
Berlin. Junge Leute leisten ein freiwilliges soziales Jahr, Rentner pflegen die Kasse des örtlichen Fußballvereins, Musiker stimmen den Kirchenchor ein – und alles ohne oder mit einer geringen Entlohnung. Das Ehrenamt ist in Deutschland entgegen aller Furcht vor einer wachsenden Ego-Gesellschaft weit verbreitet. Rund 30 Millionen Menschen unterstützen auf diese Weise das eine oder andere Anliegen.
Zwar sind Ehrenämter im klassischen Sinne Tätigkeiten, die ohne eine Entlohnung ausgeübt werden. Doch in vielen Bereichen haben sich mittlerweile Aufwandsentschädigungen durchgesetzt.
Helfer sollen generell Punkte fürs Rentenkonto erhalten
So erhalten beispielsweise Trainer im Sportverein oder die freiwillige Putzhilfe im Vereinsheim häufig einen kleinen Betrag als Ausgleich für ihren Aufwand. Dafür gibt es pauschale Freibeträge, die steuerfrei sind und für die auch keine Sozialabgaben fällig werden.
Die Finanzminister der Länder haben sich nun für eine deutliche Erhöhung der Sätze ausgesprochen. Bei Übungsleitern liegt der Freibetrag derzeit bei 200 Euro im Monat oder 2.400 Euro im Jahr. Er soll auf 3.000 Euro angehoben werden. Für andere Tätigkeiten gilt bisher die Ehrenamtspauschale von 720 Euro jährlich. Künftig werden es 840 Euro sein. Beide Pauschalen können auch kombiniert werden, wenn beispielsweise ein Trainer nebenbei auch noch die Vereinskasse führt.
Ehrenamt lohnt sich auch für die eigene Rente
Auch wenn es den Beteiligten dabei meist nicht ums Geld geht, können sie unter bestimmten Voraussetzungen davon an einem überraschenden Punkt profitieren – der Rente. Nach dem Willen der Tafel, die mit der Hilfe von 60.000 Freiwilligen Lebensmittel an Bedürftige verteilt, sollen ehrenamtliche Helfer generell Punkte für das Rentenkonto erhalten. „Wir möchten, dass der Einsatz der Freiwilligen auch vom Staat den notwendigen Rückhalt erhält", sagt er Vorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl. Denn noch ist das die Ausnahme. „Ein Ehrenamt lohnt sich auch für die eigene Rente, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit rentenversicherungspflichtig ist", sagt der Sprecher der Deutschen Rentenversicherung (DRV), Dirk von der Heide. Zwar sind die ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Regel von Sozialabgaben befreit, doch gibt es davon Ausnahmen. Dazu zählen die häusliche Pflege oder das freiwillige Soziale oder ökologische Jahr sowie der Bundesfreiwilligendienst.
In der Pflegeversicherung gibt es seit 2017 fünf Grade der Hilfsbedürftigkeit. Pflegerinnen und Pfleger, die nicht hauptberuflich anderen helfen, sind in der Rentenkasse pflichtversichert. Dafür muss die Tätigkeit wenigstens zehn Stunden in der Woche, verteilt auf wenigstens zwei Tage ausgeübt werden und der Patient zumindest in der Pflegestufe zwei eingestuft sein.
Die Freiwilligendienste sind rundum sozialversicherungspflichtig. Nur Ältere im regulären Rentenalter sind davon befreit. Auch hier werden die Rentenbeiträge vom Arbeitgeber alleine bezahlt. „Diese Pflichtbeiträge wirken sich auf Ihr Rentenkonto aus und erhöhen ihre spätere Rente", halten die DRV-Experten fest.
Darüber hinaus gibt es noch eine Möglichkeit, mehr für das Alter vorzusorgen. Beansprucht das Ehrenamt so viel Zeit, das der Hauptberuf nicht mehr im gewohnten Umfang ausgeübt werden kann, verdient der Betreffende normalerweise auch weniger Geld.
Die Tafel sammelt Unterschriften für eine Petition
„Wird für eine ehrenamtliche Tätigkeit beispielsweise für eine gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Einrichtung die Hauptbeschäftigung eingeschränkt ausgeübt, kann der Arbeitgeber für das ausfallende Arbeitsentgelt dennoch Rentenversicherungsbeiträge zahlen", sagt von der Heide.
Die Kosten dafür müssen die Ehrenamtlichen allerdings selbst übernehmen. Dies würde die Tafel gerne ändern. Der Verein sammelt Unterschriften für eine Petition im Bundestag. ?¦ Meinungsbörse