Tausende Industrie-Jobs in OWL schon weg – droht eine Entlassungswelle?

Bielefeld. Die Krise in Ostwestfalen-Lippes Industrie spitzt sich zu. Lange schon stagniert die Konjunktur und namhafte Unternehmen sehen sich zum Stellenabbau gezwungen oder müssen gar Insolvenz anmelden. Erst im Juli meldete das Herforder Familienunternehmen Dresselhaus eine Insolvenz in Eigenverwaltung an und jüngst verkündete die Geschäftsführung des Bielefelder Automobilzulieferers Gestamp rund 150 Stellen streichen zu wollen. Droht im verarbeitenden Gewerbe also eine Entlassungswelle? In der jüngsten Konjunkturumfrage im Herbst bewerteten nur 15 Prozent der befragten Industrieunternehmen ihre Geschäftslage als gut, 36 Prozent dagegen als schlecht. Keine Überraschung angesichts der Umsatzentwicklung: Nach einem deutlichen Rückgang von mehr als 13 Prozent im vergangenen Jahr sanken die Industrieumsätze in der Region in diesem Jahr bis einschließlich August um weitere 2,5 Prozent. Bei den Insolvenzzahlen gibt es bereits einen kleinen Anstieg. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), Jörn Wahl-Schwentker, bezeichnet die Industrie als &bdquo;Sorgenkind“ der ostwestfälischen Wirtschaft. Er bestätigt: &bdquo;Mit der anhaltend schlechten Konjunktur geht ein Rückgang der Beschäftigtenzahl in der ostwestfälischen Industrie einher.“ Binnen zwei Jahren – von August 2023 bis August 2025 – sei die Zahl der Beschäftigten in den Industriebetrieben um fast 6.800 oder 3,9 Prozent auf rund 167.000 gesunken. Das entspreche nahezu jedem 25. Industriearbeitsplatz. Zahl der Arbeitslosen in drei Jahren leicht gestiegen Ein Blick auf die Arbeitslosenzahlen zeigt, im Vergleich zum Vorjahr gab es in OWL bereits einen deutlichen Anstieg. Im Oktober 2025 waren insgesamt 72.879 Menschen arbeitslos gemeldet, was einem Plus von 3,4 Prozent zum Vorjahresmonat entspricht. Im Vergleich zum September 2025 gab es jedoch sogar eine leichte Verbesserung der Lage, denn im Oktober waren OWL-weit 933 Menschen weniger arbeitslos (Minus 1,3 Prozent). Kommentar: 6.800 Industrie-Jobs weg – OWL steckt mitten im Strukturwandel Insgesamt liegt die Arbeitslosenquote damit derzeit in der Region bei 6,3 Prozent. Die niedrigste Arbeitslosenquote in der Region gibt es im Kreis Höxter (4,4 Prozent), gefolgt vom Kreis Gütersloh (5,0 Prozent), Kreis Paderborn (5,8 Prozent), Kreis Lippe (6,2 Prozent), Kreis Herford (6,2 Prozent), Kreis Minden-Lübbecke (6,4 Prozent) und der Stadt Bielefeld (9,0 Prozent). Hohe Dynamik am Arbeitsmarkt Dass sich die schwierige Lage noch nicht komplett in den Arbeitslosenzahlen widerspiegelt, liege an der hohen Dynamik am Arbeitsmarkt, erklärt Wolfgang Draeger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bielefeld. Bedeutet: Während viele Menschen ihren Job verlieren, finden auch viele aktuell einen neuen. Doch auch Draeger weiß: &bdquo;Das aktuell prognostizierte Wirtschaftswachstum für das Jahr 2025 ist zu gering, um nachhaltige Beschäftigungseffekte zu erzielen.“ Lesen Sie auch: Insolvenzzahlen steigen – Wirtschaft in OWL gerät verstärkt in finanzielle Schieflage Darauf sei die Agentur für Arbeit vorbereitet. &bdquo;Durch die intensiven Kontakte unserer Kollegen des Arbeitgeber-Services erhalten wir frühzeitig Informationen über geplante Stellenabbaupläne der Unternehmen“, erklärt Draeger. Dadurch habe die Arbeitsagentur einen guten Überblick und wisse in der Regel früh, wo Stellen abgebaut werden“, erklärt Draeger. &bdquo;Mit der sogenannten Arbeitsmarktdrehscheibe versuchen wir freigesetzten Mitarbeitenden eine unmittelbare Perspektive zu schaffen.“ .responsive23-pONbjVTMlRMVlUtN-bar-grouped-horizontal-die-top-5-der-betroffenen { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-pONbjVTMlRMVlUtN-bar-grouped-horizontal-die-top-5-der-betroffenen { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-pONbjVTMlRMVlUtN-bar-grouped-horizontal-die-top-5-der-betroffenen { padding-top: 142.86%; } } Arbeitsagenturen beraten in den Unternehmen Entlässt ein Arbeitgeber eine größere Anzahl an Beschäftigten, berate die Agentur direkt in den Unternehmen, um möglichst früh die Qualifikationen der Personen zu erfassen. Denn während in der Industrie die Stellen weniger werden, steigen die Beschäftigtenzahlen in sozialen/gesundheitlichen Berufen. Eine unmittelbare Vermittlung sei meist nicht möglich, in den meisten Fällen unterstütze die Arbeitsagentur dann mit frühzeitigen Beratungsangeboten. Mehr zum Thema: &bdquo;Rückenwind fehlt“: Wie die Industrie in Ostwestfalen in die Zukunft blickt Doch das ist in den Augen der Gewerkschaften nur ein kleiner Trost. Denn Arbeitsplätze, die im verarbeitenden Gewerbe entfallen, seien für immer verloren. &bdquo;Wir müssen aber dafür sorgen, dass die Wertschöpfung erhalten bleibt“, betont Oguz Önal, Geschäftsführer der IG Metall in Bielefeld. Obwohl er die wirtschaftlichen Herausforderungen der Arbeitgeber als &bdquo;real“ bezeichnet, bleibt der Personalabbau in seinen Augen ein &bdquo;schnelles Mittel“, während die Hauptprobleme, mangelnde Investitionen und eine fehlende Strategie, nicht behoben werden. Gewerkschaften stemmen sich gegen Stellenabbau Die Gewerkschaften wollen sich dagegen stemmen. &bdquo;Wir sind zwar gut darin, Sozialpläne zu verhandeln. Aber wir wollen nicht den Niedergang begleiten und die Trauerfeier organisieren“, betont Önal. Statt eines Sozialplans fordern die Gewerkschafter einen Zukunftsplan für die Beschäftigten der Industriebranche. &bdquo;Es braucht innovative Ideen und Produkte“, fordert Önal, der damit die Arbeitgeber in die Verantwortung nimmt. Hoffnung will derweil die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur verbreiten, die zusammen mit Jörn Wahl-Schwentker für NRW den Konjunkturbericht des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung vorstellte. Während der IHK-Präsident befürchtet, dass der konjunkturelle Tiefpunkt für Nordrhein-Westfalen noch nicht erreicht ist, kündigt die Ministerin für 2026 eine &bdquo;Investitionsgarantie“ an. &bdquo;2026 soll die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen endlich wieder spürbar wachsen, in Land und Bund um jeweils 1,1 Prozent.“ Über 30 Milliarden Euro will das Land in Schulen, Straßen, Schienen, Krankenhäuser und digitale Infrastruktur investieren und damit wiederum neue Stellen schaffen.

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