Kleve

Unschuldig in Haft: Syrer stirbt nach Zellenbrand

Ein 26-Jähriger saß im Gefängnis, weil er mit einem Mann aus Mali verwechselt worden war. Nun ist er tot. Die Opposition spricht von einem Justizskandal

Brandort: In der JVA Kleve starb ein Häftling. Er saß unschuldig ein. | © dpa/picture alliance

Lothar Schmalen
02.10.2018 | 02.10.2018, 22:26
Nordrhein-Westfalen hat einen handfesten Justizskandal. Der 25-jährige Syrer, der nach einem Zellenbrand im Gefängnis in Kleve an seinen schweren Verletzungen gestorben ist, saß seit zwei Monaten zu Unrecht im Gefängnis. Das mussten die Justizbehörden jetzt einräumen.

Offenbar ist der Syrer mit einem Mann aus Mali verwechselt worden, der ins Gefängnis sollte, weil er seine Geldstrafe nach einem Diebstahl nicht bezahlt hatte. Der Mann aus Mali sei in Hamburg unter dem Namen des Syrers aufgetreten, hieß es. Obwohl der falsche Name nur als Aliasname im Haftbefehl vermerkt war, wurde der Syrer, dessen Name der Malier angenommen hatte, Anfang Juli in Geldern festgenommen und ins Gefängnis gebracht.

Behörde korrigierte ihren Irrtum nicht

Die Justizbehörden korrigierten ihren Irrtum auch nicht, als die Hamburger Staatsanwaltschaft bereits vor zwei Monaten zweimal nachgefragt habe, ob die Identität des Mannes geklärt sei. Einmal sei die Anfrage mit „Nein" beantwortet worden. Freigelassen wurde der Syrer aber nicht. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft in Kleve ein Ermittlungsverfahren wegen Freiheitsberaubung im Amt gegen mehrere Polizeibeamte eingeleitet. Warum der Brand in der Zelle ausbrach, ist noch nicht geklärt, womöglich war eine Zigarette der Auslöser.

In der Kritik: Justizminister Peter Biesenbach. - © dpa/picture alliance
In der Kritik: Justizminister Peter Biesenbach. | © dpa/picture alliance

Die Opposition aus SPD und Grünen wirft NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) vor, den Landtag lückenhaft über den Vorfall unterrichtet und ihn heruntergespielt zu haben. Am Tage einer Sitzung des Rechtsausschusses, in der der Brand in Kleve zur Sprache gekommen sei, sei die Verwechslung bereits bekannt gewesen – ebenso wie die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Kleve gegen Polizeibeamte ermittele. Der Minister habe das den Parlamentariern aber verschwiegen, sagte SPD-Fraktions-Vize Sven Wolf im Landtag. Entweder habe Biesenbach das Parlament absichtlich falsch informiert oder er wisse nicht, was in seinem Geschäftsbereich passiere.

Minister weist Kritik zurück

Minister Biesenbach wies die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft Kleve habe am Sitzungstag, dem 26. September, erst um 17.20 Uhr von der Verwechslung erfahren und die vorgesetzten Stellen von dieser Information noch am gleichen Abend in Kenntnis gesetzt. Im Rechtsausschuss war das Thema aber bereits Mittags zwischen 13.30 und 14.00 Uhr zur Sprache gekommen. Den Abgeordneten Wolf habe er außerdem in zwei persönlichen Telefonaten am 28. und 30. September persönlich informiert.

Am Freitag werden sich der Rechtsausschuss und der Innenausschuss in einer Sondersitzung mit dem Vorfall befassen. Die Sondersitzung ist von CDU , FDP, SPD und Grünen beantragt worden.