
Hochzeit, Umzug, ein plötzlicher Todesfall oder die Geburt des eigenen Kindes. Es gibt viele Ereignisse im Leben, für die man ein paar zusätzliche freie Tage brauchen kann. Aber aus welchen Gründen darf man sich freistellen lassen? Hat man während des Sonderurlaubs Anspruch auf Fortzahlung des Lohns? Und wie viele Arbeitstage darf man sich freistellen lassen? Wir haben mit dem Bielefelder Fachanwalt für Arbeitsrecht Rüdiger Schoof gesprochen.
Was ist überhaupt Sonderurlaub?
Der umgangssprachliche Begriff Sonderurlaub ist eine Form von Urlaub, die zusätzlich zum normalen Jahresurlaub genommen werden kann.
Der große Unterschied: Anders als beim gewöhnlichen Urlaub, dient der Sonderurlaub nicht der Erholung. „Es ist eine bezahlte Freistellung in besonderen Lebenslagen“, fasst Anwalt Schoof zusammen. Sonderurlaub kann genommen werden, wenn weder eine Erkrankung vorliegt, noch die Freistellung der Erholung dienen soll.

Gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub?
Alles zum Thema Sonderurlaub ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgeschrieben. In Paragraf 616 BGB steht, dass ein Arbeitnehmer Anrecht auf bezahlte Freistellung hat, wenn er „ohne sein Verschulden“ nicht zur Arbeit erscheinen kann.
Aber was ist eigenes Verschulden? Anwalt Schoof gibt ein Beispiel: „Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise durch Überfahren einer roten Ampel im Drogenrausch einen schweren Autounfall baut und damit die Pflegebedürftigkeit des mitfahrenden Ehegatten verursacht, den er danach pflegt.“ In diesem Fall wäre der Arbeitnehmer im Sinne des BGB schuld daran, dass er nicht zur Arbeit erscheinen kann. Für die Tage, an denen der Fahrer seinen Ehepartner pflegt, hätte er keinen Anspruch auf Fortzahlung des Lohns.
Aber aus welchen Gründen hat man Anspruch auf Sonderurlaub? Genaue Fälle, in denen man Sonderurlaub nehmen kann, sind in dem knappen Paragrafen 616 BGB nicht festgeschrieben. Es gibt jedoch eine Reihe von Gründen, die sich etabliert haben und gemeinhin als Grund für Sonderurlaub gelten.
In welchen Fällen gibt es Sonderurlaub?

Da es keine gesetzliche Regelung gibt, sind die konkreten Fälle, in denen man Sonderurlaub nehmen darf, zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber direkt geregelt. Sie stehen also im Arbeits- oder Tarifvertrag oder sind in Betriebsvereinbarungen beschlossen.
Arbeitsrechtsexperte Schoof nennt jedoch eine Reihe von Gründen, aus denen man in der Regel Anrecht auf Sonderurlaub hat:
- Die eigene Hochzeit
- Hochzeit der eigenen Kinder
- Die goldene Hochzeit der Eltern
- Geburt des ehelichen Kindes (bei nicht-ehelichem Kind strittig)
- Todesfälle von nahen Angehörigen
- Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes, wie etwa Schöffe bei Gericht
- Ladung vor Gericht (zum Beispiel als Zeuge)
- Pflege naher Angehöriger
- Arztbesuch ohne Arbeitsunfähigkeit, der nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist
Auch wenn die meisten Arbeitgeber in diesen Fällen einer Freistellung zustimmen sollten, ist es wichtig, vorab seinen Arbeitsvertrag genau zu lesen, mit dem Betriebsrat zu sprechen und/oder im Tarifvertrag nachzuschauen.
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Was passiert, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich uneinig sind?
Wenn es hart auf hart kommt und das Anrecht auf Sonderurlaub vor Gericht ausgefochten wird, haben Arbeitnehmer in den oben genannten Fällen jedoch gute Chancen, sagt der Rechtsexperte.
„Im Rahmen eines Rechtsstreits muss der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers beweisen, also nicht der Arbeitnehmer sein Nichtverschulden für das Fehlen auf der Arbeit“, so Schoof.
Was sind keine Gründe für Sonderurlaub?
Es gibt auch einige Fälle, in denen kein Anspruch auf Fortzahlung des Lohns besteht, obwohl man die Ursache nicht selbst verschuldet hat. Beispiel hierfür sind etwa Wetterverhältnisse, die es einem unmöglich machen zur Arbeit zu erscheinen, wie Eisglätte, Hochwasser oder Sturm.

Auch der Ausfall öffentlicher Verkehrsmittel und andere Verhinderungen wegen allgemeiner Straßenverkehrsstörungen sind laut Anwalt Schoof keine Gründe für Sonderurlaub. „Besteht kein Anspruch auf bezahlte Freistellung, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch unbezahlt freistellen. Der Arbeitgeber kann auch verlangen, dass der Arbeitnehmer für die entsprechende Zeit Urlaub einreicht.“
Ebenso wenig ist eine Erkrankung ein Grund für Sonderurlaub. Zwar ist auch in diesem Fall die Verhinderung nicht vom Arbeitnehmer verschuldet, jedoch muss bei einer Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht werden.
Wie viele Tage Sonderurlaub dürfen Arbeitnehmer nehmen?
Im BGB heißt es, dass ein Arbeitnehmer eine „nicht erhebliche Zeit“ fehlen darf. Was genau das bedeutet, hängt von den Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab. Auch hier heißt es also: im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarungen und dem Tarifvertrag nachlesen.

Experte Schoof nennt ein paar Zahlen zur Orientierung: Laut Gesetz habe man pauschal einen Anspruch auf ein bis zwei Tage Sonderurlaub. In Tarifverträgen seien teilweise jedoch auch längere Zeiträume festgesetzt: „Beim Tod des Ehegatten oder der eigenen Eltern oder Kinder werden dort zum Beispiel bis zu vier Arbeitstage Sonderurlaub gewährt.“
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Auch hängt die Dauer des Sonderurlaubs von der Dauer der Beschäftigung ab: „Bei einem über 15 Jahre lang Beschäftigten kann im Einzelfall ein Zeitraum von 14 Tagen als nicht unerhebliche Zeit gelten.“
Bei der Dauer des Sonderurlaubs ist zu beachten: Wer mehr Arbeitstage fehlt, als ursprünglich vereinbart, der verliert auch für den genehmigten Sonderurlaub-Zeitraum den Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Wie beantragt man Sonderurlaub?
„Sonderurlaub wird dadurch beantragt, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsverhinderung dem Arbeitgeber rechtzeitig vorher mitteilt, das heißt unverzüglich ab eigener Kenntnis“, erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Weiter empfiehlt er den Sonderurlaub schriftlich zu beantragen. In dem Schreiben sollte auch der Grund für die Freistellung genannt werden.
Sonderurlaub nach TVöD
Neben dem Paragrafen 616 BGB gibt es auch im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) einen Paragrafen, der sich mit dem Thema Sonderurlaub befasst. Der Paragraf 28 TVöD bezeichnet als Sonderurlaub jedoch eine Freistellung ohne Fortzahlung des Lohns.
Dafür sind die Gründe für die Freistellung hier auch vielseitiger: Beschäftigte können sich laut TVöD etwa für Umschulungen oder Freiwilligendienste unbezahlt freistellen lassen.
Gleichzeitig haben jedoch auch die Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Anspruch auf eine Freistellung mit Fortzahlung des Lohns. Hier gelten die gleichen Regeln, wie bei anderen Arbeitnehmern auch.