Bünde

Journalist aus Leidenschaft: Fritz Pleitgen wird heute 80

Der ehemalige Korrespondent, Chefredakteur und Intendant des WDR, wird heute 80 Jahre alt. Seine Wurzeln liegen in Ostwestfalen-Lippe.

Blick in die Weite: Fritz Pleitgen schaut über den zugefrorenen Don in der Nähe der russischen Stadt Pawlowsk. Auch im Rentenalter war Pleitgen für den WDR in der Welt unterwegs. Foto: WDR/Stefan Tolz | © Verwendung weltweit

Lothar Schmalen
21.03.2018 | 21.03.2018, 06:55

Bünde/Köln. Dass seine Wurzeln in Ostwestfalen-Lippe liegen, hat Fritz Pleitgen nicht vergessen. Immer wieder kehrt einer der bedeutendsten Journalisten der Region hierhin zurück – nach Bielefeld oder nach Bünde, wo er den Journalismus einst von der Pike auf lernte. „Wir sind Ostwestfalen, und als solche sind wir zum Optimismus ja verpflichtet", sagte er einmal, als er anlässlich der zweiten Wahl von Barack Obama zum amerikanischen Präsidenten im November 2012 zu Gast in der Redaktion der NW war.

Dabei ist der Mann, der am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Bünde zwar zur Schule ging, aber vor dem Abitur hinwarf, gar nicht in OWL geboren. Er ist ein Kind des Ruhrgebiets, erblickte das Licht der Welt in Duisburg-Meiderich, bevor er nach Bünde kam. Schon als 14-Jähriger arbeitete er dort als Sportreporter für die Freie Presse, einem Vorläufer der Neue Westfälischen Zeitung. Aus dem Reporterdasein wurde 1959 ein Volontariat. Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass nur sechs Jahre zuvor sein späterer Vorgänger im Amt des WDR-Intendanten, Friedrich Nowottny, ebenfalls bei der Bielefelder Freien Presse den Beruf des Redakteurs erlernte.

Von Bielefeld über Köln in die Welt

1979: Fritz Pleitgen als Korrespondent in Ost-Berlin. - © Verwendung weltweit
1979: Fritz Pleitgen als Korrespondent in Ost-Berlin. | © Verwendung weltweit

Pleitgen wechselte 1963 zum Westdeutschen Rundfunk nach Köln. In der Redaktion der Tagesschau war er zunächst für Politik und Wissenschaft zuständig. Lange aber hielt es ihn nicht in der Sendezentrale des WDR. Es drängte ihn hinaus in die Welt. Das Korrespondentenleben sollte es sein. Schon 1964 ging er nach Brüssel, dann nach Paris. Doch die Aufgabe, die ihn in ganz Deutschland bekannt machte, folgte dann deutlich weiter im Osten, von 1970 bis 1977 in Moskau. Hier führte er als erster westlicher Journalist ein Interview mit KPdSU-Chef Leonid Breshnew. Noch schwieriger als in Moskau war der Job, der ihn 1977 in Ost-Berlin erwartete. Dort war gerade ARD-Korrespondent Lothar Loewe des Landes verwiesen worden, weil er immer wieder kritisch über die SED-Herren berichtet hatte.

2003: Fritz Pleitgen mit Liz Mohn im Assapheum. Foto: Frücht - © andreas frücht
2003: Fritz Pleitgen mit Liz Mohn im Assapheum. Foto: Frücht | © andreas frücht

Dann ging es wieder in den Westen, in die USA, wo er als Leiter des Studios in Washington fünf Jahre lang die Politik des damaligen Präsidenten Ronald Reagan kritisch begleitete. Ein Jahr noch berichtete er aus New York, dann holte der damalige WDR-Intendant Nowottny seinen ehemaligen Bielefelder Kollegen Pleitgen in die Sendezentrale nach Köln zurück. Dort war er dann bis 1993 Chefredakteur des WDR-Fernsehens. In der Zeit des Mauerfalls und des Zusammenbruchs der Sowjetunion mahnte er die Kollegen zu einer gemäßigten Berichterstattung. Ein für ihn typischer Satz jener Tage: „Dies ist eine explosive Zeit, der wir nicht noch zusätzlichen Zunder geben sollten."

"Wir tragen schwer an der Tragödie"

1996: Fritz Pleitgen (v. l.) feiert mit FDP-Politiker Jürgen Möllemann und NRW-Bauminister Michael Vesper Karneval. Fotos: dpa - © Franz-Peter Tschauner
1996: Fritz Pleitgen (v. l.) feiert mit FDP-Politiker Jürgen Möllemann und NRW-Bauminister Michael Vesper Karneval. Fotos: dpa | © Franz-Peter Tschauner

Nach einem Jahr als WDR-Hörfunkdirektor folgte schließlich 1995 der Höhepunkt seiner Karriere, die Wahl zum Intendanten des Westdeutschen Rundfunks. Beim WDR ist der Name Pleitgen mit der Regionalisierung des Senders verbunden. Er hob den Kanal Einslive aus der Taufe, der sich an ein jüngeres Publikum richtet, ebenso wie die Hörfunkwelle WDR 5, die ein reines Informationsprogramm ausstrahlt. Nach einem politischen Hickhack bei der Intendantenwahl 2006 schied Pleitgen aus – da war er immerhin schon 68, also im besten Rentenalter.

Schluss war deshalb allerdings noch lange nicht. 2007 wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der Ruhr 2010 GmbH. Die Gesellschaft war für das Jahr der europäischen Kulturhauptstadt Ruhrgebiet zuständig. Am Ende stand eine Tragödie. Schließlich hatte die Ruhr 2010 GmbH mit dafür gesorgt, dass 2010 die Loveparade nach Duisburg geholt wurde, jene Veranstaltung, die dann zur Katastrophe wurde. „Wir tragen schwer an der Tragödie", sagte ein am Boden zerstörter Pleitgen nach dem Unglück.

Bis heute steht Pleitgen für eher unaufgeregten, seriösen Journalismus. Kein Zufall, dass er bei „seinem" Fernsehen heute die kritische Berichterstattung vermisst. „Talkshows ersetzen keine seriöse Hintergrundberichterstattung", sagte er einmal. Heute wird Fritz Pleitgen 80 Jahre alt.