Flexible Arbeitszeiten: Wieso Unternehmen in OWL „Null-Bock-Tage“ ablehnen

Bielefeld. Microsoft bietet sie an. Google und Linked-In auch. Die Rede ist von sogenannten &bdquo;Null-Bock-Tagen“. Damit sind bezahlte Tage gemeint, an denen sich Arbeitnehmer freinehmen – ohne dabei ihr Guthaben an Urlaubstagen und Überstunden anzurühren. Und auch ohne sich krankzumelden. In Großbritannien bieten einige Unternehmen ihren Arbeitnehmern solche Tage als &bdquo;Reset Days“ an. Auf Deutsch also Tage für die eigene Wiederherstellung oder den Neustart. Auch das Start-up Einhorn in Berlin setzt auf das Konzept. Der Personalverantwortliche, Markus Wörner, erklärte dazu &bdquo;ZDF.de“: &bdquo;Ehrlichkeit ist uns wichtig. Wer morgens keine Lust hat zu arbeiten, kann spontan einen Null-Bock-Tag nehmen.“ Die Freiheiten würden genutzt, aber nicht ausgenutzt. Auch in NRW ist das Modell bekannt. Wie Unternehmensberater Thomas Janßen aus Königswinter dem WDR erklärte, hätten sich von 25 Unternehmen in NRW, für die er arbeitet, aktuell vier dazu entschieden, die &bdquo;Null-Bock-Tage“ einzuführen. In OWL stößt das Konzept auf ein gemischtes Echo. Verdi OWL sieht keinen Bedarf für Null-Bock-Tage Der Gewerkschaft Verdi ist bis dato kein Unternehmen in der Region bekannt, das das Modell einführen will, erklärt die Stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin Walburga Erichsmeier. Auch sieht sie keinen Bedarf für derartige Auszeiten. &bdquo;Es braucht im Grunde keine Null-Bock-Tage“, sagt sie. Stattdessen können Unternehmen und Arbeitnehmer auf andere Möglichkeiten für Auszeiten zurückgreifen. Etwa das Abfeiern von Überstunden, das in vielen Betrieben auch spontan möglich sei. Kommentar zum Thema: &bdquo;Null-Bock-Tage“: Das braucht Deutschland gerade nicht Davon abgesehen sind aus Erichsmeiers Sicht viele Unternehmen nicht so weit, ihren Angestellten mehr Freiheiten zu gewähren – und auf eine verantwortungsvolle Nutzung zu vertrauen. Stattdessen sei es Thema, Arbeitnehmer schon ab dem ersten Tag der Krankmeldung ein Attest vorzeigen zu lassen – und nicht erst nach drei Tagen. &bdquo;Ich würde mich aber natürlich freuen, wenn es da mehr Vertrauen gäbe“, sagt Erichsmeier. Auch Unternehmen aus der Region verweisen auf die flexible Gestaltung der Arbeitszeiten. Christian Markmann erklärt etwa für die Miele-Gruppe in Gütersloh: &bdquo;Bei Miele hat die flexible Gestaltung der Arbeit, etwa mit Blick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einen sehr hohen Stellenwert, beginnend mit flexiblen Gleitzeitmodellen und Arbeitszeitkonten.“ So ließen sich in Abstimmung mit der oder dem Vorgesetzten auch relativ spontan ein oder mehrere Tage freinehmen, &bdquo;soweit sich dies mit den betrieblichen Abläufen in Einklang bringen lässt.“ Ähnlich verweist man auch bei der Bielefelder Oetker-Gruppe auf &bdquo;flexible Arbeitszeitmodelle“. Umstrittenes Pilotprojekt: Warum die Vier-Tage-Woche ein Erfolgsmodell werden kann In einigen Branchen wären &bdquo;Null-Bock-Tage“ zudem nicht oder nur schwer umsetzbar – im medizinischen Bereich zum Beispiel. So setzt zwar auch die Katholische Hospitalvereinigung Weser-Egge (KHWE) laut Sprecherin Isabell Waschkies auf Flexibilität. Für die 3.000 Mitarbeiter des Krankenhausträgers im Kreis Höxter würden mehr als 2.300 verschiedene Schichtmodelle angeboten – darunter auch Dienste, die sich an den Kita- und Schulzeiten der Kinder und am Dienstplan des Partners orientieren. Modell in einigen Branchen kaum umsetzbar Bereits etabliert sei in einem der vier Krankenhäuser laut Waschkies zudem ein Zwölf-Stunden-Schichtmodell – mit längeren Arbeitsschichten und darauffolgend längeren Auszeiten. Knapp die Hälfte der Pflegekräfte habe sich für das neue, frei wählbare Modell entschieden. &bdquo;Das Modell Null-Bock-Tage hingegen funktioniert in unseren Einrichtungen nicht, erst recht nicht im Krankenhaus“, macht Waschkies deutlich. &bdquo;Wir müssen die Daseinsvorsorge für die Menschen im Kreis Höxter sicherstellen und Patienten und Bewohner versorgen. Wir arbeiten am Menschen und können uns nicht einfach morgens dazu entscheiden, dieses heute mal nicht zu machen“, so die KHWE-Sprecherin. Noch grundsätzlicher wird Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw). &bdquo;Eine Debatte über bezahlte Null-Bock-Tage wäre absolut wirklichkeitsfremd. Arbeiten nach Lust und Laune würde auch völlig an dem vorbeigehen, was unser Land gerade besonders braucht.“ Deutschland stecke in einer tiefen Wirtschafts- und Industriekrise. &bdquo;Diese werden wir nur mit Arbeits- und Leistungswillen bewältigen können“, so Pöttering. Unternehmer sehen auch den Gesetzgeber in der Pflicht Erschwerend komme der gravierende Fach- und Arbeitskräftemangel hinzu. Darum brauche es gerade jetzt eine breite gesellschaftspolitische Debatte über und auch ein neues Bewusstsein für die Bedeutung von Arbeit. &bdquo;Wir müssen uns bewusst machen, dass wir unseren Wohlstand und unsere hohen sozialen Standards nicht mit immer weniger Arbeit halten können.“ Schon jetzt habe Deutschland die international kürzesten Arbeitszeiten. &bdquo;Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, wird dies ohne Anstrengung nicht gelingen. Null-Bock-Tage wären damit geradezu schädlich für unser Land.“ Damit Arbeitgeber ihren Angestellten mit mehr Flexibilität entgegenkommen können, sieht Pöttering auch den Gesetzgeber in der Pflicht. &bdquo;Es müssen endlich die starren Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes aufgebrochen werden. So sind es auch die strikten Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen, die nicht selten der Arbeitseinteilung auch im Sinne der Beschäftigten im Wege stehen.“

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