Wie Mütter und Babys in OWL unter dem Hebammenmangel leiden

Bielefeld. Ein Baby, das ständig schreit, weil es Hunger hat. Eine Brust, die schmerzt, und trotzdem nicht genug Milch gibt. Verzweiflung und Traurigkeit, obwohl da ein gesundes Wunschkind vor einem liegt. Schmerzen im Unterleib und an der Kaiserschnittnarbe. Mit diesem Szenario müssen immer mehr Frauen und Familien in Ostwestfalen-Lippe alleine fertig werden. Denn sie finden keine Hebamme mehr, die sie im Wochenbett begleitet. Eine von ihnen ist Maria Weiß aus Bielefeld. Im Dezember 2018 sollte ihre Tochter zur Welt kommen, bereits im März, neun Monate vor dem Entbindungstermin, begann sie mit der Suche nach einer Hebamme. &bdquo;Da haben mir die meisten ganz unverblümt gesagt, dass ich viel zu spät dran wäre und am besten schon angefragt hätte, als ich geplant habe, schwanger zu werden." Weiß hatte schon aufgegeben, als sie durch einen Zufall doch noch fündig wurde. &bdquo;Wenn ich mir das im Nachhinein vorstelle, ich hätte das Wochenbett ohne Hebamme durchlebt, wird mir ganz anders." Stillprobleme, Milchstau und Fieber und eine große Unsicherheit begleiteten diese Zeit. Es ist ein Fall, der zeigt, wie herausfordernd das Wochenbett sein kann – und wie wichtig die Versorgung durch eine Geburtshelferin. Denn was Hebammen in dieser Zeit leisten, sind keine Wellnessbehandlungen, sondern zwingend notwendige, von der gesetzlichen Krankenkasse gezahlte medizinische Kontrolle, ob es Mutter und Kind gut geht. &bdquo;Wir überprüfen Milchfluss und Gewichtszunahme des Kindes. Wir überwachen den Heilungsprozess von Geburtsverletzungen und die Wundheilung des Nabels beim Kind", sagt Jule Schuld, freiberufliche Hebamme in Herford und Gütersloh und Mitarbeiterin in der Hebammenzentrale. &bdquo;Wenn eine Frau keine Hebamme hat, und das erleben wir hier ständig, müsste sie täglich zur Kontrolle zum Gynäkologen und zum Kinderarzt. Täglich aus dem Haus gehen macht im Wochenbett aber niemand und das kann gefährlich werden. Früher hieß das Kindbettfieber. Und daran sind die Frauen dann häufig gestorben." Doch selbst, wenn junge Mütter die Strapazen auf sich nehmen und in die Praxen gehen – bei dem gravierenden Ärztemangel vor allem unter Kinderärzten in OWL ist auch hier eine Versorgung nicht mehr sichergestellt. Marcus Heidemann ist Sprecher der 28 Kinderärzte im Berufsverband der Kinder und Jugendärzte: &bdquo;Wir haben beträchtlich mehr Arbeit durch die Situation. Auffangen können wir das nicht. Das Szenario, das junge Erstmütter ohne Hebamme und Kinderarzt sind, das haben wir schon jetzt." Bei den Gynäkologen ist es das Gleiche. &bdquo;Wir haben hier vermehrt Anfragen und Problemschilderungen aus dem frühen Wochenbett", sagt der Bielefelder Gynäkologe und stellvertretender Vorsitzender des Bezirksverbands der Frauenärzte Bielefeld-Gütersloh, Alexander Fischer. &bdquo;Viele dieser Probleme wurden in der Vergangenheit im häuslichen Umfeld von Hebammen abgefangen." Immerhin an einer Stelle gibt es gute Nachrichten: Die Katholische Hochschule NRW aus Paderborn und die FH Bielefeld wollen gemeinschaftlich ein Studienprogramm für Hebammen am Standort Bielefeld konzipieren. &bdquo;Der Antrag liegt dem Land NRW vor", sagt der Dekan des Fachbereichs Gesundheitswesen an der Katholischen Hochschule NRW, Wolfgang Matthias Heffels. Damit wäre gesichert, dass OWL Ausbildungsstandort für Hebammen bleibt – ein wichtiger Schachzug, lassen sich doch viele Hebammen dort nieder, wo sie ausgebildet wurden. Eine Zusage vom Ministerium gibt es allerdings noch nicht. Grundsätzlich geht die Bearbeitung hier seit Monaten eher schleppend voran. Auf Anfrage der Neuen Westfälischen teilte ein Sprecher mit, ein Antrag von Katholischer Hochschule und FH Bielefeld liege nicht vor. Eine Entscheidung des Landes zu den künftigen Standorten eines Hebammenstudiums sei deshalb auch noch nicht möglich. Nach Informationen dieser Zeitung wartet das Land bereits seit Monaten auf Finanzierungszusagen vom Bund. Dekan Heffels reagiert mit Unverständnis auf die Aussage: &bdquo;Der Antrag liegt beim Land. Wir sind bereits dabei, ein konkretes Konzept zu erstellen. Und würden gern nächstes Jahr starten."

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