
Mangelndes Wachstum, stetig steigende Energiepreise, überbordende Bürokratie: „Die Lage ist ernst“, betont Reinhard Tweer, Vorsitzender des Unternehmerverbands der Metallindustrie Ostwestfalen Bielefeld – Herford – Minden. „Das Land befindet sich nicht in einer zeitlich begrenzten konjunkturellen Delle, sondern mitten in einer strukturellen Krise.“ Zusammen mit rund 50 weiteren Wirtschaftsverbänden aus ganz Deutschland ruft der Bielefelder Unternehmer deshalb am Mittwoch, dem 29. Januar, zum bundesweiten „Wirtschaftswarntag“ auf.
Tweer fordert: „Die bevorstehende Bundestagswahl muss einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel bringen.“ Das Thema brennt ihm schon länger auf den Nägeln. In der Vergangenheit suchte er immer wieder das Gespräch mit politisch Verantwortlichen aus der Region, lud beispielsweise auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar oder die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in seine Stahlgießerei in Bielefeld-Sennestadt ein, um mit ihnen über die Nöte des energieintensiven Mittelstands zu sprechen.
„Die Industrieunternehmer haben in den vergangenen Monaten sehr viel ausgehalten“, sagt Tweer, der es zum ersten Mal erlebt, dass so viele Verbände ohne Zutun der Gewerkschaften deutschlandweit zu einem Wirtschaftswarntag aufrufen. „Es ist ein Weckruf an die gesamte Politik nötig“, sagt er. Denn der Appell richte sich nicht nur an die Ampelkoalitionäre, sondern auch an eine mögliche zukünftige Regierung nach der Bundestagswahl am 23. Februar.
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„Wir können uns keinen Stillstand leisten“
„Wir können uns keinen Stillstand mehr leisten, und auch eine mögliche neue Regierung sollte sich schnell den Themen Bürokratieabbau und Wettbewerbsfähigkeit widmen“, mahnt Tweer, der von der Politik ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland fordert. „Wir brauchen ein positives Signal, es ist vielleicht die letzte Chance, das Ruder umzureißen, bevor andere Parteien in vier Jahren noch weiter erstarken.“
Bereits in 5. Generation produziere das Unternehmen Tweer in Bielefeld wichtige Stahlteile für Windräder, Fahrzeuge und die Infrastruktur. In diesem Jahr feiert die Gießerei ihr 115-jähriges Bestehen. „Und ich sehe für unser Unternehmen hier auch eine Zukunft, wir wollen weiterhin hier produzieren und unseren Beitrag dazu leisten, dass es in Deutschland Steuereinnahmen gibt, die der Staat für Infrastruktur und Soziales ausgeben kann“, betont Tweer.
„Unser Wohlstand braucht eine starke Wirtschaft“
Karsten Schürmann, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbands ergänzt: „Wenn wir unseren Lebensstandard und Wohlstand halten wollen, brauchen wir eine starke Wirtschaft.“ Nur so lasse sich soziale, innere und äußere Sicherheit finanzieren. Es müsse stärker ins Bewusstsein der Politik rücken, dass erst erwirtschaftet werden muss, was verteilt werden soll.
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Wie dramatisch die Lage der gesamten Wirtschaft ist, zeige sich laut Melanie Cramer, der Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Paderborn daran, dass sich erstmals ein solches Bündnis von zum Teil auch konkurrierenden Verbänden, die vor allem mittelständische Betriebe vertreten, für den Wirtschaftswarntagzusammengefunden hat. Neben einer großen Kundgebung am 29. Januar in Berlin sind auch mehrere kleinere Aktionen im ganzen Bundesgebiet geplant.