Infektion mit dem Coronavirus eine &bdquo;Gut-Situierten-Krankheit." Trotzdem: Laut NRW-Gesundheitsministerium gibt es "keine landesweit gültigen Erklärungen für eine höhere oder niedrigere Betroffenheit in den unterschiedlichen Regionen". Über den Kreis Gütersloh heißt es von dort immerhin mit Gewissheit, "die ersten fünf Fälle" seien "kurz zuvor in Österreich und Italien" gewesen. Thema Reisen ad acta gelegt Das Thema Reisen hat das Robert-Koch-Institut im übrigen inzwischen zu den Akten gelegt. Angesichts der immer weiteren Ausbreitung des Erregers mache es &bdquo;irgendwann keinen Sinn mehr, nach einzelnen Gebieten zu unterscheiden". Das Institut prüfe auch, wie es in Zukunft mit der Frage der Einstufung anderer Länder oder Regionen als Risikogebiet umgehe. Getestet werden soll weiterhin nur, wer Symptome entwickle. Neu ist allerdings die Ansage des RKI, dass Menschen mit akuten Symptomen einer Atemwegserkrankung, die in der Pflege, einer Arztpraxis oder im Krankenhaus arbeiten, getestet werden sollen – und das auch ohne vorherigen Kontakt zu einem bestätigten Fall.

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