Bielefeld. Die Wahl zum Ministerpräsidenten von Thüringen hat bei Politikern aus Ostwestfalen-Lippe Empörung, Fassungslosigkeit, aber auch vereinzelt Begeisterung hervorgerufen. Mit den Stimmen der AfD stellt nun die FDP den Ministerpräsidenten, Thomas Kemmerich. Es ist das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsidenten ins Amt verholfen hat.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar fordert von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer eine scharfe Reaktion auf die Wahl - und stellt bei einem Ausbleiben den Fortbestand der großen Koalition in Berlin in Frage. Die CDU-Chefin müsse sich klar davon distanzieren, dass ihr thüringischer Landesverband einen Ministerpräsidenten "gemeinsam mit den Neonazis von der Höcke-AfD ins Amt gehievt" habe, sagte sie nw.de. Kramp-Karrenbauer müsse nun beweisen, "dass sie ihren Laden im Griff" habe und eine Kooperation der CDU mit der AfD in Thüringen unterbinden. "Sonst stellt sich die Frage, ob wir als Sozialdemokraten im Bund weiter mit einer Koalitionspartner arbeiten können, der Neonazis nutzt, um eine Regierung zu bilden."
Auch die FDP sei in der Verantwortung, so Esdar, die im SPD-Vorstand sitzt und als enge Verbündete des neuen Führungsduos an der SPD-Spitze gilt:. "Herr Lindner sei an seinen Satz erinnert: ,Es ist besser, nicht zu regieren, als schlecht zu regieren'". Eine Regierung mit Unterstützung der AfD sei jedenfalls die schlechtest denkbare.
„Es bleibt dabei: klare Abgrenzung zur AfD! Keine Zusammenarbeit, keine Duldung - das gilt für Bund, Land und Kommunen, also auch für Thüringen", sagt Ralph Brinkhaus, der Vorsitzende der CDU-CSU-Bundestagsfraktion. "Das heißt in Konsequenz: keine Gespräche, Unterstützung oder Zusammenarbeit mit Herrn Kemmerich (FDP)."
Die aus Bielefeld stammende parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Hasselmann, schrieb auf Twitter:
Achim Post, SPD-Bundestagsmitglied für den Kreis Minden-Lübbecke, zeigt sich in einem Statement erschüttert: "Wer offen oder verdeckt mit der rechtsradikalen Höcke-AfD kooperiert, trägt die Verantwortung für einen der größten politischen Tabubrüche in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland."
Lob kommt hingegen vom Harsewinkler AfD-Bundespolitiker Udo Hemmelgarn, der Björn Höcke und der Thüringer AfD bei Facebook zu ihrer "großartigen Strategie" gratulierte. Worüber Vertreter anderer Parteien geschockt sind, ist für ihn offenbar der Grund zum Feiern: "Erster Ministerpräsident mit AfD Stimmen gewählt!"
Stefan Schwartze, SPD-Bundestagsabgeordneter für Herford und Bad Oeynhausen, fordert eine Reaktion der FDP im Bund:
Die Bielefelder SPD-Politikerin Christina Kampmann schrieb auf Twitter:
Zwar nicht aus OWL, aber auch eine bemerkenswerte Reaktion: Die Landesvorsitzende der Linken in Thüringen, Susanne Hennig-Wellsow gratulierte Thomas Kemmerich auf ihre Weise. Man könnte auch sagen: nicht.