
Salzkotten. Beim zweiten Kind wollte Ann Cathrin Auge unbedingt im Wasser entbinden. „Ich habe sehr viel Gutes über die Wassergeburt gehört", sagt die 31-Jährige aus dem Salzkottener Ortsteil Verlar. Vor drei Jahren hatte sie sich noch auf eine Betäubung des Rückenmarks verlassen, um den Geburtsschmerz zu mindern, eine so genannte PDA. „Es war trotzdem sehr schmerzhaft", sagt sie.
Mit Cleo, jetzt sieben Monate alt, ging alles viel leichter. „Es war angenehmer und entspannter", erzählt die zweifache Mutter. „Hätte ich das gewusst, hätte ich beim ersten Mal auch in der Wanne entbunden."
Möglich ist das mittlerweile in vielen Geburtskliniken. Die Häuser kommen damit dem Wunsch vieler werdender Mütter nach. Dem Portal kinderinfo.net zufolge möchten mehr als 30 Prozent von ihnen im Wasser entbinden. Tatsächlich kommen in den deutschen Entbindungsstationen laut einer Statistik des Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen IQTIG kaum zwei Prozent der Kinder im Wasser zur Welt. Zwei Drittel der Kinder werden demnach im Kreißbett geboren, ein Drittel wird per Kaiserschnitt geholt. In der außerklinischen Geburtshilfe, also bei Hausgeburten und in Geburtshäusern, liegt die Quote der Wassergeburten bei fast 25 Prozent, so die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe.
Schmerzhafte Risse sind seltener
Im St. Josefs-Krankenhaus in Salzkotten ist mittlerweile jede zehnte Geburt eine Wassergeburt. „Jede zweite Frau wünscht sich das", sagt Hebamme Karina Brüggemeier. Allerdings gebe es einige Ausschlusskriterien wie die Rückenmarksbetäubung oder schlechte Herztöne des Kindes. Ansonsten spreche wenig dagegen, das Kind im Wasser zu bekommen. Im Gegenteil. „Es gibt eine erhebliche Schmerzerleichterung", erklärt Brüggemeier. „Und es gibt viel weniger Geburtsverletzungen." Weil der Damm durch das warme Wasser gut vorbereitet sei, komme es viel seltener zu schmerzhaften Rissen, die genäht werden müssen.
Oberärztin Christine Schmücker teilt diese Einschätzung. „Die Frauen sind auch deutlich beweglicher", sagt sie. „Die Geburt verläuft sehr selbstbestimmt." Die Geburtshelfer könnten nicht unmittelbar eingreifen und so auch „nichts Unnötiges machen". Nur wenn es kritisch wird und sich die Geburt nicht so entwickelt, wie sie sollte, müsse die Frau die Wanne verlassen.
Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Die Kluft zwischen dem Wunsch der Frauen nach einer Wassergeburt und der Wirklichkeit erklärt die Hebamme aus Salzkotten auch mit dem hohen Betreuungsbedarf. „Es muss immer eine Hebamme dabei sein", sagt Karina Brüggemeier. Kommt eine zweite Frau mit Wehen, muss eine Kollegin aus der Bereitschaft hinzugerufen werden. Wenn in großen Kliniken mehrere Mütter gleichzeitig entbinden und mehrere Kreißsäle belegt sind, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Wassergeburt.
Oberärztin Schmücker empfiehlt deshalb, sich nicht auf den äußeren Schein zu verlassen. „Die Frauen sollten aktiv hinterfragen, wie viele Wassergeburten die Klinik tatsächlich hat", sagt sie. Mit fünf Prozent sei eine Entbindungsstation „schon gut dabei". Auf eine entsprechende Anfrage der NW haben nur wenige Kliniken in OWL geantwortet. Aus den Angaben lässt sich ableiten, dass große Kliniken mit vielen Risikogeburten unterdurchschnittlich wenig Wassergeburten haben.
Das St. Elisabeth Krankenhaus Gütersloh kommt auf eine Quote von 2,6 Prozent, die Frauenklinik St. Louise in Paderborn auf 2,7 Prozent. Das St. Ansgar-Krankenhaus in Höxter berichtet von einer Wassergeburtsrate von gut fünf Prozent. Weniger Dammschnitte und Verletzungen nennt die dortige Oberärztin Kerstin Todt als Vorteil. Außerdem berichteten viele Frauen, „die Wehen würden sich nicht so intensiv anfühlen", sagt sie.