Paderborn

Deutsch-Russische Gesellschaft: „Wir sollten den Russen die Hand reichen“

WM: Stefan Schwan von der Deutsch-Russischen Gesellschaft Paderborn fordert mehr Dialog

Die Sankt Basileus Kathedrale auf dem Roten Platz in Moskau. | © CC0/Pixabay

Miriam Scharlibbe
26.06.2018 | 26.06.2018, 12:39

Paderborn. Russland, Gastgeber der Fußball-WM, wirkt auf viele Deutsche wie ein weit entferntes unbekanntes Land. Dabei leben auch in Ostwestfalen-Lippe viele Menschen mit russischen Wurzeln, familiären oder beruflichen Verbindungen in das Riesenreich. In verschiedenen Vereinen und deutsch-russischen Gesellschaften tauschen sie ihre Erfahrungen aus und versuchen, den Dialog zwischen den Ländern zu stärken. In Paderborn hat die Gruppe mehr als 100 Mitglieder. Präsident Stefan Schwan bezweifelt, dass von der WM eine Wirkung für die Völkerverständigung ausgeht.

„Das deutsch-russische Verhältnis hat sich in den letzten 15 Jahren massiv verschlechtert. Während der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder waren die Beziehungen freundschaftlicher", sagt Schwan. „Ich glaube leider nicht, dass eine Fußball-Weltmeisterschaft den Knoten zerschlagen kann."

Lebte in Russland: Stefan Schwan aus Paderborn. - © Miriam Scharlibbe
Lebte in Russland: Stefan Schwan aus Paderborn. | © Miriam Scharlibbe

Der Präsident der Deutsch-Russischen Gesellschaft Paderborn, hat von 2005 bis 2008 selbst in Moskau gelebt. Drei Jahre arbeitete er dort für den Deutschen Akademischen Austauschdienst. Heute leitet Schwan das International Office an der Uni Paderborn.

In seiner ganzen Berufsbiografie ging es ihm um Annäherung und Verständnis verschiedener Länder füreinander. Das treibt ihn auch bei der Arbeit in der Deutsch-Russischen Gesellschaft an. „Da geht es auch schonmal hoch her. Nach der Annexion der Krim sind zum Beispiel einige Mitglieder ausgetreten, die sich nur schwer mit dem Verhalten Russlands identifizieren konnten", berichtet der 49-Jährige. „Über fehlende Kontroversen brauchen wir uns nicht beklagen."

Der Verein scheut die Debatten nicht. Vor zwei Jahren veranstaltete er eine Lesung mit Gabriele Krone-Schmalz, die durch kontroverse Thesen häufig auch abfällig als Russlandversteherin kritisiert wird. Vor Kurzem folgte Gernot Erler, ehemaliger Russland-Beauftragter der Bundesregierung, der Einladung nach Paderborn.

Schwan glaubt, dass solche kleinen Begegnungen mit durchaus lebendigen Debatten helfen können, das deutsch-russische Verhältnis wieder zu verbessern. Zumindest eher als politische Standpauken, wie sie der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) zuletzt vor allem in Richtung Moskau sendete. „Wir Deutschen verstehen oft nicht, dass die 90er-Jahre tiefe Spuren in Russland hinterlassen haben. Während wir blühende Landschaften hatten, gab es dort nur Chaos." Das erkläre auch die Sehnsucht nach dem starken Mann Putin.

„Ich würde mir wünschen, dass man wieder ins Gespräch kommt." Das sei wichtiger, als jede WM. „Natürlich muss man kritisieren, was in Russland falsch läuft", so Schwan. „Aber wir sollten den Russen doch auch immer wieder die Hand reichen."