
Düsseldorf. Auf kleinen Bühnen von Dorffesten und Familienfeiern fängt alles an. Manfred Weber ist lange Frontmann und Leadgitarrist der Coverband „Peanuts" in seiner niederbayerischen Heimat, bevor er in der Politik die große Karriere startet. Seine Lieblingsstücke: Hits der britischen Rockgruppe „Queen". Bei Auftritten seiner Band lernt er Bühnenpräsenz und den Umgang mit Lampenfieber.
Manfred Weber, heute 46 Jahre alt und seit 15 Jahren Abgeordneter im Europa-Parlament, will jetzt in der Politik auf die ganz große Bühne. Sein ehrgeiziges Ziel: als Nachfolger des Luxemburgers Jean-Claude Junker Präsident der EU-Kommission zu werden, quasi Regierungschef der EU. Als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), dem Verbund von 51 christdemokratischen und konservativen Parteien in der Europäischen Union, sind seine Aussichten nicht schlecht. Seit 1999 stellt die EVP die größte Fraktion im Straßburger Parlament. Umfragen zufolge könnte dies auch nach den Europawahlen so bleiben.
Das Gegenmodell zum Quertreiber Seehofer
Der CSU-Weber ist das Gegenmodell zum ewigen Quertreiber Horst Seehofer. Der smarte Diplomingenieur aus der niederbayerischen Provinz ist überzeugter Europäer und Vertreter des liberal-konservativen Flügels der CSU. Vielen gilt er als der Merkel-Versteher in der bayerischen Schwesterpartei, versuchte in den Konflikten zwischen dem damaligen CSU-Parteichef Seehofer und der CDU-Kanzlerin Merkel zu vermitteln.
Zum konservativen Profil des Niederbayern gehört, dass er sich öffentlich zu seinem katholischen Bekenntnis bekennt. Er ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, und in seinem Umfeld heißt es, dass er Sonntags regelmäßig die hl. Messe besucht. Die christlichen Wurzeln gehören für ihn zur DNA Europas. Als er bei seinem Auftritt auf dem CDU-Landesparteitag am Wochenende in Düsseldorf von dem spricht, was Europa ausmacht, sagt er, egal ob in Portugal oder Finnland, ob in Irland oder Bulgarien – „im Mittelpunkt jedes Dorfes, jeder Stadt in Europa steht eine Kirche". Auch dafür erhält er von den 676 Delegierten der NRW-CDU tosenden Beifall. Nach seiner 45-minütigen Rede feiern die Delegierten den Mann der CSU regelrecht, minutenlang klatschen sie stehend Beifall. Wann hätte es das bei der NRW-CDU jemals gegeben?
Mit 29 Jahren im Landtag
Seine politische Karriere beginnt der Niederbayer als Vorsitzender der bayerischen JU, als 29-Jähriger wird er in den Bayerischen Landtag gewählt, um zwei jahre später bereits nach Straßburg zu wechseln. 2009 wird er stellvertretender Chef, seit 2014 steht er an der Spitze der EVP-Fraktion.
Der Niederbayer spricht fließend Englisch, was ihm bei seiner Europawahlkampagne, die ihn in diesen Wochen quer über den Kontinent führt, zu Gute kommt. „The Power of WE" heißt sein Slogan. „WE" steht für Weber. Gut gelaunte junge Mitstreiter, Plakate mit dem Weber-Slogan hochaltend, begleiten den EVP-Spitzenmann in den Saal des vornehmen Düsseldorfer Maritim-Hotels, in dem die NRW-CDU tagt – der konservative Weber ist ein moderner Wahlkämpfer. In Videoclips, auf den Seiten der sozialen Netzwerke zeichnen die Macher seiner Kampagne das Bild des bürgernahen Brückenbauers. „Bayern ist meine Heimat, Deutschland mein Vaterland und Europa meine Zukunft", zitiert er gerne den legendären früheren CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß – auch auf dem Parteitag der NRW-CDU.
Erinnerungsfoto mit dem Spitzenkandidaten
Geduldig steht er wenig später am Rand der Parteitagsbühne und lässt sich immer wieder fotografieren. Selbst Landtagsabgeordnete stehen Schlange, um ein Erinnerungsfoto mit dem EVP-Spitzenkandidaten aus Bayern zu ergattern. Weber hört nicht auf zu lächeln.
Über das Privatleben des Mannes, der einer der mächtigsten Männer Europas werden will, ist wenig bekannt. Er ist seit 2002 verheiratet. Ob das Paar, das in Wildenberg im niederbayerischen Landkreis Kelheim lebt, Kinder hat, darüber gibt niemand Auskunft. – Privatsache, heißt es.
Laschet würdigt Europapolitiker Brok
Zu Beginn des Landesparteitags hat CDU-Landeschef und Ministerpräsident Armin Laschet die Verdienste von Europapolitiker Elmar Brok gewürdigt. Der Bielefelder gehört seit 1980 dem Europaparlament an ist damit der dienstälteste Abgeordnete in Straßburg überhaupt. Bei den Europawahlen am 26. Mai kandidiert er nicht mehr. „40 Jahre lang Leben, Streiten und Kämpfen für Europa – das ist Elmar Brok", sagte Laschet. Ein bewegender Moment: Brok ist den Tränen nahe, als er sich bei Laschet und der NRW-CDU bedankt: „Ihr habe mir ermöglicht, dass ich mich solange für Europa einsetzen konnte."