Hagen

Passanten sehen tatenlos Entführung auf offener Straße zu

Zwei mutmaßliche Haupttäter im Alter von 23 und 26 Jahren wurden festgenommen.

Überwachungskameras zeichneten in Hagen nicht nur die Entführung, sondern auch die Untätigkeit der Passanten auf. | © picture alliance/Bildagentur-online

24.01.2020 | 24.01.2020, 12:49

Hagen (AFP). Mehrere Passanten sind im nordrhein-westfälischen Hagen Augenzeugen einer Entführung auf offener Straße geworden und haben dennoch nicht die Polizei informiert.

Überwachungskameras an einer Spielhalle nahmen die offenbar im Drogenmilieu begangene Tat sowie fünf unbeteiligte Zuschauer auf, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Freitag mitteilten. Die Passanten schauten demnach zumindest zeitweise dem Geschehen zu, ohne einzugreifen oder die Polizei zu alarmieren.

Staatsanwaltschaft prüft Verfahren gegen Zuschauer

Bei dem Entführungsfall ging es offenbar um eine räuberische Erpressung im Rockermilieu, die das 22-jährige Opfer später bei der Polizei anzeigte.

Er sagte nach Polizeiangaben, dass ein Mann, den er vom Sehen und mit Vornamen kannte, in die Spielhalle gekommen sei. Er habe ihn aufgefordert, mit nach draußen vor die Tür zu kommen.

Das Opfer sei dem Beschuldigten gefolgt und sei draußen auf weitere Personen, die sich an der dann folgenden Tat beteiligten, getroffen. Er sei vor der Spielhalle in den Schwitzkasten genommen und bis zur Ohnmacht gewürgt worden.

Angst vor den Tätern

Unter Drohung mit einem Messer sei er in einem Pkw zum Vereinsheim eines örtlich bekannten Motorradclubs verbracht worden, wo ein 23-jähriger Beschuldigter ihm eine Pistole in den Rücken gedrückt und ihn zum Betreten des Vereinsheims gezwungen habe. Dort sei ihm eine Geldforderung in Höhe von 4.000 Euro eröffnet worden, die er bis zum nächsten Tag zu zahlen habe.

Der Geschädigte war nach eigenem Bekunden mit den Beschuldigten in Drogengeschäfte verwickelt und hatte daraus Schulden. Da er die Summe nicht auftreiben konnte und Angst vor den Tätern hatte, entschied er sich zur Anzeige bei der Polizei. Zwei mutmaßliche Haupttäter im Alter von 23 und 26 Jahren wurden unterdessen festgenommen.

Stark befahrene Straße

Die Videobilder zeigen den Angaben zufolge unter anderem, wie die Täter ihr bewusstloses Opfer in ein Auto einladen. Die Staatsanwaltschaft Hagen prüft nun, ob sie gegen die Zuschauer Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung einleitet.

Der Ort des Geschehens liegt an stark befahrenen Straßen sowie einem zentral gelegenen großen Parkplatz, an dem zu dem Zeitpunkt noch Publikumsverkehr geherrscht haben dürfte, so  die Polizei. Sie geht davon aus, dass die Vorkommnisse von wesentlich mehr Personen beobachtet wurden. Die Ermittlungen werden fortgeführt.