Von
Thoralf Cleven
02.05.2019 | 02.05.2019, 17:47
Prognose bis 2060
Die Zahl der Mitglieder der westfälischen und lippischen Landeskirche könnten bis zum Jahr 2060 deutlich schrumpfen. Das geht aus einer Studie der Universität Freiburg hervor. Grund dafür sei nicht nur der demographische Wandel.
Bielefeld/Detmold. Die Zahl der Mitglieder der westfälischen und lippischen Landeskirche könnten bis zum Jahr 2060 deutlich schrumpfen. Das geht aus einer Studie der Universität Freiburg hervor.
Demnach könnte sich die Mitgliederzahl der westfälischen Landeskirche innerhalb der nächsten 40 Jahre von aktuell 2,24 Millionen auf 990.000 Mitglieder mehr als halbieren. Für die lippische Landeskirche wird in der Studie ein Rückgang von 160.000 Mitgliedern im jahr 2017 auf 58.000 Mitglieder im Jahr 2060 prognostiziert.
Auch für die bundesweite Entwicklung prognostiziert die Studie, dass die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland sich bis zum Jahr 2060 halbieren könnte. Laut Prognose gehörten dann nur noch 22,7 Millionen statt bisher 44,8 Millionen Menschen der katholischen oder evangelischen Kirche an.
Grund für den Mitgliederschwund sind laut der Untersuchung unter anderem der demographische Wandel. Bedeutet: Es sterben mehr Menschen, als geboren werden oder zuwandern. Vom gesamten, prognostizierten Mitgliederrückgang (49 Prozent) mache das aber nur 21 Prozent aus. Die weiteren 28 Prozent seien „kirchengemacht". Heißt: Auch die Zahl der Taufen seien gesunken. Zudem seien deutlich mehr Kirchenaustritte als -eintritte zu verzeichnen.
Die Ergebnisse seien ein Signal, wie wichtig es sei, den Weg des Wandels aktiv gestaltend weiterzugehen, sagte die westfälische Präses Annette Kurschus in Bielefeld. Zum Wandel gehöre eine umfassende Aufgabenklärung: „Was müssen wir tun, was können wir lassen?", erklärte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter. Das laufe bereits.
Mit der sinkenden Zahl der Mitglieder verringert sich demnach auch der finanzielle Spielraum erheblich. Um sich die gleichen Ausgaben zu leisten wie im Jahr 2017 bräuchten die Kirchen in Deutschland im Jahr 2060 Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 25 Milliarden Euro. Zur Verfügung stehen werde ihnen aber nur knapp die Hälfte.
Die Landeskirchen in Westfalen und Lippe entwickeln schon jetzt ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten wie systematisches Fundraising. Die Lippische Landeskirche versuche mit verschiedenen Maßnahmen bereits heute gegenzusteuern, erklärte auch der Lippische Landessuperintendent Dietmar Arends in Detmold.
Die Lippische Landessynode habe etwa im vergangenen Jahr die Einrichtung von sogenannten Erprobungsräumen beschlossen. So will die Landeskirche zukunftsweisende, modellhafte Projekte in den Gemeinden fördern.
Beispiele seien die regionale Zusammenarbeit von Kirchengemeinden, oder neue Wege der Verkündigung, Diakonie, Jugendarbeit und digitaler Kommunikation. Für die fünfjährige Projektphase stellt die Landeskirche insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärte, er gerate angesichts dieser Projektion nicht in Panik, sondern die katholische Kirche werde ihre Arbeit entsprechend ausrichten. "Für mich ist die Studie auch ein Aufruf zur Mission."
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, "manches am Rückgang an Kirchenmitgliedern werden wir nicht ändern können. Anderes aber schon."
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