Von
Martin Fröhlich
13.09.2016 | 13.09.2016, 06:00
Düsseldorf
Eine aufgeschobene Gesetzesänderung löst den Zorn der Versicherungen aus / Es geht um die Verteilung von Geld und Folgen für die Mitglieder
Düsseldorf. Eine ungewöhnlich große Allianz von Krankenkassen macht Front gegen die Politik. Sie wirft ihr vor, eine überfällige Gesetzesänderung zur Verteilung von Geldern hinauszuzögern. Dies könne fatale Folgen für die Zusatzbeiträge von Millionen Versicherten haben.
Die Höhe der Zusatzbeiträge, die die Kassen von Arbeitnehmern erheben, reicht von 0,0 bis 1,7 Prozent. Das liegt nicht nur an den Ausgaben der Kassen, sondern an der Frage, wie viel Geld sie aus dem Gesundheitsfonds bekommen. Darum gibt es Streit.
Die Kassen dürfen nicht direkt über die Beitragszahlungen verfügen. Die Beiträge fließen in den Gesundheitsfonds. Nach einem komplizierten Schlüssel werden daraus den Kassen Mittel zugewiesen. Dieser Schlüssel soll angepasst werden.
Rund 35 Millionen Versicherte repräsentiert die Phalanx von Kassen, die in einem Schreiben, das der Neuen Westfälischen vorliegt, schwere Vorwürfe erheben. Es geht um eine aufgeschobene Gesetzesänderung. In dem Schreiben von Barmer GEK, DAK Gesundheit, dem BKK Dachverband, der IKK, der Kaufmännischen Krankenkasse und der Knappschaft fordern diese, die Neuberechnung der Zuweisungen beim Krankengeld in Kraft zu setzen.
Eine Neuregelung hatte auch der Bielefelder Gesundheitswissenschaftler Wolfgang Greiner in der einflussreichen IGES-Studie empfohlen. Er kritisiert, dass viele Kassen nur 80 Prozent der Mittel, die sie für Krankengeld aufbringen, aus dem Fonds zurückerhalten, andere dagegen das Doppelte. Krankengeldzahlungen machen fünf Prozent der Ausgaben aus und sind in den letzten Jahren von sechs auf elf Milliarden Euro gestiegen. Die geplante Anpassung des Schlüssels soll rückwirkend bis 2013 gelten.
„Wir brauchen Planungssicherheit", heißt es im Brief der Kassen. Im Herbst müsse man Haushalte aufstellen und Zusatzbeiträge festlegen. Sollte keine Rechtssicherheit bestehen, müssten erhebliche Rückstellungen für 2013 und 2014 gebildet werden. „Diese würden unmittelbar die Zusatzbeiträge belasten", schreiben die Kassen. Damit träfe die Verzögerung der Regelung die Versicherten direkt.
Die Regelung sollte im Juli verabschiedet werden. Auf Betreiben unter anderem der SPD wurde dies vertagt. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Viactiv, Klaus-Peter Henning, hat in einem Schreiben an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft moniert, dass das Land einige Kassen schütze, in erster Linie die AOK Rheinland-Hamburg. Die hatte beklagt, sie müsse bei einer Neuverteilung den Zusatzbeitrag erhöhen.
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