
Dortmund. In den sozialen Netzwerken erntet Borussia Dortmund reichlich Spott nach der Berufung von FDP-Chef Christian Lindner in den Wirtschaftsrat des Fußballvereins. Ein Fan fragt, ob jetzt beim BVB gelte: „Es ist besser, nicht Deutscher Meister zu werden, als falsch Deutscher Meister zu werden."
Ein anderer schreibt bei Facebook: „Okay, Lindner möchte auch mal oben stehen." Ein Schalke-Fan fügt hinzu: „In Gelsenkirchen wählt jetzt keiner mehr FDP." Der Kreisverband Recklinghausen der „Partei" meint lapidar: „Ein kluger Schachzug der Bayern."
Lindner selbst bedankt sich über Twitter artig beim BVB-Vorstand für die Berufung: „Ist mir eine Ehre." Der aus dem Bergischen Land stammende Politiker ist schon seit einigen Jahren Mitglied beim BVB und hatte sich kürzlich auch als echter Fan der Schwarzgelben geoutet. Ihm gefalle die Spielweise der Dortmunder und die Atmosphäre im Stadion, sagte er geradezu fußball-fachmännisch.
Lindner bedankt sich artig über Twitter

Der BVB-Wirtschaftsrat ist das Kontrollgremium des Vereins Borussia Dortmund, nicht zu verwechseln mit der in die Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA ausgegliederten Profiabteilung des Klubs. Deren Chef ist Hans-Joachim Watzke, dessen Vater von 1975 bis 1990 CDU-Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag war, und wird von einem Aufsichtsrat kontrolliert.
Mitglied dieses Aufsichtsrats sind übrigens zwei weitere prominente Politiker: der frühere NRW-Ministerpräsident und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und der frühere Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos).
Präsident des Vereins ist der Sozialdemokrat Reinhard Rauball, der 1999 eine Woche lang NRW-Justizminister unter Ministerpräsident Wolfgang Clement war. Dem Wirtschaftsrat des Vereins gehören neben dem neuen Mitglied Lindner auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) und der FDP-Politiker Gerhard Papke an.
Papke, den Christian Lindner einst von der Spitze der FDP-Fraktion im NRW-Landtag verdrängte, ist übrigens einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker von Lindner. Der frühere SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Römer wiederum gehört dem Beirat des Vereins an.
Legendär ist auch die Rolle von Lindners Vorgänger
Lindners Berufung in das BVB-Gremium ist also kein Einzelfall. Auch in vielen anderen Klubs nutzen Politiker Posten und Pöstchen als Bühne für die eigene Profilierung und zur Befriedigung ihrer Eitelkeit. Legendär ist die Rolle, die einer von Lindners Vorgängern als FDP-Chef, Jürgen W. Möllemann, einst bei BVB-Konkurrent Schalke 04 spielte. Unübersehbar bei jedem Heimspiel war er Vorsitzender des Aufsichtsrats von Schalke, bis er 2001 seinen Posten an den Fleischfabrikanten Clemens Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück verlor. Der regiert auf Schalke bis heute.
Hannover 96 schmückt sich seit Dezember 2016 mit dem aus Lippe stammenden Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzendem. Wie wirksam der seinen persönlichen Freund und Tennispartner, Klub-Chef Martin Kind, wirklich kontrolliert, bleibt das Geheimnis der beiden. Der EU-Kommissar und frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) erfreut sich seit vielen Jahren an seinem Posten als Vorsitzender des Verwaltungsrats von Bayern München.
Der 1. FC Köln wird gerade von einer großen Koalition regiert
Der 1. FC Köln wird gerade von einer ganz großen Koalition regiert. Dem Beirat des Klubs, der den Vorstand in seiner Arbeit begleiten und unterstützen soll, gehören zurzeit der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der SPD-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Werner Gatzer, und der frühere Staatssekretär im NRW-Umweltministerium, Horst Becker (Grüne), an.
Auch in OWL gibt es Politiker, die nicht nur einen Stammplatz im Stadion, sondern auch einen Posten bei einem bekannten Fußballverein haben. Der Paderborner Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, ist seit Juni dieses Jahres Vize-Präsident des zurzeit sehr erfolgreichen Zweitligisten SC Paderborn.
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