
Berlin/Bielefeld. Die gesetzliche Krankenversicherung könnte für viele Versicherte im kommenden Jahr spürbar teurer werden. Experten des sogenannten Schätzerkreises haben für 2025 eine durchschnittlich nötige Beitragssatzerhöhung um 0,8 Punkte auf 2,5 Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen ermittelt.
Konkret geht es um den Anstieg des Zusatzbeitrages, den jede gesetzliche Krankenkasse selber festlegt. Alle Versicherten haben den festen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Darüber hinaus erheben die 95 Kassen einen Zusatzbeitrag. Aktuell reicht die Spannweite beim Beitragssatz der bundesweit geöffneten Krankenkassen von 15,5 Prozent (BKK Firmus) bis 17,88 Prozent (KKH). In diesem Jahr haben bereits einige Kassen, darunter auch Betriebskrankenkassen in OWL, ihre Zusatzbeiträge im laufenden Jahr erhöht – mitunter mehrfach. Eine Situation, die es so noch nie gegeben hat.
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Die tatsächliche Anhebung zum Jahreswechsel könnte sogar noch stärker ausfallen als prognostiziert. Der Schätzerkreis erwartet für 2025 Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 294,7 Milliarden Euro und Ausgaben von 341,4 Milliarden Euro.
Kassenchef entsetzt von Lauterbachs Kaltschnäuzigkeit
„Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht immer weiter auseinander, deshalb warnen wir seit Jahren vor einer Kostenexplosion“, sagt Thomas Johannwille, Vorstand der Bertelsmann BKK und Sprecher der Betriebskrankenkassen in OWL. „Doch anstelle eines Konzepts für eine stabile Finanzierung, ehrliche Diskussionen über Leistungskürzungen und Strukturreformen für mehr Effizienz wird die exzessive Ausgabenpolitik des Gesundheitsministeriums unverändert fortgeführt, obwohl sie wirkungslos bleibt.“ Die durchschnittliche Beitragssatzerhöhung um 0,8 Punkte bilde die bittere Realität der Krankenkassen ab.
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Johannwille entsetzt dabei die „Kaltschnäuzigkeit“ mit der Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Bundesregierung vorgehen. „Erhebliche Teile der Beitragssteigerungen gehen auf eine schlechte Gesundheitspolitik zurück.“ Als aktuelles Beispiel nennt Johannwille die Klinikreform, deren Kosten, insgesamt 50 Milliarden Euro, hälftig von den gesetzlich Krankenversicherten bezahlt werden sollen. „Gutachten zeigen, dass der Plan verfassungswidrig ist. Trotzdem gilt er unverändert, weil sich die Regierung nicht eingestehen will, dass ihr Haushalt nicht stimmt.“
Steigt der Krankenkassenbeitrag im kommenden Jahr von durchschnittlich 16,3 Prozent auf 17,1 Prozent, hat die Erhöhung des Zusatzbeitrages um 0,8 Punkte folgende Kostensteigerungen für Arbeitnehmer zur Folge: Bei einem Bruttolohn von 2.500 Euro müssen Arbeitnehmer pro Monat zehn Euro mehr zahlen. Bei 3.500 Euro 14 Euro und bei 4.500 Euro 18 Euro. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, bezeichnet den drohenden Anstieg des Zusatzbeitrags als „Desaster“.
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