Düsseldorf

Streit um Erweiterung des Düsseldorfer Flughafens

Anrainerstädte und lärmgeplagte Bürger leisten massiven Widerstand

23,5 Millionen Passagiere pro Jahr: Der Düsseldorfer Flughafen ist das größte Luftdrehkreuz in NRW. | © dpa

Lothar Schmalen
15.02.2017 | 15.02.2017, 11:26

Düsseldorf. „Die Flugzeuge dröhnen seit Jahren über unser Haus, ich bin ein Nervenbündel", ruft Ursula Puschmann aus Willich unweit von Düsseldorf in den Saal. „Wie kann es sein, dass die Wirtschaft mit ihren Belangen immer wichtiger ist als die Gesundheit der Menschen?" Die Mutter und Hausfrau bringt am ersten Tag der großen Anhörung der Einwender gegen die geplante Erweiterung des Flughafens Düsseldorf zum Ausdruck, worum es in dem Streit geht.

Was ist wichtiger? Die Interessen Zehntausender lärmgeplagter Bewohner der Einflugschneisen oder das Interesse von Flughafen, Wirtschaft und Tourismus, die Kapazitäten des Airports am Rhein zu vergrößern?

Der Flughafen Düsseldorf ist der größte in NRW, der drittgrößte in Deutschland und die Nummer 21 in Europa. 23,5 Millionen Fluggäste verzeichnete der Airport in 2016, darunter rund zwölf Millionen Touristen. Aus Ostwestfalen-Lippe fliegen viele von Düsseldorf aus in den Urlaub oder auf Geschäftsreise. Die Zahl der Fluggäste aus OWL gibt die Airportleitung mit 600.000 an (Bielefeld: 200.000, Gütersloh: 144.000, Paderborn: 120.000).

Die Gesamtzahl ist damit gegenüber dem Vorjahr noch einmal um eine Million gestiegen. Bis 2030 rechnet Flughafenchef Thomas Schnalke sogar mit einem Anstieg auf 30 Millionen. Immer häufiger kann der Flughafen den Wünschen der Airlines nach mehr Starts und Landungen nicht nachkommen, weil er an der Grenze seiner Kapazität operiert. Nach einer Studie der EU ist der Düsseldorfer Airport einer von fünf europäischen Flughäfen mit der höchsten Übernachfrage.

Häufigere Nutzung der zweiten Start- und Landebahn geplant

Deshalb möchte der Flughafen seine Kapazitäten erweitern. Kern des Antrags, den der Airport bereits im Februar 2015 gestellt hat, ist, dass der Flughafen in 56 seiner insgesamt 112 wöchentlichen Betriebsstunden 60 statt der bisher erlaubten 47 Flüge abwickeln kann. Dies würde einer Steigerung der Flugbewegungen von 210.000 auf 249.500 (+ 18 Prozent) bedeuten. Um die Mehrkapazitäten zu schaffen, ist die Einrichtung von acht zusätzlichen Parkpositionen für Jets und die häufigere Nutzung der zweiten Start- und Landebahn geplant.

Information

Airport DUS – Zahlen und Fakten

Mit 23,5 Millionen Fluggästen ist der Airport DUS, wie er in der Fliegersprache abgekürzt wird, drittgrößter Flughafen Deutschlands (noch größer sind: Frankfurt mit 59,4 Millionen und München mit 40,8 Millionen Fluggästen). 45,5 Prozent der Passagiere sind Touristen, 32,4 Prozent Geschäftsreisende, 22,1 Prozent wollen Freunde oder Verwandte besuchen.

  • Größte Airline am Ort: Air Berlin mit 7 Millionen Fluggästen

  • 217.500 Starts und Landungen

  • 90.452 Tonnen Frachtaufkommen

  • Betriebszeiten: Starts 6 bis 22 Uhr, Landungen 6 bis 23 Uhr (Nachtflugverbot) 112 wöchentliche Betriebsstunden.

  • Mit 21.600 Beschäftigten ist der Airport der größte Arbeitgeber in der Landeshauptstadt Düsseldorf.

Seit der Antragstellung vor zwei Jahren tobt nun der Streit um die Erweiterung des Airports. Sogar die rot-grüne Landesregierung ist uneins. Während die SPD eher für die Erweiterung ist, sind die Grünen dagegen. Sie möchten den zusätzlichen Bedarf auf die darbenden kleinen Flughäfen in NRW, darunter Paderborn/Lippstadt verteilen. Die Anfang dieser Woche begonnene Erörterung der Bedenken gegen das Vorhaben muss sich mit rekordverdächtigen 41.000 Einwendungen befassen. Unter den Einwendern sind auch etliche Anrainerstädte wie Duisburg, Essen, Krefeld, Kaarst oder Neuss.

Überraschend wenige der Einwender allerdings erschienen zum Auftakt der Erörterung. In der Messehalle I verloren sich lediglich 210 Gäste. Vorbereitet war die Halle für 2.500. Für besonderen Ärger bei den Gegnern der Erweiterung sorgte die Tatsache, dass das NRW-Verkehrsministerium keinen Vertreter zu der Anhörung schickte. Schließlich muss das Ministerium am Ende über die Airport-Pläne entscheiden.

Beide Seiten, Befürworter und Gegner, kämpfen mit allen Mitteln. Christoph Lange, Vorsitzender des Vereins Bürger gegen Fluglärm, der nach eigenen Angaben für 25.000 Einwender spricht, kündigte bereits den Gang vor die Gerichte an – falls das Ministerium am Ende die Genehmigung für die Erweiterung erteilt. 200 Unternehmen aus der Region Düsseldorf starteten am Tag vor der Anhörung einen Aufruf für die Erweiterung. 17 Gutachten hat der Flughafen herangeschafft, die belegen sollen, warum die Erweiterung sein muss. Mit 16 Gutachten halten Städte und Bürgerinitiativen dagegen.