Hilfe für Unternehmen Bielefelder Appell für Industriestrompreis: "Sonst gehen einige vor die Hunde"

Bielefeld. Ein fairer Industriestrompreis, schnell und unbürokratisch: Dazu haben jetzt rund 1.000 Beschäftigte von Gießerei-Unternehmen aus ganz Deutschland gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) und der IG Metall (IGM) aufgerufen. Als "Bielefelder Appell" versammelten sie sich auf dem Gelände der Eisengiesserei Baumgarte in Bielefeld-Brackwede. "Um Eisen zu schmelzen, muss es auf 1.500 Grad erhitzt werden. Das geht nicht mit 500 Grad", sagt Clemens Küpper, Geschäftsführer der Eisengiesserei Baumgarte und BDG-Präsident. Und für diesen Schmelzprozess brauche es Strom. Viel Strom. 42 Millionen Kilowattstunden laufen in einem Jahr durch die Leitungen der Eisengiesserei Baumgarte. "Dafür haben wir sonst 5 Millionen Euro bezahlt. Dieses Jahr sind es 20 Millionen", so Küpper. Pro Kilowattstunde zahle das energieintensive Unternehmen zurzeit 14 Cent – 11 Cent mehr als noch vor wenigen Jahren. Unternehmen wandern ins Ausland ab Mit den aktuellen Energiepreisen sei die deutsche Gießerei-Industrie international nicht wettbewerbsfähig. Der Industriegewerkschaft IGBCE zufolge liegen die Strompreise in Deutschland heute siebenmal so hoch wie in China, viermal so hoch wie in den USA und dreimal so hoch wie in Frankreich. Die Folgen davon zeigen sich bereits: Die ersten Unternehmen wandern ins Ausland ab. Auch Küpper erfährt das am eigenen Leib. "Wir produzieren jetzt schon fünf Prozent weniger als im vergangenen Jahr, weil wir Kunden durch die steigenden Preise verloren haben." Er betont vor allem die entscheidenden Leistungen der deutschen Gießereien für die Energiewende: "Windkraft, Heizungspumpen, E-Motoren – Guss ist überall drin." Um die Industrie zu entlasten, will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen wettbewerbsfähigen Strompreis für energieintensive, im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen ermöglichen. Bis 2030 soll der Preis auf 6 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden, finanziert durch staatliche Hilfen von bis zu 30 Milliarden Euro. "Wir brauchen sofort eine Lösung" Langfristig soll die Industrie von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Maßnahmen dazu brauchten aber Zeit, deswegen solle es bis dahin den "Brückenstrompreis" geben. Die FDP reagierte ablehnend auf den Vorschlag. Das Konzept muss nun von der Koalition diskutiert werden. Sebastian Reinz, Vorsitzender des Betriebsrats der Eisengiesserei Baumgarte, sieht die Gießerei-Industrie in Gefahr, wenn die Politik den Industriestrompreis nicht einführt. "Wir brauchen sofort eine Lösung, sonst werden einige Unternehmen in wenigen Monaten vor die Hunde gehen", sagt er. Auch Clemens Küpper fordert eine schnelle Lösung, die Planungssicherheit gibt. Habecks Vorschlag findet er grundsätzlich gut. "Wenn ich meinen Kunden sagen kann, dass wir im nächsten Jahr wieder günstiger werden, kann ich vielleicht noch einige von ihnen halten". Dafür brauche es aber eine schnelle Lösung. "Der internationale Wettbewerb steht uns nämlich bis zum Halse." Bundeswirtschaftsminister Habeck hofft auf die Einführung eines Industriestrompreises bis zum kommenden Frühjahr – denn dann sollen die aktuellen Strompreisbremsen auslaufen.

Hilfe für Unternehmen Bielefelder Appell für Industriestrompreis: "Sonst gehen einige vor die Hunde"

Mehr zum Thema

Wirtschaft-OWL